Peking. Ehemalige BMW-Manager haben in China den Elektro-SUV Byton entwickelt – und das deutlich günstiger als die Konkurrenz aus Kalifornien.

Auf den ersten Blick wirkt der K-Byte wie eine Limousine – wie man sie auch von anderen Autoherstellern kennt: ein fast fünf Meter langes Gefährt in einem eher unaufgeregten Design. Zumindest der vordere Teil der Motorhaube mit den Falzen ähnelt auffällig der 3er-Serie von BMW. Doch ein genauer Blick zeigt, dass sich der Byton, hinter dem das chinesische Unternehmen Future Mobility Corporation steckt, sehr wohl von einer konventionellen Limousine unterscheidet.

Anstelle der Außenspiegel sind Kameras installiert. Türöffner fehlen. Stattdessen soll das Auto seinen Eigentümer per Kamera und Gesichtserkennungssoftware ausmachen. Lärm macht das vollständig elektrisch betriebene Auto keinen. Bis zu 520 Kilometer weit soll das Auto mit der Batterie fahren können. In 20 Minuten soll der Akku per Schnelllader halb voll sein, in 30 Minuten sogar zu 80 Prozent geladen.

Der K-Byte sorgt in der Branche für Aufsehen

Noch ist der K-Byte eine Studie, doch wie schon das erste Modell – das SUV M-Byte, das der chinesische Autohersteller Anfang des Jahres auf der CES in Las Vegas als Prototypen vorgestellt hatte – sorgt auch der K-Byte in der Branche für Aufsehen. Byton will rasch auf eine Jahresproduktion von 300.000 Fahrzeugen kommen.

Zum Vergleich: Der E-Auto-Pionier Tesla hat im ersten Quartal dieses Jahres gerade einmal 35.000 Fahrzeuge produziert. Die Massenproduktion soll auch für einen günstigen Preis sorgen: Das Elek­tro-SUV von Byton soll rund 43.000 Euro kosten, die Limousine K-Byte etwas mehr. Das vergleichbare Tesla Model S mit 60-Kilowattstunden-Batterie kostet rund 76.000 Euro.

Neue Anbieter für E-Mobile drängen auf den Markt

Eine Frau mit einem Tesla in Los Angeles.
Eine Frau mit einem Tesla in Los Angeles. © REUTERS | LUCY NICHOLSON

Byton ist in China keineswegs allein – es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht ein neuer Anbieter für Elek­troautos auf dem größten Automarkt der Welt die Bühne betritt. Sie heißen Nio, Thunder Power, Lucid Motors, Faraday Future, WM. Doch dem erst 2016 gegründeten Start-up Byton werden die größten Chancen eingeräumt, auch weltweit zu reüssieren. Der Hauptgrund: Byton wird von zwei Männern geleitet, die nicht irgendwer in der Branche sind. Es handelt sich um die beiden einstigen BMW-Topmanager Carsten Breitfeld und Daniel Kirchert. Breitfeld hat für BMW den Hybridsportwagen i8 entwickelt, Kirchert das Joint Venture von BMW mit dem chinesischen Autokonzern Brilliance aufgebaut.

Das Design kommt aus Ismaning bei München

Gemeinsam haben sie ein Team aus Managern, Designern, Ingenieuren und Softwareentwicklern weiterer namhafter Konzerne aus aller Welt zusammengestellt – darunter ehemalige Mitarbeiter von Tesla, Google und eben BMW. Ein ehemaliger Apple-Manager leitet bei Byton nun den Bereich Unterhaltungselektronik.

Das Design kommt aus einem Designstudio in Ismaning bei München, Bosch liefert die Antriebsstränge. Für die digitalen Konzepte hat Byton ein Entwicklungsbüro im Silicon Valley beauftragt. Die Technik fürs autonome Fahren kommt von Aurora, dem Start-up des ehemaligen Chefentwicklers des Google-Car-Programms. Denn die beiden Byton-Modelle sollen mittelfristig voll automatisiert und nahezu komplett ohne menschlichen Fahrer auskommen.

Der K-Byte soll von Beginn an autonom fahren

Der M-Byte wird in einem ersten Schritt zwar nur die Autonomiestufe drei erreichen, also teilautonomes Fahren. Per Soft- und Hardware-Update sei die nächste Stufe aber rasch und kostengünstig nachrüstbar, verspricht das Unternehmen. Der K-Byte soll von vornherein mit Autonomie-Level vier geliefert werden. Das Auto fährt damit quasi autonom. Pedale sind nur noch vorhanden, um im Notfall manuell treten zu können.

Ende 2019 soll die SUV-Variante auf den chinesischen Markt kommen, ein Jahr später auch in Europa. Die Limousinenversion soll ab 2021 folgen. Das mag ambitioniert klingen. Doch der Hersteller kann mit großzügiger Unterstützung rechnen. An Byton etwa ist FAW (First Automotive Works) beteiligt, Chinas wichtigster Autobauer, der unmittelbar der chinesischen Zentralregierung unterstellt ist. Doch auch die chinesischen Internetkonzerne investieren kräftig. Byton hat den IT-Giganten Tencent an seiner Seite.

Kann Byton gegen Mercedes-Benz, BMW oder Audi bestehen?

Die Frage ist: Reichen die finanzkräftigen Investoren im Rücken und die Manager aus dem Westen aus, um zu bestehen – auch gegen Mercedes-Benz, BMW oder Audi, die die Byton-Führung bereits zu den wichtigsten Rivalen erkoren hat?

Auf dem Heimatmarkt könnte Byton mit seinem internationalen Team gegen die anderen chinesischen Newcomer punkten, schwieriger könnte es in China mit den ausländischen Konkurrenten aussehen. Ab 2020 wollen auch sie auf dem für sie wichtigsten Auslandsmarkt zahlreiche Elektromodelle präsentieren.

Kritik an den deutschen Autobauern

Byton-Präsident Kirchert wiegelt indes ab und spricht in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ von Versäumnissen der deutschen Hersteller. Batterietechnologie sei „hochkomplex“ und habe mit der traditionellen Automobilindustrie nur noch wenig zu tun, so Kirchert. Fünf bis zehn Jahre müsse ein Unternehmen hier in Vorleistung gehen, chinesische Batteriehersteller wie BYD und CATL hätten auch so lange gebraucht. „Jetzt sind sie technologisch global mit führend.“