Toulouse/Hamburg. Airbus feiert den Start seines extragroßen Frachtflugzeugs Beluga XL. Sie wird Teile zwischen den Werken des Konzerns transportieren.

In Toulouse herrscht perfektes Wetter für den Jungfernflug. Die Sonne scheint, Wind und Wolken halten sich dezent zurück. Um 10.19 Uhr setzt sich das neue Transportflugzeug von Airbus in Bewegung. Die Beluga XL rollt zur Startpiste. Die fünfköpfige Crew trifft die letzten Vorbereitungen für das Abheben.

Um 10.30 Uhr gibt Kapitän Christophe Cail kräftig Schub, nach gut 30 Sekunden Beschleunigung hebt die Maschine gen Nordwesten ab. Am Boden beobachten zwei Airbus-Mitarbeiter aus Deutschland den Jungfernflug. „Das hat mich wirklich begeistert“, sagt Ralf Müsing. Und sein Kollege Holger Helmke ergänzt: „Live zu sehen, wie das Flugzeug abhebt, ist großartig. Die Dimensionen des Flugzeuges sind beeindruckend.“

Das Cockpit wurde deutlich tiefergelegt

Jahrelang haben die Ingenieure von Airbus auf diesen Tag hingearbeitet. Im November 2014 fiel die Entscheidung für den Neubau des Transportflugzeugs, das wegen seines buckelartigen Rumpfes und der Ähnlichkeit mit einem Wal den Namen Beluga erhielt. Die vor mehr als 20 Jahren entwickelte Version mit dem Zusatz ST ist zu klein geworden. Die neue Beluga XL ist deutlich länger, höher und breiter. Wenn sie auf einem Fußballfeld stehen würde, würde sie in etwa eine Spielfeldhälfte abdecken und so hochragen wie ein sechsstöckiges Haus.

Für den Konzern entscheidend ist aber der Rumpfdurchmesser. Mit 8,80 Metern ist die Maschine exakt 109 Zentimeter breiter als der Vorgänger. Um für das Hauptdeck mehr Platz zu haben und das Flugzeug besser be- und entladen zu können, wurde das Cockpit tiefergelegt. Die Piloten sitzen unterhalb des Frachtraumes, dessen Transportvolumen um 30 Prozent gestiegen ist. Wichtig ist das vor allem für den neuen Großraumjet A350. Die Produktion der Maschine wird ebenso wie die des Verkaufsschlagers A320 hochgefahren. In die Beluga ST passt bisher nur ein A350-Flügel, in die XL-Version können zwei geladen werden.

Airbus montiert Flugzeuge in Hamburg und Toulouse

Die Arbeit im europäischen Konzern ist traditionell aufgeteilt. Die zivilen Flugzeuge werden in Hamburg und Toulouse endmontiert. Wichtige Bauteile kommen etwa aus dem englischen Broughton und dem spanischen Getafe. Für den Militärtransporter A400M geht es ins spanische Sevilla und ins türkische Ankara. Insgesamt gibt es im Streckennetz der Beluga elf Ziele. Rund 2500 Flügel, Cockpits und Rümpfe werden jährlich hin- und hergeflogen – mit der Produktionserweiterung wird die Zahl steigen.

Das Werk im Hamburger Stadtteil Finkenwerder mit seinen 12.700 Beschäftigten gilt im Konzern als Spezialist für Kabine und Rumpf. Entsprechend liefert es auch für den neuen Superfrachter wichtige Teile. Allerdings gab es eine Besonderheit für die Monteure. Normalerweise bauen sie eine geschlossene Röhre, die „Tonne“. Bei der Beluga steigen sie aber quasi in den Cabriobau ein, arbeiten nur am unteren Teil, denn der charakteristische Buckel – gefertigt im niedersächsischen Varel nahe Wilhelmshaven beim Zulieferer Deharde – wird erst später darauf montiert.

Teile aus Deutschland, Endmontage in Frankreich

„Die komplette Tonne ist weitaus stabiler“, sagt Ingenieur Müsing, Versions- und Flugzeugmanager für den A330. Der Langstreckenjet ist die Grundlage für die neue Beluga. Weil andere Lasten auf das Flugzeug wirken, mussten beispielsweise Spanten verstärkt werden. „Die Dimensionen sind das Schwierige“, sagt Helmke, Teamleiter in der Rumpfmontage des A330. „Je größer die Komponenten sind, desto schwieriger ist es, diese genau auf den Millimeter zu positionieren.“

Zusammengebaut werden die Belugas in Toulouse. Vor eineinhalb Jahren wurde die erste Sektion von Finkenwerder nach Toulouse gebracht. Im vergangenen Sommer folgte der Rumpfabschnitt für die zweite und vor eineinhalb Monaten für die dritte Beluga. „Wir sind im Termin- und Kostenrahmen geblieben“, sagt Helmke. Der Aufwand sei deutlich höher als bei der Serienfertigung – davon ist der Superfrachter weit entfernt. Fünf Exemplare sollen insgesamt gebaut werden.

Erstflug dauerte vier Stunden und elf Minuten

Die erste Beluga XL soll in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres in den Werksverkehr einscheren und zunächst parallel mit ihren fünf Vorgängerinnen fliegen. 2025 geht die alte Beluga-Flotte in den „Ruhestand“. Zunächst aber muss das neue Flugzeug intensiv geprüft werden. In den nächsten zehn Monaten stehen insgesamt 600 Stunden Flug- und 150 Stunden Funktionstests auf dem Programm.

Bei ihrer Premiere bleibt die Beluga XL vier Stunden und elf Minuten in der Luft. Nach dem Start dreht sie Richtung Süden zu den Pyrenäen, macht einen Abstecher in den Norden von Montpellier und kehrt schließlich über das Mittelmeer nach Toulouse zurück. „Beim Erstflug geht es hauptsächlich darum, zu sehen, ob das im Simulator erwartete Verhalten in der Luft bestätigt wird“, sagt der frühere Airbus-Cheftestpilot Peter Chandler. Das sei vor allem viel Arbeit für die Flugtestingenieure. Offenbar läuft alles gut. Als sich am Nachmittag die riesige Frontluke öffnet und die Crew erscheint, gibt es strahlende Gesichter.