Hamburg. Lufthansa Technik baut in Hamburg einen Airbus A321 für die Bundesregierung um. Viele Schritte sind notwendig. Ein Besuch vor Ort.

Ein klopfend-pumpendes Geräusch ist in der Halle bei Lufthansa Technik zu hören. Es kommt von einer kleinen Maschine, die in luftiger Höhe vor der Tür eines Flugzeuges auf einem Tisch steht. Sie rührt gerade den Sealer an. Bald darauf werden die Monteure mit dieser Dichtungsmasse den Fußboden im Airbus A321 verschließen. Eine alltägliche Arbeit für das Unternehmen am Flughafen – der Kunde ist allerdings alles andere als gewöhnlich.

Im Januar 2017 erhielt der Wartungs-, Reparatur- und Überholungsspezialist den Zuschlag für einen Spezialauftrag. Der Flieger soll für höchste Amts- und Würdenträger umgebaut werden. Wenn die Maschine im September ausgeliefert wird, werden kurz darauf die wichtigsten deutschen Entscheidungsträger in ihr Platz nehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Heiko Maas und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werden die Maschine nutzen, die in Hamburg fit gemacht wird für den neuen Käufer: das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Dieses besorgt das Material für die Bundeswehr und deren Piloten, die die Maschine fliegen werden.

Alle Innenverkleidungen müssen abgenommen werden

Doch bis es so weit ist, bleibt noch viel zu tun. Das frühere Leben der Maschine ist in der Halle präsent. In Blau prangt der Schriftzug Lufthansa auf dem Rumpf und die Registrierung „D-AISE“ am Heck. 16 Jahre lang ist die Maschine als „Neustadt an der Weinstraße“ für die Kranich-Linie geflogen. Unter einem halben Dutzend Kandidaten fiel die Auswahl auf den Jet. „Ein wichtiges Kriterium war, dass die Maschine keine Vorschäden hatte“, sagt Hauptmann Dieter Brakonier, der Projektmanager für die Bundeswehr.

Hauptmann Dieter Brakonier, Harald Pris und Michael von Putkamert an Bord des künftigen Kanzlerjets.
Hauptmann Dieter Brakonier, Harald Pris und Michael von Putkamert an Bord des künftigen Kanzlerjets. © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Und Michael von Puttkamer, Leiter des Kundenservices im VIP-Bereich bei Lufthansa Technik, ergänzt: „Weil das Flugzeug nur für die Lufthansa flog und durchgehend bei Lufthansa Technik gewartet wurde, kennen wir die komplette Historie des Flugzeugs.“

Anfang 2017 ging die Arbeit los. Auch wenn der Flieger eigentlich noch nicht an der Reihe war, wurde im April mit einer Grundüberholung – einem sogenannten D-Check – begonnen. Dabei werden Triebwerke, Ruder und Fahrwerk abgebaut und überholt. Alle Innenverkleidungen müssen runter, um die Strukturen freizulegen und zu checken. Das Hilfstriebwerk APU wird generalüberholt. Die Arbeitsstundenzahl dafür liegt im sehr niedrigen fünfstelligen Bereich. Technisch gesehen ist das Flugzeug danach fast neuwertig.

60 Menschen arbeiten im Zweischichtsystem

Im Juli 2017 starteten die Vorbereitungen für den Innenausbau. In Hochzeiten werden bis zu 60 Personen an der Maschine arbeiten, normalerweise montags bis freitags im Zweischichtsystem. „Momentan läuft gerade die Kabineninstallation“, sagt Harald Pries, Projektleiter im VIP-Bereich bei Lufthansa Technik. Beim Abendblatt-Besuch ist im Innenraum vom künftigen Mobiliar fast nichts zu sehen. Versorgungsleitungen wie Luftschläuche sind montiert, Kabel aufgeschaltet und mit Bindern festgemacht.

Die Strecke der Leitungen und Kabel dürfte im dreistelligen Kilometerbereich liegen. Das Cockpit ist ziemlich nackt. Lediglich im Heck sieht es ein bisschen aus wie in einem normalen Flugzeug: Die Handgepäckfächer hängen schon an der Wand.

Für 84 Passagiere ist der Jet ausgelegt. Damit haben sie relativ viel Platz an Bord der 44,51 Meter langen Maschine. Die Lufthansa brachte 200 zahlende Menschen im Liniendienst unter. Die Einrichtung soll hell und freundlich, zeitlos und elegant sein. Natürlich gehören Waschräume und Toiletten dazu, auf den Einbau einer Dusche wurde aber verzichtet. Es wird einen Ruhe- und Arbeitsbereich geben. „Wir haben die Aufgabe, einen Coming-Home-Effekt zu erzielen“, sagt Pries. Also einen Wiedererkennungseffekt. Die Inneneinrichtung ähnele daher der Optik der anderen Maschinen der Bundeswehr-Flotte.

Airbus-Flieger hat eine Reichweite von bis zu 5000 Kilometern

Von einer herkömmlichen Passagiermaschine unterscheidet sie sich durch einige Besonderheiten. So ist ein zusätzlicher 160 Liter fassender Wassertank eingebaut worden. „Damit können wir uns für längere Strecken bevorraten. Es gibt Flughäfen, an denen wir kein Wasser aufnehmen möchten“, sagt Brakonier. Auch für Kerosin wurden zwei Zusatztanks in den Frachtraum eingebaut, die jeweils 3000 Liter Treibstoff fassen.

Dank des zusätzlichen Sprits wird die Reichweite auf gut 5000 Kilometer gesteigert – allerdings machen sie auch ein höheres maximales Startgewicht erforderlich. Das erfordert weitere Verstärkungen: So wurden am Fahrwerk und den Flügelvorderkanten stabilere Elemente montiert. Und Zusatzantennen sorgen für moderne Kommunikationsmöglichkeiten an Bord.

Auch in der Kabine gibt es eine Spezialität. „Wir statten die Maschine so aus, dass man sie in einen Med-Evac-Bereich umwandeln kann“, sagt von Puttkamer. Med Evac steht für Medizinische Evakuierung von verletzten Personen. Sie können an Bord mit Sauerstoff versorgt und aus Krisenregionen ausgeflogen werden. Letztlich gibt es auch eine bundeswehrspezifische Ausstattung, sagt Brakonier: „Wir haben auch militärische Komponenten an Bord – aber welche das sind, bleibt Geheimsache.“

„Bundesrepublik Deutschland“ steht auf der Maschine

Ein Blick ins Cockpit der zukünftigen Regierungsmaschine.
Ein Blick ins Cockpit der zukünftigen Regierungsmaschine. © Michael Rauhe

Stets parallel zum D-Check und zum Einbau der VIP-Kabine läuft die Modernisierung. Die Monteure bauen vom Hersteller neu entwickelte Teile ein. Zudem erfolgt eine Harmonisierung der Flotte. Es werden Komponenten verwendet, die bereits in anderen Airbus-Maschinen vom Typ A319 und A340 vorhanden sind. „Die Anordnung der Bedienelemente ist zu 80 bis 90 Prozent in den Maschinen gleich“, sagt Brakonier. Dadurch seien die Grundabläufe identisch. „Wir können Piloten und Crews auf beiden Flugzeugmustern einsetzen.“ Das senke die Betriebskosten.

Der Einbau der Kabine ist in den nächsten Wochen der Schwerpunkt. Danach wird der Jet, der im Jahr 2000 bei Airbus auf Finkenwerder fertig wurde, lackiert – aber nicht in Hamburg. Statt des Schriftzuges „Lufthansa“ wird dann „Bundesrepublik Deutschland“ auf der Maschine stehen, die eine schwarz-rot-goldene Fahne als „Bauchbinde“ erhält. Anschließend wird sie geprüft. „Die zivile Zulassung wollen wir im August erreicht haben“, sagt Pries. Einen Monat später soll die militärische Zulassung erfolgen, dann kommt sie zum Kunden.

„Business as usual“ ist dieser A321 auch für die Lufthansa-Technik-Mitarbeiter nicht, auch wenn sie im VIP-Bereich häufig mit prominenten Kunden zu tun haben. Pries: „An einer Regierungsmaschine zu arbeiten ist schon etwas Besonderes. Das macht die Mitarbeiter stolz.“ Und von Puttkamer erinnert sich gerne an die A319 und A340, die er als Projektleiter vor sieben Jahren an die Bundeswehr übergab. „Ich freue mich immer noch, wenn ich eine der Maschinen im Fernsehen sehe.“