Berlin. Ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU ist kaum noch abzuwenden. Donald Trump verhält sich wie ein politischer Hütchenspieler.

Die Uhr tickt unerbittlich. Spätestens am Freitag wird Donald Trump verkünden, ob die bereits einmal verlängerte Ausnahme für europäische Hersteller von höheren Zöllen auf Stahl und Aluminium bestehen bleibt. Oder ob mit der Verabreichung der bekannten Giftpillen in Form von 25- beziehungsweise 10-prozentigen Aufschlägen das protektionistische Schaulaufen des amerikanischen Präsidenten die Ebene der Drohungen verlässt und bitterer Ernst wird.

Bitter, weil die EU für diesen Fall zügig mit Heimzahlung reagieren will. Vergeltungszölle auf klassische US-Exportschlager wie Orangensaft, Motorräder der Kult-Marke Harley Davidson oder Bourbon aus Kentucky und Tennessee könnten den Einstieg in gegenseitige Strafaktionen bedeuten, die sich am Ende zu einem handfesten Handelskrieg auswachsen.

Trump lässt sich für entscheidenden Zug bis zuletzt Zeit

Ob es dazu kommt, ist wie immer bei Trump bis zur letzten Minute ungewiss. Der politische Hütchenspieler lässt sich für den entscheidenden Zug Zeit. Zumal mit dem aktuellen Konflikt mit China und den Anrainer-Staaten Mexiko und Kanada Handelsvolumina zur Debatte stehen, die den Güteraustausch mit Europa um einiges übertreffen.

Zu Optimismus, dass es wie bereits geschehen wieder zu einer Last-Minute-Entspannung kommen wird, besteht diesmal wenig Anlass. In Paris hat Trump seinen Wirtschaftsminister Wilbur Ross am Mittwoch deutlich sagen lassen, dass sich die Europäer mal nicht so anstellen sollen.

Mögliche US-Strafzölle auf Autos sorgen Europa

weitere Videos

    Für den Milliardär, der als Unternehmer früher selbst mit Handelsbarrieren bei Stahl Gewinn gemacht hat, schließen die unmittelbar drohenden Strafzölle nicht aus, dass die USA und Europa parallel weiter über umfangreiche Handelserleichterungen reden.

    Stunde der Wahrheit steht nun bevor

    Brüssel hat dagegen die gegen geltende Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) verstoßenden US-Attacken auf Stahl- und Aluminium-Hersteller als nicht hinnehmbaren unfreundlichen Akt identifiziert und zuletzt immer wieder verkündet: Mit der Pistole an der Schläfe verhandeln wir nicht. Und: Wenn Washington uns krumm kommt, werden wir geschlossen und entschieden antworten. Die Stunde der Wahrheit steht nun bevor.

    Wird die notorisch zerstrittene EU, der gerade mit Italien ein zusätzliches Mega-Problem entstanden ist, wirklich mit einer Stimme sprechen und allen Versuchungen widerstehen, sich von Trump aus der Einheitsfront locken zu lassen? Den Verhandlern in Brüssel ist zu wünschen, dass sie den im Kern sachfremden Zugang Trumps zum Thema verinnerlicht haben.

    Es geht dem selbst ernannten „Deal­maker“ nicht um substanzielle Reformen des Welthandels. Sondern allein um einen plakativen Etappensieg, mit dem er vor den über seine zweite Amtshälfte entscheidenden Wahlen im Kongress im November zweifelnde Wähler bei der Stange halten will.

    Auch George W. Bush verhängte Zölle und Importbeschränkungen

    Die Fundamental-Opposition, die Trump aus Kreisen der EU empfindet, hilft da nicht weiter. Ohne sich erpressen zu lassen, könnte die EU für einen begrenzten Zeitraum dagegen damit leben, dass sie unter Ausschluss von Zöllen für eine gewisse Zeit überschaubar weniger Stahl und Aluminium in die USA exportiert.

    Als Leitfaden für eine solche Quoten-Regelung könnte das Jahr 2002 dienen. Seinerzeit hatte Präsident Georg W. Bush Zölle und Importbeschränkungen verhängt. Zwei Jahre später wurden sie wieder zurückgenommen, weil in der Zwischenzeit in den USA mehr als 200.000 Arbeitsplätze in der stahlverarbeitenden Industrie unter die Räder gekommen waren. So könnte es auch diesmal ausgehen. Wenn die EU einen kühlen Kopf behält.