Essen. Kaufhof steckt in der Krise. Der Konzern fordert Zugeständnisse der Beschäftigten. Die Gewerkschaft Verdi zeigt sich gesprächsbereit.

Eure Arbeitsplätze sind sicher – aber nur, wenn ihr auf Lohn verzichtet: Diese Botschaft aus der Geschäftsführung kam im vergangenen Herbst bei den rund 21.000 Kaufhof-Beschäftigten nicht gut an. Die Mischung aus Verzichtsforderung und Drohung, andernfalls gerate die gesamte Kaufhauskette in Gefahr, sorgte für große Verunsicherung.

Entsprechend zurückhaltend ging die Gewerkschaft Verdi die Gespräche mit dem Management an. Doch nach Sichtung der Bücher durch eigene Wirtschaftsprüfer hat die Verdi-Tarifkommission nun entschieden, über einen Beitrag der Beschäftigten zur Sanierung des Konzerns zu verhandeln. Sprich: über Lohnverzicht.

Erleichterung in der Geschäftsführung

Kaufhof-Geschäftsführer Roland Neuwald reagierte erleichtert: „Das ist eine gute Nachricht für Galeria Kaufhof und macht den Weg frei für konstruktive Verhandlungen mit unseren Tarifpartnern“, sagte er. Nur mit „wettbewerbsfähigen Personalkosten“ könne Kaufhof die Trendwende schaffen.

Die vielen schlechten Nachrichten aus den vergangenen Monaten hatten Verdi zweifeln lassen, ob ein Verzicht der Mitarbeiter überhaupt mit der Perspektive verbunden wäre, die Krise zu meistern.

Nachdem der kanadische Handelskonzern HBC die größte deutsche Kaufhauskette 2015 vom Metro-Konzern für 2,8 Milliarden Euro gekauft hatte, ging es mit den Geschäften bergab. Nach überschaubaren, aber verlässlichen Gewinnen unter dem Metro-Dach rutschte Galeria Kaufhof 2016 in die roten Zahlen.

Ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe 2017?

Roland Neuwald, Vorsitzender der Geschäftsführung der Warenhauskette Galeria Kaufhof.
Roland Neuwald, Vorsitzender der Geschäftsführung der Warenhauskette Galeria Kaufhof. © dpa | Oliver Berg

HBC, in Nordamerika selbst in Schwierigkeiten, veröffentlicht keine detaillierten Europa-Zahlen, Berichte über einen Verlust in dreistelliger Millionenhöhe 2017 blieben aber unwidersprochen. Lieferanten und Kreditversicherer hören derlei Nachrichten nicht so gerne, erst im vergangenen Sommer senkte Euler Hermes seine Garantien für Warenlieferungen an Galeria Kaufhof.

Den Verdi-Wirtschaftsprüfern stellte die Kaufhof-Führung die finanzielle Lage gleichwohl mit drastischen Begriffen dar: Wenn sich nichts gravierend ändere, etwa durch sinkende Personalkosten, drohe „die Zahlungsunfähigkeit“, hieß es in einem internen Papier der Geschäftsführung.

Ein Kaufhof-Sprecher versicherte seinerzeit zwar, die Warenhauskette sei solide finanziert und habe die uneingeschränkte Unterstützung von HBC. So sind die Kanadier vertraglich verpflichtet, Kaufhof-Verluste auszugleichen. Doch wenn der Mutterkonzern selbst in Schieflage gerät, steht diese Sicherheit nur noch auf dem Papier. Denn auch in den USA und Kanada verdient HBC mit seinen Läden kein Geld mehr.

Beim Konkurrenten Karstadt sind die Löhne niedriger

Kaufhof argumentiert stets auch mit den niedrigeren Löhnen beim Konkurrenten Karstadt, wenn es einen Verzicht der Beschäftigten fordert – etwa durch eine Kürzung von Urlaubsgeld. Und so dürfte es auch kommen: Verdi ist bereit, darüber zu reden. Gleichzeitig sieht die Gewerkschaft im Konzept „Turn2Win“ Ansätze, die Wende zu schaffen.

„Galeria Kaufhof ist ein traditionsreiches, aber auch zukunftsfähiges Unternehmen. Wir wollen natürlich die Standorte, Arbeitsplätze und Einkommen der Beschäftigten absichern“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Franke. Dafür müssten allerdings „die Managementfehler der Vergangenheit korrigiert werden“, fordert Verdi, denn mit Sparen allein gewinne man keine Kunden zurück.

Weit auseinander sind Management und Verdi in dieser Frage nicht. Geschäftsführer Neuwald versicherte, er werde die „Filialen modernisieren und das Online-Geschäft ausbauen“. Dann habe das Warenhaus eine Zukunft.