Brüssel. Die EU-Kommission will sozialpolitische Kompetenzen: Ihr Plan für eine Europäische Arbeitsagentur stößt in Deutschland aber auf Kritik.

Es ist ein großes Versprechen des EU-Kommissionspräsidenten: „Damit Europa gelingt, darf es den Arbeitnehmern nicht die kalte Schulter zeigen“, hat Jean-Claude Juncker erklärt und für dieses Jahr ein „Paket für soziale Gerechtigkeit“ angekündigt. Doch was Junckers Kommission am Dienstag als eines ihrer ersten Projekte vorlegte, sorgt für Streit: Der Plan für eine Europäische Arbeitsagentur (ELA) stößt bei der deutschen Wirtschaft auf Kritik.

Die Europäische Arbeitsagentur soll sich von 2018 an vor allem um jene rund 17 Millionen EU-Bürger kümmern, die jenseits ihres Heimatlandes in einem anderen EU-Staat arbeiten – vorausgesetzt, die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament segnen den Vorstoß ab. „Mit der Behörde stellen wir eine faire Arbeitskräftemobilität sicher“, verspricht EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen.

Kontrollwunsch steht im Vordergrund

150 Mitarbeiter will die Kommission dafür einstellen, mittelfristig soll die Behörde 50 Millionen Euro im Jahr kosten. Sie soll über Jobangebote in der EU informieren oder Arbeitnehmer und Unternehmen beraten, wenn es um die unterschiedlichen Sozialversicherungsvorschriften geht.

Doch in Wahrheit steht nicht der Servicegedanke, sondern der Kontrollwunsch im Vordergrund: Die Agentur hat vor allem die Aufgabe, geltende Sozial- und Arbeitsvorschriften europaweit besser durchzusetzen.

So sollen die Mitarbeiter etwa gemeinsam mit den nationalen Behörden prüfen, ob Sozialstandards oder Mindestlohn-Vorgaben eingehalten werden. Dafür könnte die geplante einheitliche europäische Sozialversicherungsnummer sein, die von der Kommission geplant ist. Sie soll im Ausland als Nachweis für die Renten- und Krankenversicherung dienen.

BDA braucht „keine neue Mammutbehörde“

Der deutschen Wirtschaft passt der Vorstoß nicht. Gegen einen besseren Informationsaustausch der Mitgliedstaaten spreche zwar nichts, erklärt der Arbeitgeberverband BDA. „Aber dafür brauchen wir mit Sicherheit keine neue Mammutbehörde ohne jeden Mehrwert“, kritisiert BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter.

Hinter der Kritik steht die Sorge, dass die Kommission ihren Einflussbereich ausweiten will, um künftig europäische Arbeitsmarktprogramme oder eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung durchzusetzen, obwohl Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik bislang Sache der Mitgliedstaaten sind. Der Industrieverband BDI warnt, die neuen Pläne dürften kein Katalysator für die Verlagerung sozialpolitischer Kompetenzen sein.