Berlin. Flixbus ist kurzerhand vom Neuling zum Fast-Monopolisten aufgestiegen. Jetzt plant das Unternehmen die nächsten Schritte – in den USA.

Der Monitor zeigt kleine rote Symbole auf einer Europakarte, dort, wo gerade ein Bus fährt oder Staus für Verzögerungen sorgen. Es sind viele Zeichen, die sich durch Deutschland, Frankreich oder auch Spanien bewegen an diesem Tag in der Steuerzentrale von Flixbus nahe dem Alexanderplatz.

Sie zeigen die Präsenz der grünen Flixbusse in fast ganz Europa. Täglich bieten die Münchner 200.000 Verbindungen zu 1200 Zielorten in 26 Ländern an. Am Monitor werden die Fahrten verfolgt und gegebenenfalls auch umgeleitet. Busfahren ist mit dem Unternehmen digital geworden.

Das war auch Ziel von André Schwämmlein, der das Unternehmen gemeinsam mit zwei weiteren Gründern vor genau fünf Jahren aus der Taufe hob. „Wir haben eine Gelegenheit gesucht, mit einem herkömmlichen Geschäft, das Menschen bewegt, einen großen Sprung zu machen“, sagt er. Das ist dem Trio auch in außergewöhnlichem Tempo mit Fernbusreisen gelungen.

Der Markt wurde erst Anfang 2013 für alle Anbieter freigegeben. Mit Kampfpreisen, finanzkräftigen Investoren im Hintergrund und einem cleveren Geschäftsmodell hat Flixbus es vom Einsteiger zum Fast-Monopolisten gebracht. Die Konkurrenten gaben auf oder wurden von Flixbus übernommen. Unter den Opfern finden sich ADAC, Deutsche Post, Deutsche Bahn.

Deutsche Bahn nahm Flixbus anfangs nicht ernst

„Die Wettbewerber kannten nur die analoge Welt“, erläutert Schwämmlein. Dagegen besteht das Geschäftsmodell von Flixbus vor allem aus Bits und Bytes. Die Tickets werden online gebucht. Aus den Daten der Nachfrage zieht das Unternehmen Schlüsse für das Angebot an Fahrten und die Preisgestaltung. Freies Wlan in den Bussen sowie günstige Ticketpreise lockten schnell ein junges Zielpublikum an. Die mittlerweile 1000 Beschäftigten kümmern sich um alles rund um die Fahrten, nicht jedoch um den Busbetrieb selbst. Den übernehmen herkömmliche selbstständige Busunternehmer. Nach eigenen Angaben wurden seit der Gründung mehr als 100 Millionen Kunden mit den grünen Bussen ans Ziel gebracht.

Geschäftszahlen nennt Schwämmlein grundsätzlich nicht. Weder Umsatz noch Gewinne oder Verluste werden publiziert. Aber er versichert, dass mittlerweile schwarze Zahlen im normalen Geschäft in der Bilanz stehen. Wie viel der angepeilte Siegeszug in Europa kostet, verschweigt er. Für die Finanzierung sorgen Investorengruppen wie General Atlantic oder Silver Lake aus den USA oder Holzbrinck aus Deutschland.

Fraglos hat Flixbus den Markt für Fernreisen aufgemischt. Das bekam vor allem die Deutsche Bahn zu spüren. Deren Vorstand nahm die neue Konkurrenz anfangs nicht ernst und verlor Millionenumsätze an die Busanbieter. Schließlich ging der Branchenriese mit Billigangeboten zum Gegenangriff über. Mit dem Aus für die meisten Busanbieter ging der Dumpingwettbewerb zu Ende. Heute respektieren sich die beiden Quasi-Monopolisten. „Für Reisende mit großem Zeitbudget und kleinem Preisbudget ist der Fernbus eine gute Alternative“, gibt ein Bahnsprecher zu. Mit schnelleren Zügen und mehr Komfort will die Bahn dagegenhalten.

Hinweise auf typisches Monopolverhalten

Zufrieden sind nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) auch die Subunternehmer, die den Kunden transportieren. „Schätzungen gehen davon aus, dass der Fernbusmarkt für den Mittelstand im Busgewerbe einen zusätzlichen Umsatz von mehreren Hundert Millionen Euro gebracht hat“, sagt BDO-Sprecher Christian Wahl. Beide Seiten würden sicher zusammenarbeiten, weil die Kooperation erfolgreich sei.

Das Modell, den Verkehr nur zu vermitteln und zu vermarkten, lässt Flixbus trotz des Marktanteils von mehr als 90 Prozent unter dem Radar des Bundeskartellamtes fahren. Vermutlich habe die Firma mittlerweile eine marktbeherrschende Stellung, heißt es im Jahresbericht der Behörde. Eine detaillierte Prüfung habe es bisher „aufgrund fehlender Hinweise auf ein missbräuchliches Verhalten“ nicht gegeben.

Die Verbraucherzentralen sehen inzwischen Hinweise auf typisches Monopolverhalten. „Gewöhnlich führen Monopole zu überhöhten Preisen und mangelndem Service“, erläutert Marion Jungbluth, Verkehrsexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Auch bei Flixbus nähme die Zahl der Beschwerden zu. Besonders beim grenzüberschreitenden Verkehr würden Kunden Entschädigungen aus den Fahrgastrechten zunehmend verweigert. „Es wird Zeit für mehr Regulierung bei Plattformen und vielleicht auch für neue Konkurrenz auf dem Fernverkehrsmarkt“, glaubt Jungbluth.

Einstweilen verläuft die Expansion von Flixbus ungebremst. Derzeit misst sich das Unternehmen im Wettbewerb in Südeuropa. „In Italien und Frankreich dürfen wir nicht scheitern“, sagt Schwämmlein. Doch der Fokus reicht längst über den Atlantik hinaus. In den USA bauen die Münchner erste Angebote auf. Dort treffen sie wie vor fünf Jahren hier noch auf eine analoge Buswelt. „Da können wir Werte schaffen“, hofft der Flixbus-Chef. Wohin es danach geht, lässt er noch offen. „Wir haben noch Ideen für 10 bis 15 Jahre.“