Frankfurt/Main. Digitalwährungen wie Bitcoin unterliegen starken Kursausschlägen, aber keiner staatlichen Kontrolle. Deutschland will eine Regulierung.

Nicht nur an den internationalen Börsen herrscht Verunsicherung. Auch in der Welt der Kryptowährungen, die ohne jegliche Aufsichtskontrolle agieren, sind heftige Kursbewegungen Alltag. Seit Jahresbeginn hat die bekannteste der digitalen Münzen – der Bitcoin – mehr als die Hälfte an Wert verloren. Deutschland und Frankreich haben am Freitag ein Ende der unregulierten Zeiten für Cyberdevisen gefordert und wollen dies beim nächsten G20-Finanzministertreffen der führenden Industrie- und Schwellenländer im März auf die Agenda setzen. Die wichtigsten Fragen zu dem Thema.

Was sind digitale Währungen?

Digitale Währungen sind Zahlungsmittel, die fast ausschließlich in Computern und im digitalen Netz existieren. Dort sind alle Transaktionen, die mit diesen Währungen jemals gemacht wurden, gespeichert. Und zwar nicht bei offiziellen Institutionen wie einer Zentralbank oder Bank, sondern auf unzähligen Computern. Die Nutzer der Bitcoins bilden ein Netzwerk. Wer in diesem Netzwerk etwas mit Bitcoins kauft, der verlängert die Kette von gespeicherten Transaktionen um ein weiteres Glied und bestätigt damit gleichzeitig alle bisherigen Geschäfte. Das Verfahren nennt sich Blockchain – eine digital gespeicherte, stetig wachsende Kette von Transaktionen, die vor Manipulationen sicher sein muss. Deswegen ist sie stark verschlüsselt, also kryptographisch gesichert. Dies brachte den digitalen Währungen auch den Namen „Kryptowährungen“ ein.

Wann sind die Cyberwährungen entstanden?

Bitcoin entstand zur Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 als erste digitale Währung. Als Urheber gilt ein gewisser Satoshi Nakamoto, allerdings ist das ein Pseudonym. Bis heute weiß keiner, wer sich dahinter verbirgt. 2010 eröffnete die erste Bitcoin-Börse. Bitcoin diente vor allem als anonymes Zahlungsmittel im Internet. Aktuell gibt es rund 1500 verschiedene Cyberwährungen mit einer Marktkapitalisierung von geschätzt 460 Milliarden US-Dollar. Dazu zählen Bitcoin, Ethereum, Ripple, Bitcoin Cash, Cardano und Stellar.

Wie funktionieren sie?

Das Bitcoin-Logo.
Das Bitcoin-Logo. © REUTERS | LUCY NICHOLSON

Wenn Person A etwas von Person B aus dem Netzwerk kaufen will, überschreibt er ihm die vereinbarte Menge der Währung. Diese Transaktion wird dann an das gesamte Netzwerk gesendet. Sogenannte Miner – auf Deutsch: Minenarbeiter – scannen das Netzwerk nach neuen Transaktionen. Sie formen daraus Datenblöcke, die eine Liste aller bestätigter Transaktionen enthält. Diese Blöcke aneinandergereiht ergeben eine Kette – daher auch der Name „Blockchain“ für diese Technologie. Die Transaktionen erfolgen direkt von Nutzer zu Nutzer.

Was bedeuten die enormen Kursschwankungen?

Viele Finanzbeobachter meinen, dass der rasante Kursanstieg nichts anderes als eine große Blase war, andere sehen für die Kryptowährungen noch eine große Zukunft. Fakt ist: Wer vor einem Jahr für 1000 Euro Bitcoin gekauft und diese im Dezember rechtzeitig verkauft hat, hatte 20.000 Euro auf seinem Konto. Wer dagegen einen Bitcoin im Dezember für 20.000 Euro gekauft und ihn in dieser Woche veräußert hat, bekommt jetzt nur knapp 6000 Euro.

Sind Investments in Digitalwährungen seriös oder Zockerei?

Aktuell meinen fast alle Beobachter, dass eine Menge „Spekulation“ den Wert der Digitalwährungen bestimmt. Die Deutsche Bundesbank und die Finanzaufsicht warnten bereits eindringlich vor Totalverlusten. Es gibt viele Zocker, die von dem Hype profitieren wollen und vom Reichtum über Nacht träumen. Das ist einigen Menschen gelungen, doch dieser Hype scheint vorerst vorbei. Investieren kann man in digitale Währungen über spezielle Börsen im Internet, an denen Kryptowährungen gehandelt werden – dazu zählen Bitfinex, Kraken oder Bit­stamp. Das sind Onlineplattformen – niemand muss dafür ins Dark­net.

Können Behörden die Coins regulieren?

Aktuell gibt es keine Finanzaufsicht dafür – weder national noch international. China zog Konsequenzen und hat die Veröffentlichung neuer digitaler Währungen verboten. Auch wurde zeitweise der Handel an Online-Börsen eingeschränkt oder ausgesetzt. Bislang reagieren alle Staaten im Alleingang. Daher wollen Deutschland und Frankreich mit ihrem neuen Vorstoß beim G20-Finanzministertreffen ein international abgestimmtes Handeln erzielen. Auch die mögliche neue große Koalition will sich für einen „angemessenen Rechtsrahmen“ für den Handel mit Kryptowährungen einsetzen, um Missbrauch zu verhindern.

Was sagen die Befürworter digitaler Währungen?

Die Kryptowährungs-Enthusiasten unterstreichen die demokratische Form des neuen Geldes: Alle Nutzer sind am Austausch und der Kontrolle des Systems beteiligt. Es gibt keine übergeordnete Kontrollinstanz wie etwa eine Zentralbank, die das System „manipulieren“ könnte. Durch die zugrunde liegende Blockchain-Technologie sollten digitale Währungen eigentlich fälschungssicher sein: Wer das System manipulieren will, müsste die Mehrheit der beteiligten Computer infiltrieren, was praktisch unmöglich ist. Auch deswegen wird sich, so meinen viele Experten, die Blockchain-Technologie durchsetzen. So versuchen auch Banken, die diese Technologie für ihre Belange einzusetzen.

Was führen die Gegner ins Feld?

Der Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat ein Bitcoin-Verbot gefordert, sein Kollege Robert Shiller warnte vor dem Platzen der Bitcoin-Blase. Experten kritisieren, dass hinter den digitalen Währungen kein realer Wert stehe. Zudem wird befürchtet, dass sich in den Märkten für digitale Währungen Schneeballsysteme etabliert hätten. So ist die Zahl neuer digitaler Währungen explodiert. Oft werden die neuen Währungen mit anderen etablierten digitalen Währungen bezahlt. Weiterer Kritikpunkt ist der immense Stromverbrauch, den Digitalwährungen benötigen. Da die „Miner“ immer kompliziertere Rechenaufgaben bewältigen müssen, um Transaktionen zu bestätigen, wächst der Stromverbrauch. Weltweit verbraucht geschätzt allein Bitcoin so viel Strom wie der Staat Dänemark.