Berlin. Der Verband der Versicherungskaufleute wirft Check24 vor, Kunden falsch zu informieren. Ein Urteil soll dem Streit ein Ende setzen.

Mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen verhält es sich meist so: Je folgenschwerer sie für den Verbraucher sind, desto kleiner die Schriftgröße und desto eher müssen Kunden den Hinweis mit der Lupe suchen. Hauptsächlich geht es beim Dauerzwist zwischen dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und dem Vergleichsportal Check24 genau darum: Wie groß muss das Kleingedruckte geschrieben sein?

Der BVK kritisiert das Onlineportal, weil es seine Rolle als Versicherungsmakler verschleiere und zudem falsch berate. Er verlangt, dass das Portal seinen Nutzern die gesetzlich vorgeschriebene „Erstinformation“ frühzeitig anzeigt – das ist ein Text, der Kunden darüber aufklärt, dass er es mit einem Makler zu tun hat. Tatsächlich aber scheint das Scharmützel Begleitmusik zu sein, für ein tiefer gehendes Problem – nämlich die Frage welche Antworten der Berufsstand Makler auf die Digitalisierung hat.

Verliert das Portal, droht ein Bußgeld

Voraussichtlich kommende Woche wird in dem Streitstück der vorerst letzte Akt aufgeführt: Das Landgericht München entscheidet über eine Vollstreckungsklage des BVK gegen das Portal und setzt einen Schlusspunkt unter die seit zwei Jahren dauernde Auseinandersetzung. Höhepunkt ist bislang ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom Frühjahr 2017, das dem BVK in weiten Teilen recht gab. Die Richter verlangten, dass Check24 Kunden früh auf seine Rolle als Makler aufmerksam machen müsse.

Zwar hatte Check24 nach dem Urteil nachgebessert. Nach Ansicht des Verbandes aber nicht ausreichend, weshalb er auf Vollstreckung klagte. Verliert das Portal, droht ein Bußgeld. „Check24 setzt das Gerichtsurteil nach unserer Auffassung nicht richtig um. Dabei wäre es, so meinen wir, technisch einfach machbar“, sagte BVK-Präsident Michael Heinz unserer Redaktion.

Der Vorwurf lautet: „massive Falschberatung“

Wer sich bei Check24 über die Versicherungen informieren will, sieht seit einiger Zeit auf der Unterseite „Versicherungen“ den Hinweis: „Erstinformation“. Nach einem Klick wird der Infotext angezeigt. Außerdem versendet das Portal diese Information, wenn der Kunde tatsächlich Interesse am Abschluss einer Versicherung zeigt, also seine persönliche E-Mail-Adresse eingegeben hat. Nach Meinung des Präsidenten ist das zu spät.

„Die alltägliche Beratungspraxis von Check24 führt aus unserer Sicht zu massiver Falschberatung“, kritisierte Heinz. „Uns sind zahlreiche Fälle zu Ohren gekommen, wonach Kunden Versicherungen verkauft werden, die sie gar nicht brauchen.“ Durch drei Fragen und Algorithmen könne man keine Beratung ersetzen, sagte der Verbandschef.

Online-Vergleichsportale machen den niedergelassenen Maklern Konkurrenz

Der Zwist offenbart ein grundsätzliches Problem der Branche. Der Erfolg der Online-Vergleichsportale macht den Maklern vor Ort mächtig Konkurrenz. Doch während diese in den vergangenen Jahren ein Verbrauchergesetz nach dem anderen umsetzen mussten und angehalten sind, penibel zu beraten, konnten sich die Portale dem teilweise entziehen – und so kostengünstiger arbeiten.

Heinz’ Zorn trifft daher auch die Versicherer, die mit Check24 zusammenarbeiten – ein lukratives Geschäft. Das Portal erreicht viele Kunden und übers Internet lässt sich eine Versicherung unkompliziert abschließen. „Für so manchen Versicherer gilt aus meiner Sicht: „Gier frisst Hirn“, wettert Heinz. Der gleiche Versicherer, der seinem Makler vor Ort sagt, ihr müsst aufklären, mache auf der anderen Seite dicke Geschäfte mit Check 24. „Das ist scheinheilig.“ Und es offenbare eine perfide Doppelmoral.

Check24 hält die Anwürfe für „völlig haltlos“

Wie Vergleichsportale künftig arbeiten sollen, klärt derzeit außerdem das Bundeskartellamt in einer Sektoruntersuchung. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht deren Rolle kritisch. Über Check24 sagt die Leiterin des Teams Finanzmarkt, Dorothea Mohn: „Die Transparenz lässt weiterhin zu wünschen übrig: Verbraucher müssen auf der Startseite von Check24 ganz nach unten scrollen, um im Kleingedruckten die Information zu erhalten, dass sich Check24 über Anbieterprovisionen finanziert.“

Check24 sieht das naturgemäß anders. Der Vorwurf, man habe das Urteil nicht richtig umgesetzt, sei „völlig haltlos“, heißt es von einem Sprecher. „Herr Heinz vom BVK scheint kein anderes Mittel zu finden, um auf die Herausforderung der Digitalisierung zu reagieren, als gegen Mitbewerber zu wettern und diese zu verklagen.“

Das Portal macht bundesweit den Gegentest in Maklerbüros

Der Streit hat mittlerweile eine persönliche Ebene erreicht. Check24 hat zum Gegenschlag ausgeholt und bundesweit Testkunden in Maklerbüros geschickt – unter anderem auch in das des BVK-Präsidenten in Siegen. Prompt wurde dort ein Testkäufer falsch beraten: Am Ende vergaß ein Mitarbeiter das ausgefüllte Beratungsprotokoll auszuhändigen. Für Heinz ein unglücklicher Einzelfall.