Hamburg. Apple bringt eine neue Funktion für seine Health-App auf den Markt. In Deutschland gibt es allerdings schon ein konkurrierendes System.

Alle paar Monate erneuert Apple die Betriebssysteme seiner iPhones und iPads. Meistens ist das keine große Sache. Mal werden ein paar neue Funktionen aufgespielt, mal Fehler beseitigt, mal Sicherheitslücken geschlossen. Doch das neue Betriebssystem iOS 11.3, das im Frühjahr auf allen Smartphones und Tablets des Hauses Apple verfügbar sein wird, hat das Zeug – zumindest rein theoretisch – Medizingeschichte zu schreiben.

Das neue Betriebssystem beinhaltet eine Funktion namens Health Records, die Bestandteil der bereits existierenden Health-App von Apple sein wird. Dort werden alle „verfügbaren medizinischen Datensätze“ eines Nutzers zusammengebracht, wie es in einer Pressemitteilung des Unternehmens heißt.

Patienten teilnehmender medizinischer Einrichtungen könnten Informationen aus verschiedenen Institutionen in einer Übersicht einsehen und erhielten regelmäßige Benachrichtigungen über ihre Laborergebnisse, Medikationen, ihren Gesundheitszustand und vieles mehr, schreibt Apple.

Ein einheitlicher technischer Standard fehlt bisher

Tatsächlich hat das Gesundheitssystem für eine solche Anwendung durchaus Bedarf. Die Bündelung der bei einer Vielzahl von Ärzten und Krankenhäusern gespeicherten Daten eines Patienten könnte teure Mehrfachuntersuchungen vermeiden helfen.

Von einem einheitlichen technischen Standard für medizinische Daten dürften alle profitieren: Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen und Patienten. Und wer könnte einen solchen Standard besser setzen als Apple? Die Geräte des Hightechunternehmens aus dem kalifornischen Cupertino erfreuen sich bei einer Vielzahl von Nutzern größter Beliebtheit.

Apple hat nur wenige Kooperationspartner gefunden

Soweit die Theorie. In der Praxis sieht die Sache schon etwas anders aus. Für Health Records hat Apple in den USA nach Angaben des „Wall Street Journal“ bisher nur ein Dutzend Krankenhäuser als Kooperationspartner gefunden. Das sind nicht eben viel. Ob auch in Deutschland nach Partnern gefahndet wird, mag ein Apple-Sprecher auf Anfrage nicht sagen.

Die Vermutung liegt nahe, dass die Kalifornier zumindest nicht die Klinken deutscher Krankenhäuser putzen. Sie wären die falschen Ansprechpartner. Denn das 2015 vom Bundestag verabschiedete E-Health-Gesetz sieht bereits vor, was Apple derzeit plant: die Digitalisierung und Bündelung von Patientendaten in einem einheitlichen System.

Bereits 2015 hat der Bundestag das E-Health-Gesetz verabschiedet

Damit beauftragt hat die Bundesregierung die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (Gematik). Hinter ihr stehen die Spitzenorganisationen von Ärzten, Krankenkassen, Krankenhäusern und Apothekern. Bis Ende des Jahres soll die Infrastruktur des Systems stehen.

Die Gematik wäre also Apples logischer Partner. Jedoch hält die Gesellschaft aus Datenschutzgründen wenig von Gesundheits-Apps. Sie favorisiert den Chip der Gesundheitskarte.

Der Datenschutzbeauftragte warnt vor Gesundheits-Apps

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz warnt in einem Merkblatt ausdrücklich vor Gesundheits-Apps. Und ein Sprecher des Marburger Bunds, in dem angestellte und verbeamtete Ärzte organisiert sind, sagt auf Anfrage, statt auf Apples Health Records zu setzen, sei es „sinnvoller, im staatlichen Rahmen ein System mit der erforderlichen Sicherheitsarchitektur zu entwickeln“. Wie es scheint, muss Apple in Deutschland noch viel Überzeugungsarbeit leisten.