Paris. Französische Bauern verkaufen Butter öfter nach China und in die USA, weil höhere Preise zu erzielen sind. Manche Regale bleiben leer.

„La crise du beurre“ – die Butterkrise – beherrscht in Frankreich derzeit die Schlagzeilen. Tatsächlich leiden unsere Nachbarn aktuell unter einem unerwarteten Buttermangel – und das ist genau jene Sorte von böser Überraschung, die sie wenige Wochen vor Weihnachten so richtig in Wut versetzten kann. Leere Butterregale in Supermärkten und Bäcker, denen das Fett für die Croissants auszugehen droht – so etwas kommt links des Rheins einem Notstand bedenklich nahe.

Frankreich ist das Land mit dem größten Butterkonsum weltweit. Und wenn es um den Mangel eines heißgeliebten Grundnahrungsmittels geht, neigen die Bürger der Feinschmeckernation zum Drama. Margarine? Damit darf man einer französischen Hausfrau oder einem französischen Spitzenkoch gar nicht erst kommen. Entsprechend entsetzt sind die Reaktionen beim Anblick von Schildern, die derzeit in vielen Ladenregalen hängen und in Großbuchstaben auf einen „Buttermangel von unbegrenzter Dauer“ hinweisen.

Auch in Deutschland ist Butter sehr teuer

Eigentlich gibt es genug Butter. Allein deren Preis ist innerhalb von zwanzig Monaten regelrecht explodiert. Kostete eine Tonne Butter im April 2016 noch 2500 Euro, waren es im September 2017 bereits 6800 Euro. Auch in Deutschland ist Butter mit 1,99 Euro pro halbem Pfund bei Discountern so teuer wie seit langem nicht. Verantwortlich für den Anstieg des Butterpreises auf dem Weltmarkt ist in erster Linie eine sprunghafte Erhöhung der Nachfrage aus Asien und den USA.

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So dumm, vor diesem Hintergrund ihre Produktion zu senken, sind die französischen Molkereien natürlich nicht. Wenn sie trotzdem weniger Butter liefern, hat das eine andere Ursache. Der Butterpreis wird in Frankreich jeden Februar verbindlich für ein Jahr festgelegt und bewegt sich daher schon seit Monaten weit unter dem Weltmarktpreis. Grund genug für die Molkereien, weniger Butter an den heimischen Einzelhandel zu liefern und ihre Ware lieber in die Vereinigten Staaten und nach China zu verkaufen.

Butterregale leeren sich zu schnell

Das Resultat: Unter dem Strich landet nur noch geschätzt 60 Prozent der französische Butter beim heimischen Konsumenten. Das jedoch genügt, dass sich die Butteregale mancherorts viel zu rasch leeren. Zumal die Franzosen mit Blick auf den Advent zu Hamsterkäufen neigen. Landwirtschaftsminister Stéphane Travert rief seine Landsleute jetzt sogar im Rundfunk dazu auf, „die Nerven zu behalten“. Zwar bestehe ein „gewisses Versorgungsdefizit“, doch werde diese „Knappheit ganz sicher nicht von Dauer sein“. Hingegen drohe „das Horten von Butter“ die aktuelle Lage zuzuspitzen.

Währenddessen findet ein Ping-Pong gegenseitiger Schuldzuweisungen zwischen den Butterproduzenten und deren Abnehmern statt. Letztere werfen den Molkereien vor, nicht die vertraglich vereinbarten Mengen zu liefern und pochen auf die ausgehandelten Preise. Frédéric David vom Bauernverband FDSEA hingegen beschwert sich lautstark über den Unwillen der Kunden, den Preisanstieg mitzutragen.

Einige Supermarktketten haben reagiert

Ganz so verhärtet wie es klingt sind die Fronten dennoch nicht. Einige Supermarktketten oder Bäcker haben bereits Preiserhöhungen zwischen zehn und 15 Prozent akzeptiert, ohne dies an die große Glocke zu hängen. Hinter vorgehaltener Hand hingegen geben die „Preisbindungsbrecher“ offen zu, dass sie den Unmut ihrer Kunden fürchten.

„Ich stecke in einer Zwickmühle“, klagt ein Bäcker im 9. Pariser Arrondissement. „Zahle ich den offiziellen Butterpreis, bekomme ich bestenfalls die Hälfte der Mengen, die ich benötige, und kann nicht mehr genug Croissants für meine Stammkunden backen. Zahle ich mehr, halte ich zwar meine Kundschaft, mache aber weniger Gewinn. Denn den Preis für meine Croissants werde ich erst im Februar erhöhen können, wenn das wohl auch alle Konkurrenten tun.“