Essen. Der Textildiscounter Primark will sich ein ökologisches Image verpassen. Doch die Initiativen lassen sich nur schwer überprüfen.

Auch in Berlin gehören sie inzwischen zum Straßenbild: Die Papiertüten mit dem blauen Schriftzug der irischen Kette Primark. Der Modehändler hat in den vergangenen Jahren ein bemerkenswertes Wachstum verzeichnet.

Nun will der Discounter mit Deutschlandzentrale in Essen sein soziales und ökologisches Profil schärfen, angeleitet von der Direktorin für ethischen Handel und ökologische Nachhaltigkeit, Katharine Stewart. Kunden, die vom Billig-Image abgeschreckt wurden, sollen überzeugt werden.

Primark schloss sich erst 2016 Initiative an

Auf mehr als 90 Mitarbeiter hat das Unternehmen Stewarts Team aufgestockt. In den elf wichtigsten Produktionsländern von Primark – vor allem in Südostasien, wo die Mode genäht wird – sollen sie sich um nachhaltiges Wirtschaften kümmern. Der Konzern arbeite mit zahlreichen Nichtregierungsorganisationen zusammen, berichtet Stewart unserer Redaktion.

Der Konzern zählt zu den Gründungsmitgliedern von ACT, einer Vereinigung internationaler Hersteller und Händler, die die Löhne in den Textilfabriken verbessern will. Nach dem Einsturz der Fabrik 2013 in Bangladesch, infolgedessen 1135 Menschen starben, schloss sich Primark jedoch erst im März 2016 dem von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ins Leben gerufenen Bündnis für nachhaltige Textilien an.

Schulung von Baumwollbäuerinnen in Indien

„Wir traten dem Textilbündnis 2016 bei, als wir soweit waren, eine aktive Rolle in der Organisation einzunehmen“, begründet die Primark-Managerin den späten Schritt. Als eines der ersten Unternehmen habe man nun jedoch freiwillig einen Maßnahmenplan veröffentlicht. So arbeite Primark mit Initiativen zusammen, die sich für die Reduktion von Chemikalien bei der Herstellung von Textilien einsetzen.

Zum Maßnahmenpaket gehört auch die Schulung von Baumwollbäuerinnen in Indien. „Seit 2013 haben wir bereits mehr als 5000 Kleinbäuerinnen Wege aufgezeigt, wie sie zum Beispiel durch einen reduzierten Einsatz von Wasser, chemischen Pflanzenschutzmitteln beziehungsweise Dünger die Baumwollqualität und damit auch ihr Einkommen verbessern können“, erläutert Stewart. Bislang lässt der Konzern die nachhaltig produzierte Baumwolle ausschließlich in Damenpyjamas verarbeiten. Das Set kostet ebenso sieben Euro wie vergleichbare Schlafanzüge aus konventioneller Baumwolle.

Primark lockt mit niedrigen Preisen

Von der nachhaltig produzierten Baumwolle sollen die Bäuerinnen, aber auch die Kunden profitieren, verteidigt Stewart die Preispolitik. Primark propagiert hohe Standards, lockt aber gleichzeitig die Kunden mit extrem niedrigen Preisen. Die Managerin sieht darin keinen Widerspruch. „Wir versuchen, so effizient wie möglich zu arbeiten und die Verwaltungskosten so gering wie möglich zu halten“, betont Stewart.

„Primark hat viel für Nachhaltigkeit getan. Die Frage ist nur, ob all die Handlungen überprüfbar sind“, sagt Christiane Schnura, Koordinatorin der Kampagne für saubere Kleidung. So sei schwer nachzuweisen, dass trotz aller Anstrengungen in den Fabriken Asiens tatsächlich existenzsichernde Löhne gezahlt werden. Die Kampagne sieht die Kette weiter kritisch. „Primark ist eine Paradebeispiel für ,Fast Fashion‘“, sagt Schnura. Aufgrund des sehr niedrigen Preises werde „Kleidung vom Gebrauchs- zum Verbrauchsartikel.“