Köln. Im September 1957 eröffnete in Köln der erste Supermarkt Deutschlands. Sechs Jahrzehnte später steht das Geschäftsmodell vor Problemen.

Deutschland ist Supermarktland – auch noch zum 60. Jahrestag der Eröffnung des erstes Supermarkts in Deutschland. Im vergangenen Jahr gab es hierzulande laut dem Handelsforschungsinstitut EHI rund 12.000 Supermärkte. Und es werden immer mehr Edekas, Rewes und Co. Dennoch gerät das „Erfolgsmodell Supermarkt“ zunehmend unter Druck.

Als Geburtsdatum des Supermarkts in Deutschland gilt der 26. September 1957. Damals eröffnete der Kaufmann Herbert Eklöh in der Kölner Rheinlandhalle einen Lebensmittelladen mit einer Verkaufsfläche von 2000 Quadratmetern – für damalige Verhältnisse ein gigantisches Geschäft.

1957 dominierten Tante-Emma-Läden

Während anderswo noch die Tante-Emma-Läden mit Bedienung durch Personal dominierten, setzte Eklöh in dem heute nicht mehr existierenden Betrieb auf Selbstbedienung, Warenvielfalt und Frische. Der deutsche Kaufmann habe sich bei der Gestaltung von Experten aus dem Mutterland des Supermarktes, den USA, beraten lassen, erzählt Jan Logemann, der an der Universität Göttingen über die Geschichte des Konsums forscht.

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    Erster Supermarkt war 2000 Quadratmeter groß

    Unumstritten ist der 26. September 1957 als Geburtsdatum des Supermarktes hierzulande zwar nicht. So datieren einige Experten die ersten Gehversuche schon auf das Jahr 1938 oder 1949. „Aber es spricht vieles dafür, dass Eklöh den Startschuss für den Siegeszug des Supermarktes in Deutschland gegeben hat. Schon die Ladengröße von 2000 Quadratmetern macht ihn absolut zum Pionier. Andere Läden waren damals höchstens 200 oder 300 Quadratmeter groß“, meint EHI-Geschäftsführer Michael Gerling.

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      Heute wird der Lebensmittelhandel in Deutschland von den großen Supermarktketten Edeka und Rewe geprägt. Die wachsende Konsumlust der Bundesbürger bescherte den Händlern zuletzt kräftige Umsatzzuwächse. Zum Zurücklehnen bleibt ihnen dennoch keine Zeit. Denn gleich von zwei Seiten sehen sich Supermärkte unter Druck.

      Heute: Größte Herausforderungen seit Jahrzehnten

      Die Lebensmittelhandel in Deutschland wird von den großen Ketten geprägt.
      Die Lebensmittelhandel in Deutschland wird von den großen Ketten geprägt. © dpa | Jens Büttner

      Herausforderung Nummer eins: die Discounter. Aldi und Lidl geben Milliarden aus, um ihre Läden ansprechender zu gestalten und rücken optisch und im Angebot immer näher an die klassischen Supermärkte heran. Die Vollsortimenter müssen sich deshalb immer wieder neue Angebote einfallen lassen, um den Abstand zu wahren.

      Herausforderung Nummer zwei: Das Internet. Zwar spielt der Online-Handel im Lebensmittelbereich bislang nur eine kleine Rolle. Doch spätestens, seitdem der Internetgigant Amazon seinen Lebensmittellieferdienst Amazon Fresh auch in Deutschland gestartet hat, scheint auch hier ein Damm gebrochen.

      Online-Angebote sind für die Konzerne teuer

      „Online-Angebote werden im Lebensmittelhandel immer wichtiger. Der Kunde erwartet das einfach“, meint Gerling. Das Problem dabei: Der Online-Service ist teuer. „Ich kenne keinen Händler, der damit Geld verdient“, berichtet der Branchenkenner. Amazon könne dies angesichts seiner tiefen Taschen egal sein, doch für klassische Händler sei es eine große Herausforderung.

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        Die Supermarkt-Betreiber wie Edeka oder Rewe haben also trotz des Jubiläums keine Zeit, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Sie sind längst dabei, sich neu zu erfinden: mit eigenen Online-Angeboten, aber auch mit neuen Ideen für künftige Läden.

        Der Supermarkt der Zukunft

        „Das Gesicht des Supermarkts wird sich verändern. Im Supermarkt der Zukunft werden frische Produkte eine viel größere Rolle spielen“, ist Gerling überzeugt. Denn Obst, Gemüse, Fleisch oder Käse wolle der Kunde sehen und erleben, bevor er sie kaufe.

        Die Marken hinter No-Name-Produkten

        Produzenten beliefern Supermärkte nicht nur mit ihren Premium-Produkten. Auch No-Name-Produkte kommen von Storck, Müller Milch und Co. Das Portal
        Produzenten beliefern Supermärkte nicht nur mit ihren Premium-Produkten. Auch No-Name-Produkte kommen von Storck, Müller Milch und Co. Das Portal © imago/blickwinkel | imago stock&people
        Von Müller Milch kommt vor allem der bekannte Milch Reis. Doch nicht nur das Markenprodukt stammt von dem bekannten Produzenten. Auch der Milchreis der Aldi-Marke Desira ist von Müller.
        Von Müller Milch kommt vor allem der bekannte Milch Reis. Doch nicht nur das Markenprodukt stammt von dem bekannten Produzenten. Auch der Milchreis der Aldi-Marke Desira ist von Müller. © imago/Schöning | imago stock&people
        Der Leibniz-Butterkeks: Nur echt mit 32 Zähnen? Weit gefehlt! Auch der Butterkeks von Choco Bistro (Aldi) kommt vom Hersteller Bahlsen.
        Der Leibniz-Butterkeks: Nur echt mit 32 Zähnen? Weit gefehlt! Auch der Butterkeks von Choco Bistro (Aldi) kommt vom Hersteller Bahlsen. © imago stock&people | imago stock&people
        Super Dickmann’s kommen von Storck. Das Pendant zum Markenprodukt ist bei Aldi Süd zu haben und heißt Choceur Riesen Schokoküsse.
        Super Dickmann’s kommen von Storck. Das Pendant zum Markenprodukt ist bei Aldi Süd zu haben und heißt Choceur Riesen Schokoküsse. © imago stock&people | imago stock&people
        Coppenrath und Wiese produzieren tiefgefrorene und gekühlte Kuchen und Torten. Darunter ist auch dieser Käsekuchen. Wer bei Kaufland den Käsekuchen der Marke Grotemeyer’s kauft, bekommt aber auch ein – meist günstigeres – Produkt aus dem Hause Coppenrath und Wiese.
        Coppenrath und Wiese produzieren tiefgefrorene und gekühlte Kuchen und Torten. Darunter ist auch dieser Käsekuchen. Wer bei Kaufland den Käsekuchen der Marke Grotemeyer’s kauft, bekommt aber auch ein – meist günstigeres – Produkt aus dem Hause Coppenrath und Wiese. © Coppenrath und Wiese | Coppenrath und Wiese
        Böklunder Würstchen sind in Supermärkten wie Edeka meist prominent in Regalen platziert. Wer etwas weiter unten schaut, könnte auch die Delikatess Schinkenwürstchen der Eigenmarke Gut und Günstig nehmen. Die kommen auch von Böklunder.
        Böklunder Würstchen sind in Supermärkten wie Edeka meist prominent in Regalen platziert. Wer etwas weiter unten schaut, könnte auch die Delikatess Schinkenwürstchen der Eigenmarke Gut und Günstig nehmen. Die kommen auch von Böklunder. © imago/Rüdiger Wölk | imago stock&people
        Die Firma Appel steht für Feinkostprodukte rund ums Thema Fisch. Bei Aldi Süd gibt es die Heringsfilets von Appel auch, allerdings in Dosen, auf denen der Markenname Armada steht.
        Die Firma Appel steht für Feinkostprodukte rund ums Thema Fisch. Bei Aldi Süd gibt es die Heringsfilets von Appel auch, allerdings in Dosen, auf denen der Markenname Armada steht. © imago/Rüdiger Wölk | imago stock&people
        Der Löwensenf aus Düsseldorf ist nicht nur in der Rheinmetropole bekannt und beliebt – teilweise auch untere anderem Markennamen. Bei Aldi Süd wird Echt Düsseldorfer Senf ohne den Zusatz Löwensenf verkauft. Das Produkt stammt aber vom selben Hersteller.
        Der Löwensenf aus Düsseldorf ist nicht nur in der Rheinmetropole bekannt und beliebt – teilweise auch untere anderem Markennamen. Bei Aldi Süd wird Echt Düsseldorfer Senf ohne den Zusatz Löwensenf verkauft. Das Produkt stammt aber vom selben Hersteller. © imago/Rüdiger Wölk | imago stock&people
        Meggle stellt neben Butter und Kräuterbutter auch Kräuterbaguettes zum Aufbacken her. Das Kräuterbaguette der Rewe-Marke ja! kommt ebenfalls von Meggle.
        Meggle stellt neben Butter und Kräuterbutter auch Kräuterbaguettes zum Aufbacken her. Das Kräuterbaguette der Rewe-Marke ja! kommt ebenfalls von Meggle. © Meggle | Meggle
        Der Fleischsalat von Homann wird unter vielen Markennamen verkauft. Neben Homann gibt es den Fleischsalat auch in Verpackungen mit den Aufschriften: Vitakrone Fleischsalat (Lidl), Wonnemeyer Fleischsalat (Aldi Süd), Fürstenkrone Fleischsalat (Netto).
        Der Fleischsalat von Homann wird unter vielen Markennamen verkauft. Neben Homann gibt es den Fleischsalat auch in Verpackungen mit den Aufschriften: Vitakrone Fleischsalat (Lidl), Wonnemeyer Fleischsalat (Aldi Süd), Fürstenkrone Fleischsalat (Netto). © Homann | Homann
        Die Firma Lambertz in Aachen produziert so ziemlich alles, was mit Lebkuchen und Spekulatius zu tun hat – so auch Lebkuchen-Herzen. Diese gibt es auch bei Lidl (Favorina Lebkuchen) und Aldi (Reichsgraf Lebkuchen).
        Die Firma Lambertz in Aachen produziert so ziemlich alles, was mit Lebkuchen und Spekulatius zu tun hat – so auch Lebkuchen-Herzen. Diese gibt es auch bei Lidl (Favorina Lebkuchen) und Aldi (Reichsgraf Lebkuchen). © imago/ZUMA Press | imago stock&people
        Nach all dem Essen tut ein Absacker ganz gut. Wie wäre es mit einem Kräuterschnaps von Underberg? Oder doch lieber ein Mümmelmann von Aldi? Beide kommen zumindest vom selben Hersteller.
        Nach all dem Essen tut ein Absacker ganz gut. Wie wäre es mit einem Kräuterschnaps von Underberg? Oder doch lieber ein Mümmelmann von Aldi? Beide kommen zumindest vom selben Hersteller. © imago stock&people | imago stock&people
        Die Firma Verpoorten verkauft unter anderem Eierlikör der Eigenmarke. Aber auch der Eierlikör der Marke Van Veen (Penny) und Gold Advocaat (Lidl) kommen von dort.
        Die Firma Verpoorten verkauft unter anderem Eierlikör der Eigenmarke. Aber auch der Eierlikör der Marke Van Veen (Penny) und Gold Advocaat (Lidl) kommen von dort. © imago/Rüdiger Wölk | imago stock&people
        Die Oettinger Brauerei ist eine der größten in Deutschland. Die Brauerei produziert aber auch für No-Name-Marken von Discountern. So stammt das Adelskronen Premium Pils von Penny auch von der Oettinger Brauerei. Stand aller Produkte: 20. März 2017.
        Die Oettinger Brauerei ist eine der größten in Deutschland. Die Brauerei produziert aber auch für No-Name-Marken von Discountern. So stammt das Adelskronen Premium Pils von Penny auch von der Oettinger Brauerei. Stand aller Produkte: 20. März 2017. © imago stock&people | imago stock&people
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        Andere Artikelgruppen würden dagegen in den Online-Bereich abwandern. „Wer will schon unbedingt Mineralwasserkästen oder Dosentomaten nach Hause schleppen.“ Stattdessen werde im Supermarkt der Zukunft die Gastronomie viel mehr Platz einnehmen, prognostiziert der EHI-Chef. Man werde nicht nur die Zutaten für eine Mahlzeit kaufen können, sondern gleich das fertige Essen. „Und man wird es auch vor Ort verzehren können, wenn man will.“ (dpa)