Der kalorienhaltige Snack wird zum Edelprodukt. Von Hamburg aus wollen Restaurantketten expandieren - auch ins Ausland.

Hamburg. Bei Curry Queen in Eppendorf verzichtet die Küche komplett auf Pommes. Bei der Currywurst Company kann sich der Kunde mit essbarem Blattgold auf der Wurst verwöhnen. Und Edelcurry serviert auf Wunsch eine Flasche Champagner für 55 Euro zum Fast-Food-Klassiker. Currywurst im Schimanski-Stil am umgebauten Wohnwagen aus der Hand zu pieken, umwabert von einer Fettwolke, das war gestern. Heute ist der Schweinefleischsnack vielerorts in die Spezialitäten-Ecke gerückt, edel und gut, und wird sogar von Spitzenköchen wie Christian Rach zubereitet.

In Hamburg haben mit Curry Queen, der Currywurst Company und Edelcurry gleich drei Wurstrestaurants dem Trend den Weg bereitet. Sie alle servieren statt fetttriefenden Würstchen mit Pommes Schranke (der rot-weiße Klassiker) kreative Menüs, auf Wunsch mit Bio-Fleisch, dazu Leckereien wie Trüffelmayonnaise oder Erdnusssauce - und sind damit so erfolgreich, dass sie kräftig expandieren oder sogar an die Börse gehen wollen, immer das Wachstum im Blick.

Neue Lokale stehen auch in Hamburg vor dem Start oder haben gerade eröffnet, am Zippelhaus (Curry Queen) und in den Colonnaden (Edelcurry). Die Currywurst Company hat sich ebenfalls zwei neue Standorte in 1a-Lagen gesichert, und eröffnet die Läden, die mit Tischen in Currywurstfarben ausgestattet sind, im nächsten Jahr.

"Die Currywurst kommt aus der Schmuddelecke heraus und wird in der Schnellgastronomie zum Trendthema", sagt Gregor Maihöfer, Geschäftsführer des Gaststättenverbands Dehoga Hamburg. Clevere Geschäftsideen mit individuellen Gewürzen, Porzellan statt Pappe und ein attraktives Ambiente sorgten für teilweise schwindelerregende Erfolge, vor allem in Hamburg und Berlin. Dem Gesundheitstrend zum Trotz. "Man kann sich noch so vorbildlich ernähren wollen, manchmal braucht man einfach eine Currywurst", findet Gastro-Experte Maihöfer. "Auch in den Kantinen ist die Currywurst seit Jahren das beliebteste Gericht", weiß Ralf Welz von der Currywurst Company. Der ehemalige Chef einer Computerkette hat sich 2008 mit seinem ersten Wurst-Restaurant am Mühlenkamp in Winterhude selbstständig gemacht und verzeichnet seither Umsatzzuwächse von flächenbereinigt zehn Prozent im Jahr. "Die Leute arbeiten viel und haben wenig Zeit zum Essen", begründet Welz den Trend. In seinen Läden verbrächten etliche Kunden nur zehn Minuten, die meisten kämen aus den umliegenden Büros, aber auch Handwerker gehörten zu der Kundschaft. Auch wenn er Bio- oder Geflügel-Currywurst im Sortiment hat, die meisten Gäste wählten nach wie vor das Original vom Schwein.

Welz hat den Namen Currywurst Company europaweit schützen lassen, und das nicht ohne Grund: "In Frankreich, Holland oder etwa auf Mallorca kann ich mir etliche weitere Standorte vorstellen", sagt der 43-Jährige und ist optimistisch, mit dem Expansionskonzept auch andere Investoren überzeugen zu können. "Die Story wäre auch etwas für die Börse", ist der Golfspieler überzeugt, der an entsprechenden Finanzierungsplänen feilt.

Auch Jörg Klatte, der mit dem "Edelcurry" schon 2007 das erste Hamburger Currywurstrestaurant eröffnete, feiert mit seinem Konzept rund um das kulinarische Kulturgut erfreuliche Erfolge. Nach der Eröffnung des Pionier-Ladens an den Großen Bleichen war der Medienrummel so groß, dass Kreuzfahrttouristen aus den USA das Captain's Dinner sausen ließen, um im ersten Currywurstrestaurant Deutschlands zu speisen - schließlich hatten sogar TV-Sender aus aller Welt über die Innovation berichtet.

Im Sommer eröffnete Klatte, früher Betreiber einer Fitnesskette, einen zweiten Grill an den Colonnaden und hat zum Start eines Franchise-Konzepts bereits eine prominente Unternehmerin gefunden: Er konnte die Profi-Boxerin Ina Menzer vom Edelcurry überzeugen. Nicht nur weil er die Pommes frisch aus rohen Kartoffeln zubereitet, sondern weil beide im gleichen Klub geboxt haben.

"Mit der Karriere nach der Karriere beschäftige ich mich schon seit Langem", sagt die Ex-Weltmeisterin Menzer. Bei Edelcurry sei sie sowohl vom Essen als auch von der Atmosphäre begeistert gewesen. Jetzt sucht sie nur noch eine geeignete Location in der Hansestadt, dann legt die Sportlerin mit ihrem eigenen Edelcurry los.

Mit Curry Queen haben sich die ehemaligen Musikmanager und Rammstein-Entdecker Bianka Habermann und Sascha Baseler ihren Lebenstraum verwirklicht - und damit sogar renommierte Gastro-Kritiker überzeugt. "Wir wurden gerade schon zum dritten Mal vom Gault Millau ausgezeichnet", sagte Bianka Habermann.

Passend dazu startet die Curry Queen ihre Expansion jetzt mit einem bundesweiten Rollout. Als Erstes eröffnen drei eigene Filialen in Süddeutschland, danach ist auch hier ein Franchisesystem geplant. Der erste Laden außerhalb Hamburgs startet in München voraussichtlich im Frühjahr 2012 und hat ein integriertes Schulungszentrum für Franchisenehmer, die dort lernen werden, wie die Currywurst aus Lammfleisch, vom Ibérico-Schwein oder gar von massierten Rindern am leckersten zubereitet wird. Eine dankbare Zielgruppe haben Habermann und Baseler auch unter den Studenten entdeckt. In Karlsruhe gibt es bereits seit über einem Jahr den Curry Queen "College Point" in der Unimensa. 2012 sind nun auch weitere "College Points" an Universitäten in Deutschland geplant. Die Begeisterung der beiden sympathischen Betreiber für die ehemalige Arbeiterspeise reicht übrigens so weit, dass sie ein "Hamburger Gourmet Wurst Festival" ins Leben gerufen haben - die Eintrittskarten sind regelmäßig ausverkauft.

Übrigens ist auch Ralf Welz von der Currywurst Company ein echter Überzeugungstäter. "Ich esse jeden Tag eine Portion, manchmal drei", verrät der Vater von zwei Kindern dem Abendblatt. Der Genuss kommt bei ihm offenbar sogar noch vor dem Geldverdienen: "Wenn ich mal irgendwann keine Currywurst mehr essen könnte, würde ich den Laden verkaufen."