Berlin. Bis 2021 werden Sozialleistungen die Billionen-Grenze überschreiten. Arbeitgeber warnen jetzt bereits vor Verluste durch hohe Kosten.

Mehr Geld für Rente, Gesundheit oder Pflege: Die Sozialausgaben in Deutschland steigen deutlich schneller, als die Wirtschaft wächst. Das zeigt der neue Sozialbericht von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), den sie kommende Woche dem Kabinett vorlegen will. Danach erhöhten sich die Sozialleistungen 2016 um 3,7 Prozent auf 918 Milliarden Euro – die Gesamtwirtschaft legte nur um 1,9 Prozent zu. Bis 2021 dürften die Ausgaben für Sozialleistungen demnach sogar die Grenze von einer Billion deutlich überschreiten.

Noch bleiben die Beiträge für die Sozialversicherung trotzdem weitgehend stabil – dank der guten Beschäftigungslage, die auch die Sozialkassen füllt. Doch die Sorge vor steigenden Kosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wächst: Die Arbeitgeberverbände (BDA) warnen jetzt bereits vor einer langfristigen Ausweitung der Beitragslasten, die zu massiven Jobverlusten führen würde.

Rund 600.000 Arbeitsplätze sind nach der Berechnung in Gefahr

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    Nach einer am Mittwoch vorgestellten Studie des Prognos-Instituts im Auftrag der Arbeitgeber steigen die Beitragssätze in den zentralen Zweigen der Sozialversicherung von heute insgesamt 39,95 auf 48,8 Prozent im Jahr 2040 – wenn die Politik nicht gegensteuert. Gut die Hälfte davon trägt der Arbeitnehmer, den Rest der Arbeitgeber.

    Würden sogar neue Wahlversprechen eingelöst wie der Ausbau der Mütterrente (Vorschlag der CSU) oder die Stabilisierung des Rentenniveaus (Forderung unter anderem der SPD), dann könnten die Beitragslasten noch deutlich stärker zunehmen – nach dem Szenario auf 55,5 Prozent 2040. Laut Prognos-Berechnungen würden damit rund 600.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Weniger schädlich wäre es laut Studie, den Kostenanstieg in der Sozialversicherung mit Steuermitteln zu finanzieren.

    Arbeitgeber: Beitragshöhe und Beschäftigung stehen in Zusammenhang

    BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter forderte von der Politik die Rückkehr zum Konsens, dass die Sozialbeiträge nicht die Obergrenze von 40 Prozent überschreiten dürfen. Die größte Herausforderung sei dabei nicht die Renten-, sondern die Krankenversicherung. Kampeter sagte: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen Beitragshöhe und Beschäftigung – wer das ignoriert, spricht eine Einladung zur Auslagerung von Beschäftigung ins Ausland aus.“

    Die Warnung klingt bekannt: Anfang des Jahrtausends wurde in Deutschland angesichts von Wachstumsschwäche und hoher Arbeitslosigkeit eine heftige Debatte um die Lohnnebenkosten geführt – mit mehreren Sozialreformen gelang es, die Abgaben von 42 auf unter 40 Prozent zu drücken. Auch dieser Umstand trug dazu bei, dass sich die Wirtschaft rasch erholte.

    Mit der Studie wollte der BDA belegen, dass auch in Zeiten von Fachkräftemangel höhere Sozialbeiträge beschäftigungsschädlich sind.