Brüssel. Die EU will europäische Banken mit einer gemeinsamen Initiative von Problemschulden befreien. Es geht um rund 1000 Milliarden Euro.

Europas Banken sitzen auf rund 1000 Milliarden Euro fauler Kredite – Geld, das sie verliehen haben und wohl kaum mehr zurückbekommen werden. Im Branchen-Jargon heißen sie „non-performing loans“ (NPL) – also faule Kredite. Das klingt weniger anrüchig, macht die Sache aber nicht besser: Die Schrottkredite schwächen die Banken und damit die Anschubkraft für Wachstum und Jobs. Ein „Aktionsplan“ der Europäischen Union soll nun Abhilfe schaffen.

„Wir müssen die Risiken abbauen“, verlangt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der das Thema am Dienstag mit seinen EU-Kollegen erörterte. Die NPL sind eine hässliche Schleifspur aus der Zeit heißgelaufener Finanzmärkte, die in die große Krise nach 2008 mündeten.

Die faulen Kredite sind nur ansatzweise abgebaut

Damals überboten sich die Institute mit einfallsreichen Produkten, die zwar sehr renditeträchtig aussahen, aber nicht hinreichend abgesichert waren. In den Büchern der risikofreudigen Bankhäuser landeten immer höhere Forderungen ohne realistische Chance, jemals eingetrieben zu werden. Die staatliche Aufsicht erwies sich als überfordert.

Der Abbau der Altlast NPL ist bislang nur ansatzweise gelungen. 2006 waren nach Daten der Weltbank nur zwei Prozent aller Kreditforderungen in der Europäischen Union notleidend. 2012/13, auf dem Höhepunkt der Krise, waren es sieben Prozent, in der Eurozone sogar acht Prozent. Ende 2016 war die Alarmquote in der EU zwar auf 5,1 Prozent zurückgegangen. Besonders in den südlichen Mitgliedstaaten liegt der Wert aber nach wie vor dramatisch höher: In Griechenland beträgt er 46 Prozent, in Zypern 45, in Portugal 19,5 und in Italien 15,3 Prozent.

Die EU-Staaten sollen eng zusammenarbeiten

Dem will die EU nun mehr Gemeinsamkeit entgegensetzen. „Bei dieser Frage muss grenzüberschreitend vorgegangen werden“, meint Estlands Finanzminister Toomas Toniste, der die Sitzung des Ministerrats leitete. Die Zusammenarbeit soll sich auf alle Aspekte des Problems erstrecken, unter anderem auf eine strengere Aufsicht, die Verfahren der Schuldeneintreibung, die jeweilige Insolvenzordnung und die Entwicklung eines Sekundärmarktes, in dem wacklige Schuldtitel gehandelt werden können.

„Dieser Aktionsplan wird uns einerseits helfen, mit der Hinterlassenschaft der Krise fertig zu werden, und auf der anderen verhindern, dass sich in der Zukunft wieder NPL aufhäufen“, erläutert Valdis Dombrovskis, in der Brüsseler EU-Kommission zuständiger Vizepräsident für die Finanzpolitik. Einzelheiten müssen erst noch ausgearbeitet werden, unter anderem von der Abteilung Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank und der EU-Bankenbehörde EBA. Die Brüsseler EU-Kommission bekam den Auftrag, ein Konzept für die Einrichtung sogenannter Bad Banks auf Ebene der Mitgliedstaaten zu entwerfen. Diese sollen die NPL übernehmen und den Handel damit in Gang bringen.

Eine gemeinsame europäische Bad Bank wird es nicht geben

Die Idee einer gemeinsamen europäischen Bad Bank ist hingegen wieder vom Tisch. „Das würde missverstanden werden als der Versuch, die Lasten der Bankensanierung in Europa zu vergemeinschaften“, argumentiert Schäuble. „Die meisten haben eingesehen, dass es besser ist, wir schaffen einen europäischen Markt und damit Transparenz für non-performing loans.“

Auch sonst macht sich Schäuble für ein differenziertes Vorgehen stark und warnt vor Markterschütterungen durch radikale Maßnahmen. „Dort wo wir ein hohes Maß an NPL in Banken haben, muss man beim Abbau auch so klug damit umgehen, dass daraus nicht Verwerfungen entstehen.“

Schäuble mahnt frühere Kontrollen an

Im Übrigen sind zügigere Kontrollen aus Schäubles Sicht wichtig. „Die Aufsichtsbehörden müssen frühzeitig und konsequent handeln.“ Daneben stünden auch die Geldhäuser selbst in der Verantwortung. Es gehe nicht, dass Banker Produkte verkaufen, die sie niemals in ihr privates Portfolio nehmen würden.