Valencia. Spanische Landwirte kämpfen gegen den Preisverfall bei Orangen. Manche bauen anderes Obst an, andere umgehen die alten Handelsketten.

Winterzeit ist Orangenzeit. Die meisten Apfelsinen, die jetzt in Nordeuropa angeboten werden, kommen aus Spanien. Doch die Bauern kämpfen mit sinkenden Erzeugerpreisen. Handelsketten verschleudern die Früchte zu Dumpingpreisen. Der Anbau lohnt sich nicht mehr, Landwirte geben auf. Eine exotische Frucht, deren Aussehen an eine Tomate erinnert und die nach Birne und Aprikose schmeckt, könnte sie nun retten: die Kaki.

Millionen Zitrusbäume wachsen in Spaniens Orangenregion Valencia. Im Frühjahr weht der süßliche Duft der Blüten durch die Dörfer, daher stammt auch der Name dieses Landstrichs – Costa del Azahar, Orangenblütenküste. Die Mittelmeerregion ist Europas größter Apfelsinengarten. Bei 3000 Sonnenstunden im Jahr und milden Wintern herrschen ideale Anbaubedingungen. Weit über drei Millionen Tonnen Früchte werden pro Jahr geerntet.

Überproduktion und Konkurrenz lassen die Preise fallen

Lange Zeit lebten die spanischen Orangenbauern gut von ihren Früchten. Immer mehr Felder haben sie mit den immergrünen Bäumen bepflanzt. Zwei Drittel des Ackerlandes in Valencia sind Orangen- und Mandarinengärten. Doch die goldenen Zeiten sind vorbei. Überproduktion und Konkurrenz aus Ägypten, Italien, Marokko und Südafrika lassen die Preise verfallen. Auch die meisten Supermarkt-Orangensäfte werden nicht mehr aus spanischen, sondern aus brasilianischen Apfelsinen hergestellt.

An immer mehr Orangenbäumen rund um Valencia bleiben die Früchte hängen, Bauern geben ihre Plantagen auf. Die Früchte fallen zu Boden und verfaulen. Seit 2005 schrumpfte die Anbaufläche um ein Fünftel. „Wir können die Ernte nicht für weniger Geld verkaufen, als wir für die Produktion bezahlen“, sagt ein Sprecher des Bauernverbandes AVA. „Die Erzeuger bekommen heute für ihre Apfelsinen kaum mehr Geld als vor 20 Jahren.“ Zehn bis 20 Cent bringe das Kilo Orangen nur noch für den Erzeuger. Im Supermarkt werden sie oft schon für weniger als einen Euro pro Kilo angeboten.

Elena Cebrían, Landwirtschaftsministerin der Region Valencia, spricht nicht von einer Krise, sondern von einer Transformation: „Wir müssen die Herausforderungen als Chance sehen.“ Etwa um sich an neue Wünsche der Verbraucher anzupassen. Dazu gehören exotische Früchte wie Kakis, deren Nachfrage steil ansteigt.

Entsprechend reißen die Fincabesitzer an der spanischen Ostküste zunehmend ihre Apfelsinenbäume aus dem Boden und pflanzen Kaki-Gewächse. Eine „Kaki-Revolution“ überrolle momentan die Region, titelte Spaniens größte Zeitung „El País“. Diese ebenfalls vitaminreichen Früchte bringen den Produzenten deutlich mehr Geld ein: Für ein Kilo Kakis können sie 40 bis 50 Cent erwarten.

Landwirte verkaufen Orangen direkt an die Verbraucher

Nicht alle Landwirte gehen diesen Weg. Andere versuchen den Handel auszutricksen. Sie verkaufen ihre Orangen via Internet direkt an Verbraucher, bei denen die Früchte europaweit binnen weniger Tage ankommen. Die Ware, die mit grünen Blättern ausgeliefert wird, ist frisch. „Direkt vom Baum bis zur Tür des Kunden“, werben Plantagenbesitzer wie Vicente Cardona.

Eine junge Bio-Kooperative in der valencianischen Kleinstadt Bétera lässt Kunden eigene Orangenbäume pflanzen und später die Früchte selbst ernten. Online können sie das Wachstum verfolgen. „Wir sind die Bauern des 21. Jahrhunderts“, werben die Brüder Gonzalo und Gabriel Úrculo für ihre Idee. Gut 2000 Kunden, viele aus dem deutschsprachigen Raum, erwarben so bereits auf der Finca El Carmen ihre kleine Apfelsinenproduktion. Jeder von einem Privatabnehmer adoptierte Baum bekommt ein hölzernes Namensschild. So sprießt nun vor den Toren Valencias ein internationaler Obstgarten, in dem Bio-Orangenbäume namens Marga oder Gerd in den blauen Himmel wachsen.