Berlin. Die Versorger geben niedrige Importpreise von Gas nicht in vollem Umfang an deutsche Privathaushalte weiter, heißt es in einer Studie.

Die Gaspreise stehen im internationalen Handel seit Jahren unter Druck. Allein in Deutschland sind die Importpreise seit 2014 um 50 Prozent gesunken. Dennoch geben die Versorger die Nachlässe offenbar nicht in vollem Umfang an die Verbraucher weiter. Nach einer Studie des Forschungsbüros EnergyComment, die dieser Zeitung vorliegt, wurden die Haushalte seit 2014 um 114 Euro weniger entlastet, als möglich gewesen wäre.

Zugrunde gelegt wurde dabei ein typischer Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr (kWh). Insgesamt zahlten die Haushalte nach einer Hochrechnung des Verbraucherportals Veri­vox zwischen 2014 und 2016 damit 1,4 Milliarden Euro zu viel für ihr Gas.

Verbraucher zahlen 312 Millionen Euro zu viel

Allerdings ist ein Umdenken in der Branche zu bemerken. Während der Großhandel 2014 von 104 Euro Einsparungen nur 20 Euro an die Verbraucher weiterleitete, kamen 2015 bei den Privathaushalten schon 28 Euro von den bei der Beschaffung eingesparten 34 Euro an.

In diesem Jahr sparte der Großhandel der Studie zufolge, die im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen entstand, insgesamt 94 Euro für die Versorgung eines typischen Haushaltes ein, wovon 70 Euro weitergeleitet wurden. Damit bezahlten die Verbraucher 2016 laut Verivox insgesamt 312 Millionen Euro zu viel, mit Mehrwertsteuer waren es sogar 371 Millionen Euro.

Verbraucher können weitere Preissenkungen 2017 erwarten

„Der Trend bei der Preissenkungen in den letzten beiden Jahren ist erfreulich und ein Anfang“, bewertet Bärbel Höhn (Grüne), Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestags, die Entwicklung. „Aber die stark gesunkenen Einkaufspreise beim Gas sind immer noch nicht gänzlich bei den privaten Haushalten angekommen.“ Als Verbraucher könne man deswegen weitere Preissenkungen 2017 erwarten.

Erdgas ist für die Bundesbürger die wichtigste Energiequelle zur Wärmeversorgung. Fast jede zweite (49,3 Prozent) der rund 41 Millionen Wohnungen wird mit Gas beheizt. Gut jeder Vierte (26,5 Prozent) wärmt seine vier Wände mit Heizöl, 13,6 Prozent nutzen Fernwärme, 6,1 Prozent Holz oder Kohle und 2,8 Prozent Strom.

Dabei dürfen die Verbraucher weiter auf eine vergleichsweise günstige Versorgung setzen. Denn die Lage an den Energiemärkten bleibt entspannt. Die Beschaffungspreise der deutschen Gasimporteure und Gashändler hat sich der Studie zufolge vom ersten Halbjahr 2015 bis zum zweiten Halbjahr 2016 um durchschnittlich 30 Prozent auf 1,5 Cent/kWh vergünstigt. Angesichts des weltweit hohen Gasangebots rechnet Steffen Bukold, Leiter von EnergyComment, auch in den nächsten Jahren mit niedrigen Gaspreisen.

Gasimportpreise sind seit 2012 um 45 Prozent gesunken

Deutlich stärker profitiert von den gesunkenen Gaspreisen die Industrie. Vergleicht man die Entwicklung seit 2012, sind die Gasimportpreise seither um 45 Prozent gesunken. Während die Industrie heute 25 Prozent weniger für Gas bezahlt, schlägt die Vergünstigung bei Privatleuten nur mit drei Prozent zu Buche.

Auch regional gibt es Unterschiede. Dies ist vor allem auf die Höhe der Netzkosten zurückzuführen, die in Großstädten günstiger sind als in weniger dicht besiedelten Flächenländern. So lagen die Gaspreise in Berlin (5,5 Cent/kWh), Hamburg (5,37) und Bremen (5,76) am niedrigsten. Die höchsten Preise wurden im Saarland (6,94), Nordrhein-Westfalen (6,27) und in Ostdeutschland bezahlt.

Doch auch in teureren Regionen können viele Kunden durch Anbieterwechsel oftmals Kosten einsparen, sagt der Energieexperte Bukold. In der Regel könnten Verbraucher heute zwischen 60 und 80 Gaslieferanten wählen. Der Wechsel sei unkompliziert, ein Preisvergleich lohne sich, so Bukold: Für Januar 2017 haben mehr als 270 Anbieter Tarifsenkungen angekündigt.