Frankfurt a.M. Der Euro war zuletzt 2002 weniger als der Dollar wert. Wegen Spekulationen um die US-Leitzinsen ist er nun wieder auf ähnlichem Level.

Spekulationen auf rasche Zinserhöhungen in den USA haben den Euro am Donnerstag auf ein 14-Jahres-Tief zum Dollar gedrückt. Da ein schwächerer Euro Waren europäischer Firmen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger macht, stieg der Dax zeitweise auf 11.387,11 Punkte, den höchsten Stand seit etwa einem Jahr. Am Abend lag er noch 1,1 Prozent im Plus bei 11.366,40 Zählern. Der EuroStoxx50 schloss 1,3 Prozent höher bei 3252,38 Punkten.

Thanos Bardas, leitender Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter Neuberger Berman, bezeichnete die Anhebung des Leitzinses um 25 Basispunkte durch die Notenbank Fed als „unbeschwerte Erhöhung“. „Sie spiegelt den Beginn des Aufschwungs in den USA wider.“ Für 2017 signalisierte die Fed drei weitere Schritte – einen mehr als bislang erwartet. Börsianer ließen sich davon aber nicht beirren. „Ich bezweifle, dass die Fed die Zinsen nächstes Jahr wirklich drei Mal anheben kann“, sagte Daisuke Karakama, Chef-Marktanalyst der Mizuho Bank. Im laufenden Jahr habe sie schließlich statt der geplanten vier Mal nur ein Mal gehandelt.

Aus diesem Grund standen auch an der Wall Street die Zeichen auf Kauf: Der US-Standardwerteindex Dow Jones gewann 0,8 Prozent und blieb damit weniger als 50 Stellen unter der psychologisch wichtigen 20.000er Marke.

Euro nimmt Kurs auf Parität

Der Euro verbilligte sich auf bei zu 1,0392 Dollar und lag damit etwa zweieinhalb US-Cent unter dem Niveau unmittelbar vor der US-Zinsentscheidung vom Mittwochabend. Wenn die Gemeinschaftswährung auf diesem Niveau aus dem Handel gehe, sei das nächste Ziel die Parität, prognostizierte Helaba-Analyst Ulrich Wortberg. Der Euro hat zuletzt 2002 weniger als einen US-Dollar gekostet.

Kurz erklärt: Der Leitzins

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    Wegen der Aussicht auf steigende Zinsen warfen Investoren bereits gehandelte, niedrig verzinste US-Bonds aus ihren Depots. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 2,641 Prozent. Dieser Entwicklung konnten sich die vergleichbaren Bundesanleihen nicht entziehen. Sie rentierten bei 0,359 Prozent nach 0,306 Prozent am Mittwoch.

    Druck auf Schwellenländer nimmt zu

    Dies seien keine guten Nachrichten für Schwellenländer, betonte Anthony Doyle, Anleihe-Experte beim Vermögensverwalter M&G. „Sobald Anlagen in den USA wieder attraktiver werden, könnten Anleger weltweit ihr dortiges Engagement überdenken. Allerdings haben die Regierungen vieler Schwellenländer große Anstrengungen unternommen, um ihre Märkte von Kapitalabflüssen unabhängiger zu machen.“

    In Mexiko erwarteten Börsianer als Reaktion auf die Fed eine Zinserhöhung um ebenfalls 25 Basispunkte auf 5,5 Prozent. Die dortige Währung war in den vergangenen Monaten unter die Räder geraten, weil der künftige US-Präsident Donald Trump wiederholt Front gegen Billig-Importe aus dem Nachbarland gemacht hatte. Am Donnerstag blieb der Dollar mit 20,612 Peso auf Tuchfühlung mit seinem Rekordhoch.

    Immobilienwerte im Minus

    Am Aktienmarkt deckten sich Investoren vor allem mit Finanzwerten ein, die zu den Profiteuren steigender Zinsen zählen. Deutsche Bank und Commerzbank legten bis zu 5,4 Prozent zu. Der europäische Banken-Index gewann 2,5 Prozent und sein US-Pendant rückte zwei Prozent vor. Italienische Institute zogen im Schnitt sogar um 4,4 Prozent. Investoren seien erleichtert, dass die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen könne. Außerdem will der Staat Insidern zufolge seinen kriselnden Geldhäusern mit bis zu 15 Milliarden Euro unter die Arme greifen. Vonovia und Deutsche Wohnen büßten dagegen jeweils mehr als zwei Prozent ein. Die Immobilienwerte litten unter Spekulationen auf steigende Hypothekenzinsen.

    An der New Yorker Börse legten Mondelez 6,2 Prozent zu. Medienberichten zufolge hat der Lebensmittelkonzern Kraft Heinz ein Auge auf den „Milka“-Macher geworfen. Kraft-Titel legten 1,3 Prozent zu. (rtr)