Berlin. Sigmar Gabriel will den Verkauf von Kaiser’s Tengelmann an Edeka genehmigen. Wir zeigen, was das für Handel und Kunden bedeutet.

Achteinhalb Monate hat sich Sigmar Gabriel (SPD) Zeit gelassen mit der Entscheidung: Doch jetzt hat der Bundeswirtschaftsminister den Weg für die Übernahme der Supermarktkette Kaisers’s Tengelmann durch Edeka freigemacht – wenn Deutschlands größter Lebensmittelhändler den Erhalt von 97 Prozent aller Arbeitsplätze garantiert.

Worum geht es eigentlich?

Die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann schreibt seit Jahren rote Zahlen. Insgesamt sollen sich die Verluste seit der Jahrtausendwende auf mehr als 500 Millionen Euro summieren. Der Eigentümer, die Unternehmerfamilie Haub, will deshalb einen Schlussstrich ziehen und die rund 450 Geschäfte an Edeka verkaufen. Doch das Bundeskartellamt hat den Zusammenschluss aus Sorge um den Wettbewerb untersagt. Dieses Verbot will Gabriel jetzt mit seiner Ministererlaubnis aufheben.

Warum wollte das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagen?

Edeka ist schon heute mit Abstand Deutschlands größter Lebensmittelhändler. Die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann würde diese Position zementieren. Das Bundeskartellamt befürchtet deshalb Preiserhöhungen und weniger Wettbewerb.

Und warum will Gabriel trotzdem grünes Licht für die Fusion geben?

Dem sozialdemokratischen Bundeswirtschaftsminister geht es vor allem um den Erhalt der 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub hatte wiederholt gedroht, bei einem Scheitern des Komplettverkaufs an Edeka und der dann drohenden Zerschlagung würde mindestens die Hälfte der Arbeitsplätze vernichtet.

Wie will der Bundeswirtschaftsminister die Stellen sichern?

Gabriel stellt harte Bedingungen für die Erteilung der Ministererlaubnis. So muss Edeka garantieren, dass 97 Prozent der 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann mindestens für fünf Jahre sicher sind und die Mitarbeiter tariflich bezahlt werden. Erst nach Abschluss entsprechender Tarifverträge darf die Fusion vollzogen werden.

Was sagen die Unternehmen dazu?

Edeka und Kaiser’s Tengelmann sind offenbar trotz aller Auflagen froh, in letzter Minute noch grünes Licht für ihre Pläne bekommen zu haben. Schließlich hatte sich neben dem Bundeskartellamt auch die Monopolkommission gegen einen Zusammenschluss ausgesprochen. „Die heutige Entscheidung sichert 16.000 Arbeitsplätze“, betonten sie in gleichlautenden Erklärungen und kündigten an, nun „so schnell wie möglich“ die vorgegebenen Bedingungen angehen zu wollen.

Und die Arbeitnehmer?

Auch die Gewerkschaft Verdi zeigte sich sehr zufrieden mit Gabriels Entscheidung. Die Anforderungen des Ministers gingen weit über das hinaus, was Kaiser’s Tengelmann und Edeka ursprünglich geplant hätten. „Für die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten bedeutet das den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, der Betriebsratsstrukturen und der Tarifbindung“, hieß es in einer Mitteilung der Gewerkschaft.

Gab es auch Kritik an der Entscheidung?

Oh ja. Der Vorsitzende der Monopolkommission sprach von einer „Entscheidung zulasten des Wettbewerbs“. Der Minister habe sich nur auf den Arbeitsplatzerhalt konzentriert und gar nicht den Versuch gemacht, die Folgen des Zusammenschlusses für den Wettbewerb abzumildern. Dabei äußerte Zimmer Zweifel, ob die Entscheidung langfristig wirklich zu mehr Beschäftigung führe als andere Lösungen.

Und was bedeutet der Zusammenschluss für den Verbraucher?

Das ist umstritten. Der Vorsitzende der Monopolkommission Zimmer geht davon aus, dass durch den Zusammenschluss der Wettbewerb an einer ganzen Reihe von Standorten geschwächt wird. „Es fallen Alternativen weg. Damit dürften steigende Preise und eine verringerte Auswahl für die Kunden einhergehen“, meint er.

Andere Handelsexperten sehen das gelassener. So glaubt Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, dass der Zusammenschluss kaum Auswirkungen auf den Wettbewerb haben wird. Für die Lieferanten mache es überhaupt keinen Unterschied, denn Edeka sei heute schon übermächtig als Abnehmer. Und auch für die Verbraucher sei der Unterschied gering. „Man sollte das nicht überbewerten. Denn Tengelmann war kein Preisführer. Die Kette war gar nicht stark genug, die Wettbewerber zu Preissenkungen zu zwingen.“ (dpa)