Die Landesbank HSH Nordbank reduziert den Kreditbestand in der Schifffahrt. Die regionalen Unternehmen fürchten um ihre Existenz.

Hamburg. Am amerikanischen Immobilienmarkt hat die Krise der HSH Nordbank im Jahr 2008 begonnen, jetzt schlagen die Folgen voll auf die regionale Schifffahrt in Norddeutschland durch. Die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein reduziert ihren Kreditbestand im Schiffsgeschäft von derzeit mehr als 30 Milliarden Euro um rund acht Milliarden Euro. Dies gehört zur Neuausrichtung der Bank, die durch Fehlspekulationen im Zuge der Weltfinanzmarktkrise in ihrer Existenz bedroht war.

Für etliche norddeutsche - überwiegend mittelständische - Reedereien bedeutet die Auslagerung von Krediten in eine sogenannte Abbaubank, dass auslaufende Schiffsfinanzierungen von der HSH Nordbank nicht mehr verlängert werden. Die Reedereien müssen sich Kredite bei anderen Banken organisieren - oder aber sie drohen ihre Schiffe durch Zwangsversteigerungen zu verlieren. "Ein Teil unserer Kunden muss verstehen, dass Verträge endlich sind", sagte Christian Buchholz, Sprecher der HSH Nordbank für die Schifffahrt, dem Abendblatt.

Derweil baut die HSH Nordbank Druck auf die betroffenen Reeder auf, sich neue Kreditfinanzierungen bei anderen Instituten zu verschaffen. Dies aber, sagte ein Experte für Schiffsfinanzierungen dem Abendblatt, sei bei der gegenwärtigen Marktlage "praktisch unmöglich". Zwangsversteigerungen sind zwar offenbar nicht das Ziel der HSH Nordbank, aber dennoch das verfügbare letzte Mittel: "Wir wollen mit unseren Kunden in der Regel immer gemeinsam eine Lösung finden", sagte HSH-Sprecher Buchholz. "Das bedeutet, Zwangsversteigerungen möglichst zu vermeiden, denn sie sind auch nicht in unserem Sinne. Sie drücken den Marktwert des Schiffsbestandes und bringen zusätzliche Unruhe in den Markt. Es geht auch darum, dass die Schiffseigner mehr Eigenkapital beibringen. Vielfach ist dies möglich."

Ihre Strategie machte die HSH bei einem Treffen mit ihren Kunden jüngst in Stade deutlich. Direkt am Hafen hatte die Bank zu einem Informationsabend bei der Steuerberaterkanzlei Gooßen & Heuermann geladen. Gekommen waren rund 40 Gäste aus der Schifffahrtsbranche. Spätestens beim Abschied dürfte vielen von ihnen klar gewesen sein, dass die Zukunft bei der Landesbank nun zumindest offen ist.

Seitdem geht bei den Reedereien an der Unterelbe die Angst um. "Da kommt eine Lawine auf uns zu", sagte Petra Heinrich, die die Reederei Heinrich in Jork führt, dem Abendblatt. Die 46-Jährige ist die Vorsitzende des Anfang Mai gegründeten Reedervereins Unterelbe, dem derzeit 41 Unternehmen mit 340 Schiffen angehören. Viele von ihnen fürchten um ihre Existenz.

"Die ersten Unternehmen wurden bereits von der HSH Nordbank schriftlich benachrichtigt, dass ihre Finanzierungen nun in die Abbaubank ausgelagert werden. Andere erhielten nur einen Anruf", sagte Heinrich. Nach einer Frist von einem oder zwei Jahren droht den Reedereien nun die finanzielle Grundlage wegzubrechen. "Nach welchen Kriterien dabei vorgegangen wird, ist uns nicht klar", sagte die Reederin. Denn es seien auch Schiffe betroffen, bei denen dank guter Charterraten Zins und Tilgung weiterbezahlt werden.

Entscheidend ist, dass die Bank laut Vertrag bereits fahrende Schiffe selbst verkaufen kann, wenn die Reeder ihre Zahlungen nicht leisten können, oder der Wert des Schiffes als Sicherheit für den vergebenen Kredit nicht mehr ausreicht. Für die Bank wäre in einem solchen Fall ein Verkaufserlös in Höhe des Darlehens ausreichend. Für den Reeder bliebe dann nichts. Sein eingebrachtes Eigenkapital wäre verloren, das Unternehmen stünde vor dem Aus.

Insgesamt geht es allein bei den Unternehmen in dem neu gegründeten Verein um HSH-Kredite von 1,5 Milliarden Euro. Betroffen wären mitsamt den deutschen Offizieren und Kapitänen an Bord deutlich mehr als 1000 Arbeitsplätze. "Wir hatten darauf gehofft, dass uns die HSH Bank über die nächsten zwei bis drei Jahre unterstützt und uns so über das Ratentief hinwegbringt. Aber die Bank geht diesen Weg nicht mit", sagte Heinrich. Für sie steht das klar im Gegensatz zum Auftrag der Bank, "mittelständische Firmenstrukturen in Norddeutschland zu erhalten".

Verloren geht bei einer Zwangsversteigerung nicht nur das Eigenkapital der Reederei, sondern auch das von Anlegern, die sich über Schiffsfonds von Emissionshäusern finanziell an den Frachtern beteiligt haben. Dieser sogenannte KG-Markt war als System zur Kapitalsammlung bis zur Krise speziell in Deutschland extrem ausgeprägt. "Die HSH Nordbank gibt nicht schlechtes, sondern gutes Geschäft in die Abbaubank. Denn die wirklich schlechten Fälle - große Schiffsfinanzierungen an den internationalen Märkten - traut man sich nicht abzuschreiben", sagte der Geschäftsführer eines Hamburger Emissionshauses dem Abendblatt.

Auch beim Verband Deutscher Reeder (VDR) ist die Gefahr erkannt. "Wir sind in Sorge gerade um die kleinen mittelständischen Reeder, die eine ganz wichtige Struktur des deutschen Schifffahrtstandortes bilden", sagte VDR-Geschäftsführerin Uta Ordemann gestern dem Abendblatt. "Gerade Unternehmen mit drei bis acht Schiffen haben es sehr schwer." Die Hilfe der Banken dürfe aber nicht schon vor dem Ende der Krise aufhören. Der Verband will nun die Wirtschaftsminister und Senatoren in den Küstenländern informieren und auch an den Martiminen Koordinator der Bundesregierung, Hans-Joachim Otto (FDP), schreiben.