Kunden sollen lange warten, bis ihnen die zustehenden Bearbeitungsgebühren für Kredite zurückgezahlt werden. Alternativ bietet die Sparkasse eine Sofortzahlung an - und spart sich die Hälfte.

Hamburg. Dirk Löchner* hatte in den vergangenen Wochen einen „fragwürdigen Job“, wie er sagt. Bei Haspa-Direkt, einem Tochterunternehmen der Hamburger Sparkasse, sollte er Kunden anrufen, die ihre Bearbeitungsgebühren für Kredite aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) zurückgefordert hatten. Häufig waren das einige hundert Euro. „Wir haben den Leuten das Angebot unterbreitet, das Geld sofort zu überweisen, wenn sie auf die Hälfte ihrer Forderung verzichten“, sagt Löchner, der zusammen mit anderen als Zeitarbeiter für die Aktion extra angeheuert wurde.

Die Anleitung, wie man die Kunden dafür gewinnt, findet sich in einem Telefonleitfaden, der dem Abendblatt vorliegt. Nachdem erläutert wurde, dass sich die Bearbeitung noch einige Zeit hinziehen wird, kam das Angebot: „Alternativ haben Sie die Möglichkeit, sich für eine sofortige Einmalzahlung zu entscheiden.“ Geboten wurde die Hälfte der Forderung. Wer zögerte, bekam ein höheres Angebot von bis zu 75 Prozent. Da es sich bei diesem Angebot um eine Art Vergleich handelte, verzichteten die Kunden auf den Rest ihrer Forderung. „Schon am ersten Tag hatten wir für die Haspa 10.000 Euro eingespart“, sagt Löchner.

Die Haspa bestätigt das Vorgehen. „Da leider mit längeren Bearbeitungsgebühren zu rechnen ist, haben wir den Kunden die Möglichkeit angeboten, sofort eine Gutschrift zu erhalten“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Das Echo der Kunden auf dieses Angebot sei positiv gewesen. Die Verbraucherschützer haben andere Erfahrungen gemacht. „Bei uns haben sich viele Haspa-Kunden beschwert“, sagt Hjördis Christiansen von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Wir kennen keine andere Bank, die ein solches Verfahren praktiziert hat.“ Rechtlich handele es sich um ein Vergleichsangebot. „Das ist zulässig, der Kunde muss aber nicht darauf eingehen“, sagt die Kreditexpertin. „Dennoch zeigt das Vorgehen der Haspa ein seltsames Rechtsverständnis. Es ist bei einem so eindeutigen BGH-Urteil nicht akzeptabel, auf Kosten der Kunden noch Geld sparen zu wollen.“

Für die Banken geht es um viel Geld. Die Stiftung Warentest schätzt den Betrag auf 13 Milliarden Euro, wenn alle Kunden ihre zu Unrecht gezahlten Kreditbearbeitungsgebühren zurückfordern. Betroffen sind Millionen Kunden. In der Vergangenheit war es üblich für einen Raten- oder Immobilienkredit zwei bis drei Prozent Bearbeitungsgebühren zu entrichten. Bei einem Ratenkredit über 15.000 Euro waren das bei drei Prozent 450 Euro. Diesen Betrag plus Zinsen können die Kunden jetzt zurückfordern.

Der BGH hatte in mehreren Urteilen entschieden, dass die Geldinstitute alle innerhalb der vergangenen zehn Jahre gezahlten Kreditbearbeitungsgebühren erstatten müssen. Die Begründung: Es liegt im eigenen Interesse der Bank, die Zahlungsfähigkeit des Kunden zu prüfen und den Vertragsabschluss vorzubereiten. Dafür darf nicht extra noch eine Gebühr kassiert werden. „Das ist für viele Banken ein schmerzhaftes und überraschendes Urteil“, sagt Roland Klaus, Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Doch bis einschließlich 2011 gezahlte Gebühren können nur noch bis zum Jahresende 2014 zurückgefordert werden. Doch der Zeitdruck ist nicht das einzige Problem für die Kunden.

„Vor allem Genossenschaftsbanken und Sparkassen versuchen, Kunden abzuwimmeln oder hinzuhalten“, sagt Christiansen. Nach Einschätzung von Klaus bestreiten sogar viele dieser Institute die Gültigkeit des Urteils für Immobilienkredite. Doch es gilt für alle privaten Kredite, unabhängig davon, ob damit ein Auto oder ein Reihenhaus finanziert wurde. Die Volksbank Zuffenhausen hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie einem Kunden die Geschäftsbeziehung gekündigt hatte, nachdem dieser Gebühren zurückgefordert hatte. „Die Autobanken verhalten sich gegenüber den Kunden bei der Rückerstattung kulant“, sagt Klaus.

Damit die Forderungen nicht verjähren, muss die Bank dem Kunden bis zum Jahresende zumindest den sogenannten Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklären. Die Targobank macht das offensiv auf ihrer Internetseite für alle Forderungen, die sie bis zum 31. Dezember 2014 erreichen. Doch gleichzeitig hat die Bank für neue Kredite seit Mitte 2013 eine neue Gebührenart eingeführt, die sie von dem Urteil nicht betroffen sieht. Der Rechtsstreit darum läuft noch. „Die Banken erstatten zwar die Gebühren, meist aber nicht die Zinsen darauf, die die Rückzahlung um bis zu 60 Prozent erhöhen können“, sagt Christiansen. Der Kunde müsse das ausdrücklich mit einfordern.

„Auf einen Vergleich wie bei der Haspa lässt man sich in der Regel nur ein, wenn die eigenen Ansprüche nicht absolut sicher sind. Bei den Kreditbearbeitungsgebühren ist die Sache aber klar“, sagt Christiansen. Das haben offenbar auch die Haspa-Kunden erkannt. „Nach Eintragungen in sozialen Netzwerken wurde die Aktion für Tage unterbrochen und schließlich ganz aufgegeben, denn am Ende sind nur noch 20 Prozent der Kunden auf den Vergleich eingegangen“, sagt Löchner. „Anwälte, Banker und Journalisten durften wir nicht anrufen. Das war kein Problem, weil wir vollen Einblick in die Kundendaten hatten - vom Beruf über den Kontostand bis zu Krediten und Depotbeständen.“

Die Haspa gibt einen anderen Grund für den Abbruch der Aktion Anfang Dezember an. „Wir haben telefonisch nicht so viele Kunden erreicht, wie wir uns vorgenommen hatten“, sagt von Carlsburg. Deshalb werde man nur noch schriftlich antworten. Die Einmalzahlung wird nicht mehr angeboten. Die Zeitarbeiter würden strengen Datenschutzbestimmungen unterliegen und seien dem Bankgeheimnis verpflichtet. (*) Name geändert