Siemens-Partner Petrofac vergibt Auftrag für Offshore-Plattform „BorWin3“ an arabische Firma. Nordic Yards verliert vorerst wichtigen Kunden

Hamburg. Gemeinsam haben Siemens und Nordic Yards Industriegeschichte geschrieben. Drei Konverterstationen für Offshore-Windparks baute der größte deutsche Elektronikkonzern mit der Werftengruppe in Mecklenburg-Vorpommern. Nach den Anlagen „HelWin 1“ und „BorWin 2“ ging aus der Partnerschaft in diesem Jahr „SylWin 1“ hervor, die im Juli auf ihrem Fundament 70 Kilometer westlich von Sylt verankert worden ist. „SylWin 1“ ist mit 864 Megawatt Nennleistung die weltweit bislang stärkste installierte Offshore-Plattform für die Umwandlung von Wechselstrom aus Meereswindparks in Gleichstrom. Umgewandelt wird der Strom, damit er über Distanzen von mehr als 100 Kilometern verlustarm an Land gelangen kann.

Doch die Zusammenarbeit zwischen Siemens und Nordic Yards ist vorüber, und auch der Schulterschluss zweier Pionierunternehmen der deutschen Offshore-Windkraftbranche. Zu Beginn der Woche gab der neue Siemens-Konsortialpartner Petrofac bekannt, dass der Auftrag für den Stahlbau der Konverterstation „BorWin 3“ an das Unternehmen Drydocks World mit Sitz in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten geht. Drydocks World hat bereits den Stahlbau für „DolWin 2“ für den Schweizer Konzern ABB gefertigt. Die Anlage mit 900 Megawatt Leistung soll 2015 auf der deutschen Nordsee in Betrieb gehen. „BorWin 3“ ist der erste Auftrag, den Drydocks World für Siemens und Petrofac absolviert.

Drydocks World etabliert sich damit weiter als neuer Konkurrent im deutschen Offshore-Windkraftgeschäft. Für die heimische Küstenindustrie, die wesentliche Vorarbeit bei der Schaffung der neuen Technologie geleistet hat, ist das ein Rückschlag. Siemens und Nordic Yards kommentierten den Vorgang am Dienstag nicht. Schon im Frühsommer zeichnete sich allerdings ab, dass Petrofac als neuer Konsortialpartner von Siemens den Auftrag für „BorWin 3“ nicht an ein deutsches Unternehmen vergeben würde.

Die Zusammenarbeit zwischen Siemens und Nordic Yards verlief in den vergangenen Jahren nach Informationen aus der Branche schwierig. Die ersten Projekte der Gleichstromkonverterstationen hatten sich deutlich verzögert, bei „HelWin 1“ etwa von 33 auf 48 Monate. Siemens verbuchte für Verzögerungen bei den sogenannten HGÜ-Plattformen Mehrkosten von insgesamt 800 Millionen Euro, die den Gewinn der Netzübetragungssparte im Konzern schmälerten. Seine ersten HGÜ-Plattformen baute Siemens als Generalunternehmer in Alleinverantwortung. Auftraggeber ist das Netzunternehmen TenneT, das die deutschen Nordsee-Windparks an das Stromnetz anschließt. Neben Siemens liefern weltweit nur ABB und der französische Alstom-Konzern HGÜ-Plattformen.

Für die Verzögerungen bei den drei gemeinsamen Plattformen machten sich Siemens und Nordic Yards unter der Hand gegenseitig verantwortlich. Um die Typen und den Bau der komplexen Plattformen stärker zu standardisieren und um weltweit die günstigste Bauwerft zu finden, wählte Siemens im Frühjahr das britische Unternehmen Petrofac als Konsortialpartner.

Petrofac, das seit Jahrzehnten den Bau von Offshore-Öl- und Gasanlagen koordiniert, ist nun komplett für die Erstellung des Stahlbaus und für die Installation der HGÜ-Plattformen zuständig. Siemens reduziert sein Team in Hamburg, das mit bis zu 350 festen Mitarbeitern und Zeitarbeitskräften die ersten dieser Plattformen konzipiert hatte, auf rund 150 feste Mitarbeiter. Der Elektronikkonzern liefert weiterhin das elektrische Design und die Technologie für die Konverter auf See.

Der norddeutschen Wirtschaft geht mit dem Auftrag an Drydocks World eine hohe Wertschöpfung verloren. Ein großes Offshore-Umspannwerk mit HGÜ-Technologie kostet rund eine Milliarde Euro, wovon etwa 300 Millionen Euro auf den Stahlbau entfallen. Die Stahlkonstruktion für die ersten HGÜ-Stationen war nach Informationen aus der Branche zu aufwendig. Die mehrere Tausend Tonnen schweren, selbst schwimmenden Stahlkörper von Nordic Yards entsprechen extrem hohen Baustandards für Seeschiffe. Zudem sind sie gegen Korrosion auf See langfristig konserviert. Künftige HGÜ-Plattformen sollen einfacher gebaut werden, zum Beispiel ohne die Fähigkeit, selbst aufzuschwimmen.

Nordic Yards ist nach eigenen Angaben weiterhin Weltmarktführer beim Stahlbau von HGÜ-Plattformen. Nach den drei Siemens-Stationen erhielt das Unternehmen des russischen Investors Witali Jussufow mit Werften in Wismar, Stralsund und Rostock 2013 von Alstom den Auftrag zum Bau von „DolWin 3“, auch „DolWin gamma“ genannt. Deren Bau begann mit dem ersten Stahlschnitt in der vergangenen Woche auf der Werft in Rostock-Warnemünde. „Das ,DolWin gamma‘-Projekt ist komplexer und anspruchsvoller als unsere vorherigen drei Plattformprojekte“, sagte Nordic-Geschäftsführer Fred Wegener. „Wir freuen uns auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit mit TenneT und Alstom.“