In diesem Jahr wurden bisher nur 15 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Kleine Läden haben es besonders schwer.

Hamburg. Schon seit Wochen hängt ein Schild am Marktstand von Blumenhändler Klaus Müller. „Aushilfe gesucht“, steht darauf. Müller, der im Sommer die meisten Blumen durch Eigenanbau generiert, möchte eine Floristin für den Job gewinnen, die am Sonnabend für ihn Blumen auf dem Goldbekmarkt nach den Wünschen der Kunden bindet und verkauft. Weil derzeit gelernte Floristen knapp sind, würde er aber auch eine Aushilfe anlernen. Doch niemand hat sich bisher bei ihm gemeldet. Blumenhändler Karl-Heinz Krafft hatte auch lange gesucht, ehe er eine neue Mitarbeiterin für seinen Gartenbaubetrieb einstellen konnte. „Doch jetzt ist sie schon wieder weg“, sagt er verärgert. „Sie macht sich selbstständig.“ Seine Suche geht erneut los.

Müller und Krafft sind keine Ausnahmen. In Hamburg werden händeringend Floristen gesucht. Wer einstellen will, braucht viel Geduld. Bei Blumen Petzoldt mit vier Filialen dauerte es mehrere Wochen, ehe eine Fachfrau gefunden wurde, sagt eine Mitarbeiterin. Aktuell sind bei der Arbeitsagentur 110 freie Stellen für Floristen und Experten im Gartenbau in Hamburg ausgeschrieben. Im vergangenen Jahr waren es Anfang August 88. Der Mangel resultiert vor allem daraus, dass kaum jemand mehr sich in diesem Beruf ausbilden lassen will.

Schon seit Jahren sinkt die Zahl der Berufseinsteiger, wenn auch langsam. Laut Thomas Bressau, Sprecher der Behörde für Schule und Berufsbildung, waren es 2013 nur noch 28 Azubis. „Für dieses Jahr liegen mir bislang 15 Ausbildungsverträge vor“, sagt Holger Otto von der Handelskammer. 1999 fingen bundesweit noch rund 3750 Frauen und Männer eine Ausbildung zum Floristen an, 2010 waren es etwa 1700. Darunter nur 63 Männer. Rund 95 Prozent aller Floristen sind Frauen.

Dabei sind die Jobaussichten nach der Ausbildung gut, weil die Fachkräfte gefragt sind. Doch finanziell gesehen gibt es heute für viele Bewerber deutlich besser bezahlte Alternativen. Zum Ausbildungsanfang erhält ein Lehrling laut Nicola Fink, Sprecherin vom Fachverband Deutsche Floristen, 515 Euro. Im zweiten Lehrjahr sind es 535 und im drittem 555 Euro. Danach beträgt das Einstiegsgehalt 1400 bis 1500 Euro brutto. Um Schulabgänger für den Beruf zu begeistern, gibt es inzwischen Bundes- und Landeswettbewerbe für Floristen. Da kämpfen nicht nur erfahrene Floristen, sondern auch Auszubildende unter anderen darum, wer die fantasievollsten Sträuße bindet. In Hamburg fand der Landeswettbewerb auf der Internationalen Gartenschau statt. Die deutsche Meisterschaft der Branche startet am 22. August in Berlin auf dem Potsdamer Platz.

Zwar ist die Zahl der Fachhändler in der Stadt in den vergangenen Jahren von mehr als 750 auf knapp 500 zurückgegangen, aber der Mangel an Fachpersonal hält weiterhin an. Vor allem der Branchenführer Blume 2000 lockt derzeit viele Floristen an. Das Unternehmen möchte künftig in den Filialen das Binden von Blumen anbieten. Allein in Hamburg sollen deshalb 100 Floristen eingestellt werden. Das macht die Personalsuche für die Familienbetriebe noch komplizierter. „Natürlich gibt es das Problem, gute Fachkräfte zu bekommen“, sagt Michael Tomfort, dessen Familie seit dem Jahr 1846 einen Blumenladen in Niendorf betreibt. „Ein Betrieb muss für die Auszubildenden innovativ sein. Zudem spielt die Bezahlung eine Rolle.“

Corinna Schroeder ist ehrenamtliche Schatzmeisterin im Hamburger Fachverband Deutscher Floristen. „Für mich ist Floristin der schönste Beruf, den es gibt“, sagt sie. Bei einer Kette würde sie nicht arbeiten wollen. „Da lernt man möglicherweise das Binden, aber nicht das Fertigen von Hochzeitsschmuck oder Blumenarrangements für Trauerfeiern“, sagt sie. In vierter Generation führt die Inhaberin mit Meistertitel die Familienfirma in Ottensen. Ihre fünf Mitarbeiterinnen sind ausgebildete Floristen.

Gerade berät eine Mitarbeiterin zwei Kunden, die heiraten wollen. Sie zeigt ihnen Blumen und Arrangements in allen Motiven. „Dafür benötigt man natürlich Zeit“, sagt Schroeder. „Die nehmen wir uns und unterscheiden uns damit von Ketten oder Betrieben, deren Inhaber dieses Handwerk nicht gelernt haben.“ Viele Jahre lang hat Schroeder den Nachwuchs ausgebildet. „Doch für einen Betrieb wie den unseren ist dies aufwendig. Wenn sich aber jemand bewerben würde, der für diesen Beruf brennt, würde ich ihn sofort nehmen“, sagt sie. Laut Schroeder verkennen viele Jugendliche den Floristenberuf. „Die glauben, man habe nur mit schönen Blumen und Sträußen zu tun. Aber ein Florist verrichtet auch harte Arbeit wie das Schleppen von mit Wasser gefüllten Eimern voller Blumen. Außerdem muss ihm die Beratung von Kunden liegen.“ Hier seien die Vorstellungen der Bewerber oft unrealistisch.

Einen Meistertitel oder eine Ausbildung braucht man nicht, um einen Blumenladen zu eröffnen. Auch deshalb gehen in Hamburg häufig Läden an den Start, die nach wenigen Monaten wieder vom Markt verschwinden. Druck auf den Fachhandel üben Baumärkte mit Pflanzen, Supermärkte mit Schnittblumen und Tankstellen mit Sträußen aus. 2013 gaben die Deutschen 101 Euro pro Kopf für Blumen und Pflanzen aus, das waren fünf Euro weniger als im Vorjahr. Insgesamt verbuchte der Einzelhandel für Blumen und Pflanzen einen Umsatz von 8,2 Milliarden Euro – und damit einen Rückgang von sechs Prozent. Schon jetzt haben die Fachgeschäfte bei Schnittblumen bundesweit nur noch einen Marktanteil von knapp 54 Prozent, bei Topfpflanzen sind es 15 Prozent.

Corinna Schroeder hat mittlerweile ein zweites Standbein neben dem Geschäft mit Privatkunden. Sie beliefert rund 100 Unternehmen und Hotels mit ihren Arrangements.