Papenburger übernehmen Mehrheit an STX-Werft in Finnland. TUI Cruises bestellt zwei weitere Kreuzfahrer

Papenburg. Seit einem halben Jahr hat die Meyer Werft aus dem niedersächsischen Papenburg mit dem südkoreanischen STX-Konzern über eine Übernahme der Werft im finnischen Turku verhandelt. Am Montag meldete das Familienunternehmen von der Ems Vollzug: Die Werft übernimmt 70 Prozent ihres Konkurrenten und betreibt das operative Geschäft. Die restlichen Anteile werden vom finnischen Staat übernommen. Über den Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht.

Die Regierung in Helsinki hatte in den vergangenen Monaten aus Sorge um die Arbeitsplätze bei der angeschlagenen STX-Werft nach einem Partner gesucht, der sich an dem Standort beteiligen könnte. „Es war schon lange klar, dass die Werft mit den bisherigen Eigentümerverhältnissen nicht mehr Aufträge bekommen konnte“, sagte Finnlands Wirtschaftsminister Jan Vapaavuori am Montag.

Kreuzfahrtschiffe werden immer größer und Zahl der Aufträge geringer

Aber auch die Meyer Werft profitiert: Sie baut mit ihrer finnischen Beteiligung ihre Marktposition als Nummer eins in einer Branche aus, die unter massivem Druck steht. Zwar wächst die Zahl der Kreuzfahrtpassagiere in Europa und in Asien, vor allem auch in Deutschland, massiv an. Aber die Schiffe werden deshalb auch immer größer und die Zahl der einzelnen Aufträge geringer. In Europa rangen bisher Meyer, Fincantieri und die STX-Werften des gleichnamigen südkoreanischen Konzerns um Neubauverträge für Schiffe. In Asien baut vor allem das japanische Werftunternehmen Mitsubishi Heavy seine Präsenz aus, auch die Chinesen sondieren den Markt. Und da technologisch keine großen Unterschiede bestehen, entscheiden zunehmend die Marktgröße und freie Kapazitäten über die Chancen bei der Vergabe von Neubauaufträgen. Zudem wird es bei der Größenentwicklung der Schiffe für die Papenburger immer schwieriger, fertige Neubauten über die Ems abzuliefern.

„Mit ihrem Engagement in Finnland verbessert die Meyer Werft ihre Position am Markt, das stärkt auch unseren Werftstandort in Papenburg“, sagte der Betriebsratsvorsitzender der Meyer Werft, Thomas Gelder, am Montag. Zusammen mit der IG Metall Küste machte er deutlich, dass sich dadurch keine Nachteile für die Belegschaft am alten Standort ergeben dürften. Im niedersächsischen Papenburg sind mehr als 3000 Mitarbeiter direkt bei Meyer beschäftigt.

Für die Meyer Werft betonte Geschäftsführer Jan Meyer, dass ein Personalabbau an den Unternehmensstandorten in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern mit dem Einstieg in Turku nicht verbunden sei. Vielmehr gehe es unter anderem darum, dass das Unternehmen mit dem Einstieg in Finnland flexibler auf Kundenwünsche reagieren könne. „Auch durch ein zukünftig noch stärkeres gemeinsames Vorgehen im Bereich Forschung und Entwicklung im Kreuzfahrtmarkt sowie gegenseitige Lerneffekte bei den Arbeitsabläufen sind positive Synergien möglich“, sagte Meyer.

Verhandlungen über Vertrag zur Standortsicherung laufen

Mit dem Land Niedersachsen verhandelt das Unternehmen derzeit über einen Vertrag zur Standortsicherung in Papenburg. „Das macht sehr klar, dass es hier nicht um eine Verlagerung von Kapazitäten geht, sondern um eine deutliche Stärkung der gebündelten europäischen Kompetenz im Kreuzfahrtsektor“, sagte Meyer. An Kreuzfahrtschiffen stehen bis 2019 noch neun Luxusliner für Asien und USA in den Auftragsbüchern der Werft. Voraussichtlich Mitte September soll das mit 167.800 Bruttoregistertonnen drittgrößte Kreuzfahrtschiff der Welt, die „Quantum of the Seas“, über die Ems in Richtung Nordsee gebracht werden.

Einziger Auftraggeber der finnischen Werft ist derzeit die Hamburger Reederei TUI Cruises. In Turku arbeiten laut Meyer Werft rund 1300 Menschen am TUI-Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 4“. Aber auch hier haben die Emsländer die Weichen für die Zukunft gestellt: Praktisch zeitgleich zur Unterzeichnung des Vertrags mit den Finnen gab TUI Cruises bekannt, seine Flotte um zwei weitere Schiffe ergänzen zu wollen, die 2016 und 2017 in Turku bei STX gebaut werden sollen. Die Kreuzfahrtschiffe werden Schwesterschiffe der vorangegangenen Neubauten „Mein Schiff 3“ und „Mein Schiff 4“: 295 Meter lang, mit 1250 Kabinen. 90 Prozent davon sind Außenkabinen, 82 Prozent haben einen Balkon. Auf den neuen Luxuslinern haben 2500 Passagiere Platz. Der Ende September ausscheidende Chef von TUI Cruises, Richard J. Vogel, sagte: „Wir freuen uns sehr, dass es zu einem positiven Abschluss der Verhandlungen zwischen STX und der Meyer Werft gekommen ist. Dieser Schritt sichert TUI Cruises das wertvolle Know-how der Werft.“ Die 1795 gegründete Papenburger Meyer Werft ist seit sieben Generationen in den Händen der Familie Meyer. Geleitet wird das Unternehmen von Bernard Meyer, 66. Seit den 80er-Jahren haben die Emsländer bislang 37 Kreuzfahrtschiffe gebaut. Seit 1997 gehört auch die Neptun-Werft in Rostock mit derzeit 480 Beschäftigten dazu. Sie konzentriert sich auf Flusskreuzfahrtschiffe. 2013 führte der Tod zweier Rumänen in deren Unterkunft zu Kritik an den Bedingungen für osteuropäische Arbeitskräfte. Daraufhin stimmte die Werft einem Tarifvertrag für Werkarbeitskräfte zu.