Die Zinsen sind historisch niedrig, der Aktienmarkt hat ein Allzeithoch erklommen. Was Hamburger Experten jetzt für die Geldanlage raten

Hamburg. Mit der jüngsten Senkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank (EZB) auf nur noch 0,15 Prozent verschärft sich ein Problem, das Sparer bereits seit Jahren drückt: Es gibt praktisch keine Möglichkeit mehr, mit sicheren Geldanlagen auch nach Abzug der Inflationsrate noch das Vermögen zu erhalten oder gar zu mehren. Gleichzeitig hat der Deutsche Aktienindex (DAX), beflügelt durch das billige Zentralbankgeld, gerade ein neues Allzeithoch erklommen und erstmals in seiner Geschichte zumindest kurzzeitig die Marke von 10.000 Punkten erreicht. Ist es aber auf diesem Kursniveau noch ratsam, Aktien zu kaufen? Was können sicherheitsorientierte Sparer tun, um ihr Geld ohne Einbußen durch die Inflation unterzubringen? Und wie werden sich die Immobilienpreise, die in der Hansestadt zuletzt kräftig angezogen haben, weiterentwickeln? Das Abendblatt befragte dazu Hamburger Experten.

Auf die Streuung kommt es an

„Sparen ist auch in Zeiten niedriger Zinsen immer gut“, sagt Olaf Buchwald, Leiter Produktmanagement bei der Hamburger Sparkasse. „Wer alles verkonsumiert, hat nichts mehr, wenn die Zinsen wieder steigen.“ Jutta von Bargen, Leiterin des Bereichs Vermögensmanagement bei der Hamburger Volksbank, bringt die Problematik, mit der die Anleger jetzt kämpfen, auf den Punkt: „Es gibt nur noch zinsloses Risiko und keinen risikolosen Zins mehr.“

Die Empfehlung, das Kapital breit zu streuen, treffe daher heute mehr denn je zu, ergänzt Carsten Mumm, Leiter für Vermögensmanagement beim Hamburger Bankhaus Donner & Reuschel: „Dabei muss man jedoch für Teile des Anlagevermögens auch eine Negativrendite in Kauf nehmen – vor allem für den ‚Notgroschen‘, der sicher geparkt werden muss.“

Festzinsangebote

Sandra Klug, Geldanlageexpertin der Hamburger Verbraucherzentrale, rät Anlegern in der aktuellen Situation grundsätzlich, „über den Tellerrand der Hausbank“ hinauszublicken und insbesondere bei Tages- und Festgeld die Angebote anderer Institute in Betracht zu ziehen. „Für sehr sicherheitsorientierte Anleger kommen unter anderem verschiedene Sparbriefvarianten in Betracht“, so Klug. Dazu zählten etwa Treppensparbriefe, bei denen sich der Zins Jahr für Jahr von 0,9 auf rund drei Prozent erhöhe. Hier könne man über sechs Jahre mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 1,63 Prozent rechnen, wobei das Geld jederzeit verfügbar sei. Nach Angaben von Max Herbst von der FMH-Finanzberatung können Festgeldsparer schon bei einer Anlagedauer von zwei Jahren und einer Anlagesumme von 5000 Euro mit Zinsen bis zu 1,8 Prozent rechnen. Wer nicht unbedingt auf die deutsche Einlagensicherung Wert lege, bekomme auch 1,9 Prozent Zinsen. Bei vier Jahren Anlagedauer seien ohne deutsche Einlagensicherung 2,3 Prozent, bei fünf Jahren 2,4 Prozent möglich. Eine Übersicht findet sich im Internet unter festgeld.fmh.de.

Anleihen

Eine Bundesanleihe gilt vielen Sparern als der Inbegriff der sicheren Geldanlage, aber derzeit kommt man damit nur noch auf Renditen in der Größenordnung von einem Prozent. Grundsätzlich gilt: „Wenn ein festverzinsliches Papier eine höhere Rendite bringt als eine Bundesanleihe, ist es weniger sicher“, sagt Jutta von Bargen.

Eine Alternative können Unternehmensanleihen großer Konzerne wie Linde, Siemens oder VW sein. Bei fünf bis sechs Jahren Laufzeit und „überschaubarem Risiko“ könne man bei solchen Papieren mit immerhin rund 1,5 Prozent Rendite rechnen, erklärt Daniel Hupfer, Portfoliomanager im Bereich Private Banking bei M.M.Warburg & CO. Wer ein etwas höheres Risiko eingehen möchte, könne zu qualitativ guten Anleihen von Firmen wie Dürr oder Hochtief ohne die Einstufung einer Rating-Agentur greifen. Hier seien Renditen im Bereich zwischen 2,0 und 2,3 Prozent drin, so Hupfer. Gemessen am Risiko seien Staatsanleihen von Ländern wie Irland oder Portugal mit Verzinsungen um die zwei Prozent nicht mehr wirklich attraktiv.

„Man sollte nicht unüberlegt nach der höchsten Rendite suchen“, sagt Mumm. „Wenn jemand fünf Prozent Zinsen zahlt, hat das seinen Grund.“ Gezeigt habe sich das im neuen Mittelstandssegment für Anleihen, sagt Jutta von Bargen: „Da gab es Papiere mit einem hübschen Kupon, aber manche der Emittenten sind schon nach acht Wochen zum Insolvenzrichter gegangen.“

Aktien

Am Aktienmarkt scheiden sich derzeit die Geister. Zwar sind die Kurse im langfristigen Mittel um acht bis zehn Prozent pro Jahr gestiegen, aber mit hohen Schwankungen. „Wer bisher noch nicht in Aktien investiert hat, sollte dies bei dem jetzigen Stand auch nicht mehr tun“, meint Max Herbst. Weniger skeptisch zeigt sich Olaf Buchwald von der Haspa. Langfristig gesehen böten Aktien und Aktienfonds eine gute Chance, das Vermögen zu mehren. Angesichts des historischen Kurshochs könne es aber sinnvoll sein, in monatlichen Raten anzulegen, um auch von einem eventuell wieder niedrigeren Kursniveau zu profitieren.

Vor dem Hintergrund der anziehenden Konjunktur in Europa ist der Aktienmarkt auch nach Auffassung von Daniel Hupfer nicht überteuert, „erst recht nicht im Vergleich zu den Alternativen“. Zudem hätten auch die Unternehmensgewinne ein Allzeithoch erreicht.

Ähnlich sieht es Carsten Mumm: „Der DAX ist ja nicht bei 10.000 Punkten gedeckelt. Er ist im Jahr 1987 bei 1000 Punkten gestartet und hat seitdem immer wieder Höchststände markiert.“ Allerdings gebe es „mehrere potenzielle Gefahrenherde, die den Markt schnell einmal um zehn bis 15 Prozent absacken lassen können.“

Immobilien

„Bei den historisch niedrigen Hypothekenzinsen ist die Finanzierung einer Immobilie derzeit sehr günstig“, sagt Verbraucherschützerin Klug. Kleinanlegern rät sie aber nur dann zu einer Immobilie, wenn sie diese auch selbst nutzen möchten.

Damit baue man zwar über einen langen Zeitraum sehr viel Kapital auf, aber dieses sei dann fest gebunden, gibt Jutta von Bargen zu bedenken. Der Immobilienlauf sei eine „sehr persönliche Entscheidung“, die gut abgewogen werden müsse. Dabei sei auch die Frage zu prüfen, ob das angepeilte Haus oder die Wohnung altersgerecht ist. „Eine selbst genutzte Immobilie ist der einzige Bestandteil der Altersvorsorge, den man schon gleich genießen kann“, sagt Buchwald. Allerdings sind die Kaufpreise gerade in Hamburg in den zurückliegenden Jahren steil gestiegen. Nach Berechnungen der LBS Schleswig-Holstein-Hamburg kostet eine Eigentumswohnung aus dem Bestand aktuell in der Hansestadt im Schnitt 3212 Euro pro Quadratmeter. Der Preisanstieg könne sich durchaus fortsetzen, meint Daniel Hupfer: „Die Mieten steigen mit, das deutet eher nicht auf eine Blasenbildung hin.“

Gold

Das Edelmetall ist nach Ansicht von Buchwald „allenfalls als Beimischung von bis zu fünf Prozent in einem umfangreicheren Anlageportfolio geeignet“. Die Preisentwicklung der vergangenen fünf Jahre habe gezeigt, dass für den Goldpreis ein erhebliches spekulatives Moment eine Rolle spielt.

Wenn man Gold kaufen wolle, solle man das am besten in Form von Barren oder Münzen tun, diese „ins Bankschließfach oder in den Tresor zu Hause legen und nicht täglich die Kurse verfolgen“, rät Hupfer. Gold sei eine „Versicherung für einen Fall, der hoffentlich niemals eintritt“ – wie etwa einen Währungszusammenbruch, den die EZB abzuwenden gelobt hat.