Rebellen wollen Kandidaten für das Präsidium per Kampfabstimmung durchsetzen. Kein Kompromiss in Sicht

Hamburg. Der Konflikt zwischen den Rebellen und der amtierenden Führung der Handelskammer spitzt sich dramatisch zu. Anlass ist die Wahl zum neuen ehrenamtlichen Präsidium am 8.Mai. Hier wird es wohl erstmals zu einer Kampfabstimmung kommen. Die Rebellen wollten einen eigenen Vizepräses durchsetzen, dies lehnt die aktuelle Führung aber ab. Mehrere Treffen führten zu keinem Ergebnis. Am Donnerstagmittag verbreitete schließlich die amtierende Leitung eine Erklärung mit ihren Personalvorschlägen für das künftige Präsidium. Unter den Kandidaten befinden sich drei neue Kandidatinnen, aber kein Rebell. Bei den nun Nominierten handelt es sich um Christina Jagdmann vom Übersetzungsbüro wordinc, Jaana Karola Kleinschmit von Lengefeld, Chefin der Ölmühle ADM, und Birgit Kochen-Schmidt-Eych vom Handelsunternehmen Alfred Kochen.

Das Präsidium lobt sich öffentlich sogar für die Kandidatenvorschläge. „Das Präsidium findet seinen eigenen, auf sechs Hamburger Unternehmerpersönlichkeiten beruhenden Vorschlag – bestehend aus den drei Kandidatinnen sowie den drei bisherigen Vizepräsides – wohlüberlegt, ausgereift und ganz im Sinne einer wirkungsvollen Handelskammer“, sagte Hapag-Lloyd-Chef und Vizepräses Michael Behrendt, der zusammen mit dem Software-Unternehmer Thomas Schünemann und dem Unternehmensberater Jens Peter Breitengroß aus dem Gremium ausscheiden wird. Wohl überlegt mag der Schritt sein, doch im Handelskammer-Plenum führt er zum Konflikt.

Denn das Reformbündnis „Die Kammer sind Wir!“ ist aufgebracht. Das liegt daran, dass die Gruppe mit ihrem Sprecher Tobias Bergmann bereits vor einem Monat einen eigenen Kandidaten zur Wahl vorgeschlagen hatte. Bergmann erhielt die laut Satzung notwendigen zwölf Unterstützerstimmen, und er hat nicht vor, auf die Kandidatur zu verzichten.

„Meine Kandidatur ist ein Angebot an die Handelskammer, die Reformkräfte konstruktiv einzubeziehen. Denn wir wollen, dass die Handelskammer weiterhin mit einer Stimme sprechen kann und ihr politisches Gewicht in Hamburg behält. Das alte Präsidium schlägt dieses Angebot leider aus. Das letzte Wort hat jetzt das neu gewählte Plenum“, so Bergmann.

Schon die erste konstituierende Sitzung des neuen Kammerparlaments Anfang April hatte in der Folge zu massivem Streit zwischen den Rebellen um Bergmann und dem Präsidium geführt. Auslöser war die Abstimmung über eine Resolution zur Olympia-Bewerbung, die die Plenarmitglieder ohne Vorbereitungszeit als Tischvorlage erhielten. Bergmann und seine Gruppe kritisierten dies und enthielten sich bei der Abstimmung.

In einem Schreiben warf Bergmann dem Präsidium vor, eine Spaltung der Kammer zu betreiben: „Mit ihrer Regie der Plenarsitzung haben Sie bei uns den Eindruck erweckt, dass Sie entweder eine Spaltung unserer Handelskammer für die nächsten drei Jahre bewusst anstreben oder mit einem Plenum, welches seine Aufgabe kritisch-konstruktiv wahrnimmt, fachlich überfordert sind“, heißt es.

Künftig werde eine fristgerechte Zustellung entscheidungsrelevanter Unterlagen erwartet. Und für die Präsidiumswahl Anfang Mai fordert die Gruppe die Entsendung eines eigenen Vertreters in die Wahlkommission. Verbunden wurde die Forderung mit einer Drohung. Bergmanns Brief endete mit dem Satz: „Sollten Sie diese Punkte nicht berücksichtigen, werden wir uns nicht in der Lage sehen, dieses Verhalten stillschweigend hinzunehmen.“ Anders gesagt: Geht das Präsidium auf die Forderungen nicht ein, droht eine öffentliche Schlammschlacht.

Die Antwort der Kammerführung fiel in der Wortwahl kaum weniger scharf aus: Das von allen sieben Präsidiumsmitgliedern unterzeichnete Schreiben wirft Bergmann seinerseits vor, die Spaltung der Kammer zu betreiben. Mit der vorzeitigen Bekanntgabe seiner Vizekandidatur habe er wenig konstruktiv gehandelt, Gleiches gelte für das Auftreten der Gruppe wie eine Fraktion.

Und die Resolution zur Olympia-Bewerbung habe man nicht eher zuleiten können, weil am Tag der Abstimmung noch Informationen vom Deutschen Olympischen Sportbund aus Frankfurt erwartet wurden. Schließlich wird Bergmann Nachhilfe in Demokratie erteilt: „Wir bitten Sie, dieses demokratische Ergebnis zu akzeptieren, da wir Ihnen sonst, der Sie sich mit Ihrer Enthaltung in der Minderposition befanden, ein merkwürdiges Demokratieverständnis unterstellen müssen“, heißt es in dem Schreiben. Es warnt Bergmann davor, den Konflikt nach außen zu tragen. Der selbstverständliche Ort der Auseinandersetzung sei die Plenarsitzung. Das gehöre zu den demokratischen Spielregeln, an die sich auch Bergmann halten solle.

Gregor Hackmack vom Bündnis „Die Kammer sind Wir!“ hält dagegen. „Wir wollen konstruktiv in der Handelskammer mitarbeiten. Doch wenn es um die Kammer selbst geht, wie jetzt bei der Besetzung des wichtigen Präsidiums, bleiben Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz und Präses Melsheimer stur. Selbst das Angebot eines persönlichen Gesprächs wurde von beiden abgelehnt.“ Wenn die Gruppe in die Oppositionsrolle gedrängt werde, dann müsse der Wahlkampf für 2017 bereits jetzt eingeläutet werden, mit dem Ziel, danach die Mehrheit im Plenum zu stellen. Kammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz reagierte prompt: „Die Kammerarbeit besteht nicht in der Fortsetzung des bürgerschaftlichen Parteienstreits in das Forum des Plenums. Hier geht es um Sacharbeit für die Wirtschaft.“