Anteil im Lebensmittelhandel steigt laut Greenpeace zwar von 16 auf 22 Prozent. Doch Menge und Kennzeichnung sind noch immer nicht ausreichend.

Hamburg. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace geht hart mit dem deutschen Lebensmittelhandel ins Gericht. Laut einer aktuellen Untersuchung von rund 15.000 Fischprodukten sind in den Supermärkten der Republik noch immer viel zu wenige Artikel aus nachhaltigem Fang und umweltgerechter Aquakultur erhältlich. Zudem seien die Waren nicht ausreichend gekennzeichnet, kritisierte die Organisation am Montag.

Nach den Daten von Greenpeace stammt derzeit nur ein knappes Viertel der Fischpackungen aus ökologisch nachhaltigem Fang. Darunter verstehen die Naturschützer umweltschonende Methoden, mit denen stets nur so viele Fische aus dem Meer geholt werden wie in einem gewissen Zeitraum auch nachwachsen können.

Für die Studie testete Greenpeace von Juli bis August dieses Jahres das Angebot in insgesamt 91 Geschäften von 17 Unternehmen. Konkret nahm die Organisation unter anderem die Ketten Kaufland, Lidl, Aldi, Edeka, Netto Marken-Discount, Real, Penny, Toom und Rewe unter die Lupe. Bei den untersuchten Produkten handelt es sich um Tiefkühlware, Frischfisch oder auch um Ware aus der Dose.

Einen Lichtblick gibt es in der Untersuchung immerhin. Im Vergleich zur letzten Studie im Jahr 2010 hat sich der Anteil des nachhaltigen Sortiments von 16 auf 22 Prozent erhöht. Dies sei aber zu wenig, um die Fischbestände zu schützen, da immer noch drei Viertel der Waren nicht nachhaltig seien, erklärte Greenpeace-Meeresexpertin Iris Menn. „Hier ist der Lebensmittelhandel in der Pflicht.“

Hohen Nachholbedarf gibt es Greenpeace zufolge auch bei der Kennzeichnung. Damit die Verbraucher ökologisch gefangenen Fisch auch erkennen könnten, müssten auf den Verpackungen neben dem deutschen und lateinischen Artnamen auch das spezifische Fanggebiet und die Fangmethode vermerkt sein, forderte Meeresbiologin Menn. Gleiches gelte für Aquakulturen, also die Fischzucht in Wassertanks oder abgeriegelten Gebieten. Hier müssten Herkunftsland, die Region der Farm und die Zuchtmethode vermerkt sein. Dies sei aber ebenfalls nur bei einem knappen Viertel der Waren der Fall.

Auffällig ist aus Sicht der Umweltschützer, dass die Eigenmarken der Handelsketten mittlerweile besser gekennzeichnet sind als reine Markenprodukte. „Unternehmen wie zum Beispiel Costa, Lysell, Laschinger oder Saupiquet blockieren die Bemühungen des Lebensmittelhandels für ein ausreichend gekennzeichnetes Sortiment“, sagt Menn. Dies habe offenbar mit einem mangelnden Engagement für den Umweltschutz zu tun.

Etablierte Nachhaltigkeitssiegel wie etwa das blau-weiße MSC-Logo bieten Greenpeace zufolge zwar eine erste Orientierung beim Fischkauf, doch auch hier werden Arten wie etwa Seelachs aus der Nordsee zertifiziert, deren Verzehr nach Einschätzung der Umweltschützer keineswegs unproblematisch ist. Greenpeace hat daher einen eigenen Fischratgeber herausgegeben, in dem die wichtigsten Arten je nach Fanggebiet und -methode ökologisch bewertet werden (www.greenpeace.de/ themen/meere/fischerei).

Den Zeitpunkt für die Veröffentlichung ihrer Untersuchung haben die Umweltschützer übrigens mit Bedacht gewählt. Am Montag begannen in Brüssel die Verhandlungen der EU-Fischereiminister über die Fangquoten für das Jahr 2014. In den vergangenen Jahren sei hier zum Schaden der Fischbestände stets der Profit über die wissenschaftlichen Empfehlungen gestellt worden, kritisierte Greenpeace. Mit ersten Ergebnissen der Beratungen dürfte in der Nacht zu Mittwoch zu rechnen sein.