Hamburger Alsterhaus und Sport-Filialen gehen mehrheitlich an österreichische Holding. Im Gegenzug sollen 300 Millionen in Modernisierung fließen

Hamburg. Die Nachricht erreichte die Chefetage des Hamburger Alsterhauses am Montagnachmittag gegen 15.30 Uhr. Vom Büro des Geschäftsführers Alexander Franke verbreitete sie sich wie ein Lauffeuer durch die Gänge des Luxuskaufhauses und gelangte per Flurfunk in die einzelnen Abteilungen: Künftig wird das nobelste Warenhaus der Hansestadt nicht mehr mehrheitlich dem US-Investor und einstigen Karstadt-Retter Nicolas Berggruen, sondern der Immobilienfirma Signa des Österreichers René Benko gehören. Ein Schock selbst für krisengestählte Mitarbeiter, die in den vergangenen Jahren schon diverse Hiobsbotschaften verkraften mussten.

Betroffen von dem Verkauf sind auch die beiden anderen Nobelkaufhäuser der Warenhauskette, das KaDeWe in Berlin sowie das Oberpollinger in München. Zudem trennt sich Milliardär Berggruen von der Mehrheit an allen 28 Karstadt-Sporthäusern, zu denen auch die Hamburger Filialen in der City, in Wandsbek und in Harburg gehören. Nur das Kerngeschäft mit den 83 gewöhnlichen Warenhäuser wird komplett bei Berggruen verbleiben.

Der Verkauf von 75,1 Prozent der Anteile an der sogenannten Karstadt-Premium-Group und von Karstadt Sports kommt dabei nicht weniger als einem Paukenschlag in der Branche gleich. Immer wieder war in den vergangenen Jahren darüber spekuliert worden, dass sich Berggruen von den Filetstücken des Unternehmens trennen würde. Und genauso regelmäßig ließ der Deutsch-Amerikaner entsprechende Gerüchte dementieren.

Den jetzigen Schritt verkaufte Berggruen am Montag als seinen Beitrag zur weiteren „Gesundung“ der Warenhauskette. Offiziell fließt nämlich kein Kaufpreis an die Holding des Milliardärs. Stattdessen hat sich Signa dazu verpflichtet, 300 Millionen Euro in die Modernisierung von Karstadt zu stecken. „Ich glaube an das Unternehmen und seine Mitarbeiter, die nun zusätzlichen Spielraum und Sicherheit bekommen“, erklärte Berggruen in einer Mitteilung. „Das Kerngeschäft behalten wir komplett, da wir hier in den nächsten Jahren große Wachstumschancen sehen.“ In einem internen Brief an die Beschäftigten versicherte der Eigentümer zudem, dass sich kein Mitarbeiter Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen müsse.

Von Arbeitnehmerseite hagelte es dennoch deutliche Kritik an Berggruen. „Die Beschäftigten in den betroffenen Sporthäusern sind massiv verunsichert“, sagte der Betriebsratsvorsitzende von Karstadt in Wandsbek, Jürgen Gehring. „Aus meiner Sicht hat Herr Berggruen sein Wort gebrochen.“ Der Investor habe immer wieder versichert, dass er die Mehrheit an der Premium-Gruppe und den Sporthäusern behalten werde. Mit dem jetzigen Schritt sei dieses Versprechen obsolet geworden.

Die Gewerkschaft Ver.di befürchtet durch den Verkauf der Mehrheit an den Karstadt-Filetstücken eine Zerschlagung des Gesamtkonzerns. Umso wichtiger sei nun ein Tarifvertrag über eine Standort- und Beschäftigungssicherung, um den Menschen bei Karstadt eine verlässliche Perspektive zu geben, sagte der zuständige Hamburger Fachsekretär der Gewerkschaft, Arno Peukes. „Es darf nicht einmal der Hauch eines Eindrucks entstehen, dass die Arbeitsplätze in dem Unternehmen nicht mehr sicher sind“, betonte er.

Die Übernahme der Luxus- und Sporthäuser durch den Österreicher Benko heizte am Montag gleich wieder Spekulationen über eine mögliche Warenhaus-Hochzeit zwischen den beiden Ketten Kaufhof und Karstadt an. Benko ist im deutschen Einzelhandel nämlich kein Unbekannter. Ihm gehören nicht nur bereits eine ganze Reihe von Karstadt-Immobilien, er hat in der Vergangenheit auch versucht, die Metro-Tochter Kaufhof zu übernehmen. Sollte Metro die eigene Kette erneut zum Verkauf anbieten, so könnte der Österreicher erneut daran interessiert sein, eine Deutsche Warenhaus AG zu formen, mutmaßen Insider.

Was sich unmittelbar für die rund 300 betroffenen Beschäftigten in den Hamburger Sporthäusern und im Alsterhaus verändern wird, blieb am Montag zunächst offen. Während das Alsterhaus zusammen mit dem Oberpollinger und dem KaDeWe schon lange als eigenständige Einheit mit einem eigenen Einkauf geführt wird, ist die Verzahnung der Sporthäuser mit den gewöhnlichen Warenhäusern bedeutend enger. Das Sporthaus in der Innenstadt wird beispielsweise von dem gleichen Geschäftsführer geleitet, der auch das große Haus an der Mönckebergstraße führt. Hier könnte es zu organisatorischen Veränderungen kommen.

Karstadt befindet sich schon seit Jahren in einem umfassenden Umbauprozess. Der scheidende Chef Andrew Jennings hatte dem Warenhausriesen zuletzt bescheinigt, bei seiner Sanierung noch nicht über den Berg zu sein. Die Wegstrecke, die Karstadt vor sich habe, sei „weiter herausfordernd“, bilanzierte Jennings Anfang September. Karstadt beginne aber, erste Früchte des nach der Pleite und der Übernahme durch Berggruen begonnenen Umbaus zu ernten. Der Konzern habe einen „starken Umsatztrend“ im August verzeichnet. „Wir starten mit leichtem Rückenwind in diesen Herbst“, hatte Jennings erklärt.