Die Filialen von Praktiker werden geräumt. Ab der kommenden Woche beginnt in den Baumärkten der Ausverkauf – auch in Hamburg. Für die Tochter Max Bahr soll es zehn Interessenten geben.

Hamburg. Das Ende von Praktiker ist besiegelt. Die insolvente Baumarktkette wird abgewickelt. Schon in der kommenden Woche soll der Ausverkauf in den verbliebenen 131 Filialen von Praktiker und der Nebenmarke Extra Bau+Hobby beginnen – auch in Hamburg. Betroffen sind davon rund 5300 Mitarbeiter, Teilzeitkräfte eingerechnet. „Es liegen keine Angebote für Praktiker als Gesamtkonzern vor“, heißt es aus gut informierten Kreisen. Das Unternehmen sei so stark angeschlagen, dass es keine realistische Perspektive gibt. „Der Markt hat entschieden, dass für Praktiker ein Neustart nicht mehr möglich ist.“ Damit verschwindet nun die einstige Nummer zwei der Baumarktbranche vom Markt.

Ganz anders ist die Situation bei Max Bahr. Für die ebenfalls insolvente Tochtergesellschaft gibt es Insidern zufolge mehr als zehn unverbindliche Angebote von Investoren aus dem In- und Ausland, darunter sowohl von strategischen Bietern als auch von Finanzinvestoren. Dem Vernehmen nach wollen einige Interessenten sogar nicht nur die 132 Max-Bahr-Märkte übernehmen. Zusätzlich bestehe auch Interesse an weiteren 42 Praktiker-Filialen, die das frühere Management des Branchenriesen noch in Max Bahr hatte umwidmen wollen. Durch die Insolvenz im Juli war es dazu aber nicht mehr gekommen.

Bis Monatsende sollen die Interessenten nun verbindliche Angebote abgeben, heißt es. Dazu wird nach Abendblatt-Informationen noch in dieser Woche der Datenraum für die sogenannte Due Dilligence geöffnet. Welche Bieter Einblick in die Bücher bekommen, steht offenbar noch nicht fest.

Die vorläufigen Insolvenzverwalter Christopher Seagon und Jens-Sören Schröder und die von ihnen eingeschaltete Investmentbank Macquarie Capital dürften aber nicht jedem Interessenten eine Einladung schicken, allein schon, um das Verfahren überschaubar zu halten. Die Rede ist von zunächst gut einer Hand voll Bieter, ausgesucht anhand der bislang abgegebenen Gebote. Mit der Öffnung des Datenraums befinden sich die Verwalter im Zeitplan. Seagon jedenfalls hatte schon vor einigen Wochen für Anfang September die nächsten Schritte angekündigt.

Offenbar auch Hoffnung für Praktiker-Belegschaft

Für die Mitarbeiter von Max Bahr deutet sich mit der möglichen Übernahme eine Lösung an, bei der die Mehrzahl ihren Arbeitsplatz behalten könnte. Doch auch für die Praktiker-Belegschaft besteht trotz der bevorstehenden Zerschlagung offenbar noch Hoffnung. Denn auch wenn niemand Praktiker im Ganzen kaufen will, Interesse an einzelnen Standorten ist den Kreisen zufolge vorhanden, reges Interesse sogar. „Es gibt zum Teil mehrere Anfragen für einzelne Märkte“, heißt es. Darunter seien gleich mehrere der gängigen Wettbewerber in Deutschland. Tatsächlich hatten zum Beispiel Marktführer Obi oder auch Hornbach und Hagebau schon kurz nach der Praktiker-Insolvenz vor fast zwei Monaten Interesse an Standorten geäußert. Und damit nicht genug. Auch Textilunternehmen, Elektronikketten und Tierfutterhersteller haben ihren Hut in den Ring geworfen, ist zu hören. Die branchenfremden Bieter würden dem Vernehmen nach sogar Praktiker-Personal übernehmen und entsprechend umschulen.

Um die einzelnen Filial-Gebäude potenziellen Investoren übergeben zu können, müssen sie nun leer geräumt werden, auch die 42 Märkte mit Max-Bahr-Perspektive. „Die Interessenten wollen keine Praktiker-Inhalte“, heißt es zur Begründung – kein Schild also, kein Mobiliar, nicht mal die Waren. Sämtliche Sortimente dürften daher mit deutlichen Rabatten losgeschlagen werden. Ob es am Ende für jede Praktiker-Filiale eine Lösung gibt, scheint allerdings fraglich. „Es kann sein, dass einzelne Standorte keine Käufer finden“, sagen Insider. In dem Fall werde es dann auch zu Kündigungen kommen.

Praktiker – vor allem bekannt durch seinen Werbeslogan „20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung“ – hatte Mitte Juli Insolvenz anmelden müssen, die Tochter Max Bahr folgte knapp zwei Wochen später. Der Zusammenbruch der einstigen Nummer zwei der Branche gehört zu den größten Insolvenzfällen in Deutschland. Beide Unternehmen mussten sich für zahlungsunfähig erklären, nachdem Warenkreditversicherer ihre Zusagen zur Besicherung von Lieferanten zurückgezogen hatten. Noch bis Ende des Monats läuft die vorläufige Insolvenz, am 1. Oktober wird das Hauptverfahren eröffnet, sollte es bis dahin keine anderweitige Lösung geben. Nicht von der Pleite betroffen sind die Auslandsgesellschaften von Praktiker mit noch mal 7000 Beschäftigten. Für sie startet nach Abendblatt-Informationen in Kürze ein eigener Verkaufsprozess.