EU-Kommission will die Rechte der Verbraucher bei im Internet gebuchten Paketreisen verbessern. Mehr Spielraum für Touristen, die eine maßgeschneiderte Reise kurzfristig nicht antreten wollen oder können.

Brüssel. Darf es vielleicht noch ein Mietauto sein? Oder eine Hotelübernachtung? Wer eine Flugreise im Internet bucht, bekommt häufig von der Fluggesellschaft weitere Angebote wie diese unterbreitet. Am Ende hat der Kunde zwar keine klassische Pauschalreise gebucht, aber doch einmal für ein Gesamtpaket bezahlt – ohne dass er vergleichbare Rechte hätte. So ist heute unklar, an wen man sich im Falle von Beschwerden wendet oder wie sich ein solches Reisepaket stornieren lässt.

Die EU-Kommission will das mit einem neuen Vorschlag ändern. Touristen sollen künftig mehr Spielraum haben, wenn sie eine solche maßgeschneiderte Reise kurzfristig nicht antreten wollen oder können. Ein Rückzieher soll demnach gegen eine „angemessene Stornierungsgebühr“ möglich sein. Im Fall von Naturkatastrophen oder politischen Unruhen im Urlaubsland will die EU-Kommission sogar eine kostenlose Stornierung einführen.

Außerdem dürfen die Anbieter von kombinierten Reisepaketen nach dem Willen der EU-Kommission künftig nicht mehr willkürlich Zuschläge erheben. Genauso sollen Reiseunternehmen in Zukunft dazu verpflichtet werden, Preissenkungen an ihre Kunden weiterzugeben. In der Praxis könnte das folgende Auswirkung haben: Wird zum Beispiel Kerosin teurer, dürfen die Fluglinien ihre Kunden mit Zuschlägen von höchstens zehn Prozent an den gestiegenen Kosten beteiligen. Im Umkehrschluss müssen Reisenden aber geringere Treibstoffkosten ebenfalls zugutekommen.

Der Vorschlag sieht außerdem einen klaren Ansprechpartner bei Beschwerden vor. Zum Beispiel sollen sich Reisende künftig an den Fluganbieter wenden können, bei dem sie auch das Mietauto gebucht haben, wenn es Probleme mit dem geliehenen Pkw gibt.

Bestehende EU-Regelungen aus dem Jahr 1990 für Pauschalreisen sind mittlerweile reformbedürftig, weil sich der Reisemarkt in den vergangenen Jahren extrem verändert hat. So schützt die jetzige Rechtslage vor allem die Verbraucherrechte bei fertigen Pauschalreisen. Heute werden aber bereits 23 Prozent aller Urlaube von Kunden selbst im Internet zusammengestellt.

„Wir müssen die EU-Reisevorschriften an das digitale Zeitalter anpassen“, begründet EU-Justizkommissarin Viviane Reding den Vorstoß. Nach Angaben der luxemburgischen Politikern würden in Europa rund 120 Millionen Verbraucher von der neuen Regelung profitieren. „Die Neuregelung der EU-Standards war überfällig“, kritisiert der binnenmarkt- und verbraucherschutzpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Andreas Schwab (CDU).

Bei den heute weit verbreiteten „Durchklick-Angeboten“ würden die Verbraucher vor große Herausforderungen gestellt. „Diesen Ansprüchen muss auch der Verbraucherschutz genügen“, fordert Schwab. Kunden, die beispielsweise im Internet ihre Reisen selbst zu einem Paket zusammenstellen, müssten sich EU-weit auf gleiche Standards verlassen können. Ausgenommen sind von der neuen Richtlinie organisierte Geschäftsreisen und frei organisierte Reisen.

Bislang kann es bei kombinierten Reiseangeboten passieren, dass sich Reiseveranstalter und Vertreter vor Ort gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. Geht es nach dem Willen der Kommission, soll die Haftungsfrage künftig für alle Beteiligten klar geregelt sein. „Davon profitieren nicht nur die Urlauber, sondern auch die Unternehmen“, sagte Reding bei der Vorstellung der Initiative in Brüssel. Sie nannte gleiche Wettbewerbsbedingungen und die Abschaffung veralteter Bestimmungen als Vorteil. So sind Reiseveranstalter bisher verpflichtet, Kataloge nachzudrucken. Die Kosten dafür belaufen sich nach Angaben der EU-Kommission auf bis zu 390 Millionen Euro jährlich.

Die Unternehmen müssten von der Neuregelung nach Auskunft der Kommission keine Mehrkosten fürchten. Der zuständige Industriekommissar Antonio Tajani rechnet im Gegenteil sogar mit Impulsen für die Wirtschaft. „Wenn Touristen sich bei der Buchung von Reisepaketen im Internet sicher fühlen, wird das sogar zu Wachstum führen“, so der italienische Kommissar.

Es wird allerdings noch dauern, bis zumindest die Touristen von den neuen Vorschriften profitieren können. Damit der Vorschlag rechtsverbindlich wird, müssen EU-Parlament und Mitgliedstaaten zustimmen. „Die EU-Kommission hat ihren Teil der Arbeit erledigt, jetzt sind die anderen dran“, sagte Viviane Reding in Brüssel. Die Vorgespräche mit den betroffenen Parteien, also den Reiseunternehmen und den Verbraucherschutzorganisationen, seien „umfangreich und kontrovers“ gewesen. Weil die strittigen Punkte aber mittlerweile ausgeräumt seien, rechnet die Kommissarin mit keinen größeren Verzögerungen. Bei den komplizierten EU-Verfahren bedeutet das: Reisende müssen sich noch mindestens ein bis zwei Jahre gedulden, bis die neuen Verbraucherrechte Gültigkeit haben.