Landesbank trennt sich nach Privatpersonen nun von mehreren Hundert Mittelständlern im Norden

Hamburg. Das Schreiben der HSH Nordbank hat keinen direkten Adressaten. Vielmehr wird den „sehr geehrten Damen und Herren“ mitgeteilt, dass man „die Geschäftsbeziehungen leider bis Ende dieses Jahres beenden“ müsse. Zwei Monate gab die Bank ihrem Nochkunden Zeit, sich bei ihr zu melden, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Eine ungewöhnlich anmutende Handlungsweise. Denn der Kunde ist der Hamburger Beleuchtungsspezialist Ladiges, ein Traditionsunternehmen, das die Familie 1885 in der Hansestadt gegründet hat und dessen Hausbank die HSH schon war, als sie noch Hamburgische Landesbank hieß. Die ersten Kontakte stammen von 1950.

Hans-Christian Friedmann, der seit 1983 als geschäftsführender Gesellschafter an der Spitze von Ladiges steht, hat zwar ein Geschäftskonto bei der HSH. Trotzdem gehört er nun zu den 10.000 Kunden des Instituts, von denen es sich trennen will. Hintergrund ist der von der EU im Gegenzug für die staatlichen Hilfen aus Hamburg und Kiel angeordnete Schrumpfkurs, dem bis Ende 2014 rund 1200 Stellen in der Bank zum Opfer fallen sollen. Als Reaktion darauf sollen 10.000 von der Bank als privat eingestufte Kunden in Hamburg und Kiel abgegeben werden, deren Betreuung als nicht profitabel gilt.

Doch Friedmann, der im Schanzenviertel 20 Mitarbeiter beschäftigt und im eigenen, unter Denkmalschutz gestelltem Haus seinen Firmensitz hat, gehört eben auch zum Mittelstand. Und noch im Mai hatte HSH-Vorstand Matthias Wittenburg deutlich gemacht, wie die künftige Strategie der Bank aussehen sollte. „Es ist unser Ziel bei einer noch größeren Anzahl mittelständischer Unternehmen die Rolle als Hausbank einzunehmen“, so der Manager.

Warum Ladiges nun nicht mehr in diese Kategorie fällt, glaubt der Unternehmer zu wissen. Der Umsatz seines Geschäfts, das einen niedrigen zweistelligen Umsatz erzielt, sei den Verantwortlichen in der Bank offenbar nicht hoch genug. „Mir wurde in einem Gespräch gesagt, dass die Grenze bei 50 Millionen Euro gezogen wird“, sagt Friedmann. Schon im März, als er über einen Kredit für das Unternehmen verhandelte, bekam er eine Absage. Der Hintergrund: Der 64-Jährige konnte nicht auf „Einlagen beziehungsweise Depotwerte in Höhe von einer Million Euro“ verweisen.

Ärgerlich für Friedmann, wenn auch ohne Konsequenzen für ihn. „Die Deutsche Bank hat mir mit Freuden den Kredit vermittelt“, sagt er. Kein Wunder: Ladiges schreibt nach eigenen Angaben „gute, schwarze Zahlen“. Dazu kann der Chef des lichttechnischen Großhändlers und Systemhauses, der mit Architekten und Bauträgern zusammenarbeitet, auf zahlreiche Referenzern hinweisen. So ist Ladiges für die Beleuchtung des Unileverhaus, das Terminal 2 im Flughafen und den Innenraum des Michels verantwortlich.

Die Beziehung kann die HSH Nordbank nun abhaken. Friedmann wechselt komplett zur Deutschen Bank. Das Kapitel HSH ist für ihn beendet. Ohnehin hatte er es in den vergangenen sechs Jahren als wenig vertrauenserweckend empfunden, dass seine Betreuer bei der Bank immer wieder wechselten. „Wir verhandeln jetzt nur noch über eine Entschädigung für die Kosten, die durch den Bankenwechsel auf mich zukommen“, sagt der Firmenchef. Vor dem Hintergrund der langen Geschäftsbeziehungen, die schon auf seinen Vater Hans zurückgehen, nennt er das Vorgehen der Landesbank schlicht „unangemessen und unhanseatisch“.

Doch Friedmann spricht nicht nur für sich allein. Denn er sitzt auch im Präsidium des Groß- und Außenhandelsverbandes AGA, zu dem in den fünf norddeutschen Ländern 3500 Firmen mit 150.000 Mitarbeiter zählen. Zudem ist er der Vorsitzende der Hamburger Landesgruppe mit 900 Firmen. Auch für den Verband, der vor allem Mittelständler vertritt, ist das Vorgehen der HSH schwer nachvollziehbar. „Es ist ein falsches Signal, plötzlich so hohe Umsatzgrenzen festzusetzen, wenn man sich als Bank des Mittelstandes sieht“, sagt Friedmann. „Die Zahl der Firmen, die diesen Wert übertrifft, dürfte auch in Hamburg überschaubar sein.“

Die Zahl der vom Abbau bei den Kunden betroffenen Firmen liege im einstelligen Prozentbereich, sagte HSH-Sprecherin Petra Bassen. Geschätzt dürften mehrere Hundert Firmen betroffen sein. „Dabei geht es vor allem um Ein-Mann-Betriebe und Freiberufler. Wir wollen uns auf die inhabergeführten größeren Mittelständler konzentrieren. Die 50 Millionen Euro Umsatz sind dabei eine Richtgröße“, sagte Bassen. Das klassische Privatkundengeschäft hätte auch bisher für die HSH nicht im Vordergrund gestanden.

Für das Anschreiben, das den verschmähten Kunden den Weg zur Hamburger Sparkasse nahelegt, nutzte die Bank die hinterlegte Firmenadresse. So blieb es beim formalen Abschied von einem Kunden, der der Bank seit 30 Jahren bekannt sein müsste.