Die Mitarbeiter in Frankfurt/Oder seien von der Pleite der Hamburger Solarfirma „völlig überrascht“ worden. 1200 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Branche leidet unter massivem Preisverfall.

Hamburg. Die Serie der Pleiten in der deutschen Solarindustrie hat nun auch Hamburg erreicht: Das seit Jahren mit Verlusten kämpfende Unternehmen Conergy muss nach zahlreichen erfolglosen Sanierungsversuchen Insolvenz anmelden. Am Freitag reichte die Firma einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht Hamburg ein.

Betroffen von der Insolvenz sind nicht nur die rund 200 Beschäftigten in der Hamburger Zentrale, sondern auch alle wichtigen deutschen Tochtergesellschaften. Dazu gehört auch die Fertigung von Solarmodulen in Frankfurt an der Oder. Insgesamt müssen nun etwa 1200 Conergy-Mitarbeiter um ihre Jobs bangen, darunter 800 in Deutschland.

In Frankfurt/Oder stoppte Conergy noch am Freitagabend überraschend die Produktion. Die Geschäftsleitung habe den Mitarbeitern der Spätschicht vor Arbeitsbeginn mitgeteilt, dass die Produktion bis Montag eingestellt werde, sagte Siegfried Wied von der IG Metall Ostbrandenburg am Sonnabend und bestätigte einen Bericht der „Märkischen Oderzeitung“.

„Für uns kam dies völlig überraschend“, sagte der Gewerkschaftssekretär. Der Betriebsrat war nach Angaben des Vorsitzenden Harald Frick nicht informiert worden. An diesem Montag sollen laut Wied die Mitarbeiter vom Insolvenzverwalter informiert werden. Eine Stellungnahme des Unternehmens gab es zunächst nicht.

In dem Frankfurter Werk mit rund 320 Beschäftigten wird normalerweise sieben Tage die Woche rund um die Uhr gearbeitet. Am Standort Rangsdorf (Teltow-Fläming), wo 200 Menschen beschäftigt sind, ruhe die Produktion bereits seit Donnerstag, hieß es.

Conergy hatte am Freitag beim Hamburger Amtsgericht wegen Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Insgesamt hat Conergy nach eigenen Angaben 1200 Mitarbeiter, davon 800 in Deutschland.

Bad Bank der WestLB stellte sich quer

Grund für den Schritt in die Insolvenz sei eine unerwartete Zahlungsverzögerung aus einem Großprojekt, hatte Conergy am Freitag mitgeteilt. Zudem hätten sich die Geldgeber des Solarunternehmens nicht auf ein vom Vorstand vorgelegtes Zukunftskonzept verständigen können, das den Einstieg eines neuen Investors vorsah.

„Wir haben unseren kreditgebenden Banken in den vergangenen 15 Monaten zwei konkrete Vorschläge für den Einstieg eines strategischen Investors vorgelegt und bedauern es sehr, dass sie diesbezüglich in keinem Fall eine verlässliche Einigung über eine zeitnahe Umsetzung erzielen konnten“, sagte Conergy-Chef Philip Comberg. Nun werde man den vorläufigen Insolvenzverwalter unterstützen, um möglichst alle Jobs zu sichern und den Geschäftsbetrieb weiterzuführen. Das Amt des Insolvenzverwalters wird der Rechtsanwalt Sven-Holger Undritz aus der auf Restrukturierungen spezialisierten Kanzlei White & Case übernehmen.

Nach Informationen des Abendblatts hatte das Management noch in der Nacht zum Freitag mit den Banken um ein Zukunftskonzept gerungen. Am Ende stellte sich jedoch die Bad Bank der zerschlagenen WestLB, die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), quer.

Jahrelanger Überlebenskampf

Conergy kämpft schon seit Jahren ums Überleben. Bereits 2007 stand das Unternehmen vor dem Aus. Der Ökostrom-Pionier hatte sich von Wind über Solar bis zu Biomasse auf praktisch alle Formen der erneuerbaren Energien gestürzt und sich damit verhoben. Auch eine für die Aktionäre schmerzhafte Umschuldung brachte nicht die Wende.

Zuletzt machte die Branchenkrise die erhoffte Erholung zunichte. Die deutschen Solarfirmen befinden sich wegen einbrechender Preise für ihre Module und der Konkurrenz aus Asien in Schwierigkeiten. Firmen wie Q-Cells oder Solon schlitterten schon in die Insolvenz und wurden geschluckt.

Für die Handelskammer Hamburg ist die frühere Förderpolitik für erneuerbare Energien mitverantwortlich für die Lage. „Die Verhältnisse auf dem deutschen Markt waren sehr bequem“, sagte der Geschäftsführer für Innovation und Umwelt, Ulrich Brehmer. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz seien hohe Vergütungszusagen gemacht worden, was den Innovationsdruck im Inland gesenkt habe. „Da zeigt sich das süße Gift der Subvention.“