Branche war zu satt. Insolvenz von Conergy ist neuer Höhepunkt der Solarpleiten

Zumindest Experten dürften von der Insolvenz der Hamburger Solarfirma Conergy nicht überrascht sein. Denn seit nunmehr drei Jahren gibt es deutschlandweit Hiobsbotschaften von Unternehmen der Solarbranche, die aufgeben müssen. Das ist bedauerlich. Vor allem chinesische Firmen, hinter denen Staatskonzerne mit viel Geld stehen, drängen mit Dumpingpreisen auf den lukrativen deutschen Markt. Die Branche beklagt sich zu Recht über die Billigkonkurrenz.

Gleichzeitig müssen sich die Firmen den Vorwurf gefallen lassen, dass sie zu spät auf die neuen Wettbewerber reagiert haben – und oft sogar gar nicht. Nach erfolgsverwöhnten Jahren ab 2000 war die Branche zwischenzeitlich zu träge geworden.

Hohe Subventionen in Deutschland durch das sogenannte Erneuerbare Energien Gesetz, die einmal sogar auf 43 Cent pro Kilowattstunde gestiegen waren, sicherten den Konzernen Aufträge, ohne dass sie sich dafür viel Mühe machen mussten. Die Gewinne flossen, und die Solarfirmen nutzten dies, um in neue Bereiche wie Biomasse oder Windkraft einzusteigen. Auch Conergy hat sich damals in weiteren Sparten der Erneuerbaren Energien getummelt. Ihr Kerngeschäft haben manche Firmen dabei offenbar aus den Augen verloren. Daneben kamen immer mehr Produktionsstätten hinzu, sodass am deutschen Solarmarkt Überkapazitäten entstanden sind.

Das rächte sich spätestens, als neue Importeure aus Asien Deutschland als Absatzmarkt entdeckten. Die Branche fühlte sich dennoch angesichts der guten Qualität – zu – sicher und merkte nicht, dass neue Anbieter aus China und anderen Ländern von den hohen Subventionen profitierten, die die Politik Verbrauchern und Unternehmen für neue Solaranlagen bezahlte.

Die Kunden gingen aber nicht mehr zu Conergy und Co., sondern zu den ausländischen Anbietern, die je nach Größe der Anlage ihre Module um Tausende Euro günstiger anboten. Selbst das städtische Unternehmen Hamburg Energie hat seine Panelen auf dem Schuppen 52 im Hafen nicht bei Conergy gekauft.

Mit dieser Entwicklung wurde klar, dass die deutsche Förderpolitik fehlgeleitet war. Nicht mehr hiesige Anbieter profitierten vom Solarboom, sondern Staaten aus aller Welt. In der Folge senkte der deutsche Gesetzgeber die Subventionen – auf derzeit 16 bis 17 Cent pro Kilowattstunde. Die Kunden profitierten davon, da sie weniger für Strom zahlen mussten, kauften aber weiter neue Anlagen eher bei ausländischen Herstellern.

Die Politik schaut immer noch mit offenen Augen zu, wenn Firmen wie der Hamburger Hersteller Conergy in die Pleite gehen. Zwar sind Strafzölle gegen chinesische Unternehmen, wie sie die EU verlangt, nicht das richtige politische Mittel gegen Dumpingpreise. Denn im Gegenzug könnte Chinas Regierung europäische Waren wie etwa deutsche Autos mit hohen Zöllen belegen. Das würde kaum weiterhelfen.

Besser wäre, wenn die eingesparten Subventionen durch die Kürzung der Solarförderung verwendet würden, um deutsche Firmen bei der Forschung nach Innovationen zu unterstützen – falls es nicht schon zu spät ist.

Die Politik allein zu kritisieren, ist nur die halbe Wahrheit. Den Schwarzen Peter haben die Firmen, die zu spät reagierten. Zwar sind deutsche Forscher bei der Entwicklung Spitze, aber in der Vermarktung ihrer Produkte werden sie von den Asiaten überholt. Ein Beispiel ist das Faxgerät. Es wurde in Deutschland erfunden. Hergestellt wird es inzwischen aber in Asien.

Auch bei Solarmodulen ist eine Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer zu befürchten. Das Nachsehen wird der Standort Deutschland haben. Das ist nicht gut.