Die Gewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Geld. Arbeitgeber lehnen dies als zu hoch ab und wollen die Zuschläge kürzen.

Hamburg. Für Frühstücksliebhaber ist es ein Ort, der einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt: In Backstuben strömt der Geruch von frisch gebackenen Brötchen aus den Öfen, das Zimtaroma der Franzbrötchen macht Appetit auf die erste Mahlzeit des Tages, es duftet nach frischem Gebäck - doch momentan herrscht in den Bäckereien im Norden eher dicke Luft. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert für die rund 10.000 Bäcker und Fachverkäufer in Hamburg und Schleswig-Holstein sechs Prozent mehr Lohn. Zu viel, kontern die Arbeitgeber und wollen zudem die Zuschläge kürzen sowie Urlaubstage streichen. Die Fronten sind vor der nächsten Tarifrunde am morgigen Donnerstag in Bad Bramstedt verhärtet.

"Die Innung versucht gerade, die ganz dicke Keule herauszuholen und stößt damit allen Beschäftigten im heimischen Bäckerhandwerk vor den Kopf", sagt Christa Theinert. Die Branchensekretärin der NGG Hamburg-Elmshorn hält die sechs Prozent mehr Geld für angemessen. "Für einen Bäckergesellen würde dies am Monatsende rund 130 Euro mehr bedeuten", sagt Theinert. Laut Gehaltstarifvertrag erhält ein Geselle ab dem fünften Jahr im Monat 2191,04 Euro. "Eine erfahrene Fachverkäuferin hätte rund 120 Euro zusätzlich auf dem Gehaltskonto", hat Theinert ausgerechnet. Sie wird derzeit ab dem fünften Berufsjahr mit 1805,27 Euro monatlich entlohnt. Die NGG fordert zudem, dass künftig niemand hinter dem Verkaufstresen oder in der Backstube für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbeitet. Derzeit liegt der Einstiegslohn für ungelernte Verkäuferinnen bei 7,85 Euro.

"Sechs Prozent sind im Gesamtwettbewerb nicht darstellbar", sagt hingegen Peter Becker, Präsident des Zentralverbandes des deutschen Bäckerhandwerks und Hamburger Verhandlungsführer der Arbeitgeber. Vom Getreide über Rosinen bis zu Kürbiskernen hätten die Preise für Rohstoffe deutlich angezogen. "Auch zukünftig werden steigende Rohstoffpreise neben den kletternden Energiepreisen die Geschäfte belasten", sagt Becker. Hinzu komme noch ein branchenspezifisches Problem. "Durch den Einstieg von Lidl und Aldi in den Brötchenverkauf ist der Wettbewerb deutlich härter geworden." Viele Unternehmen hätten im vergangenen Jahr ihre Flächen in der Vorkassenzone der Discounter verloren, die in ihren Läden zunehmend Backautomaten aufstellen. Insgesamt ist die Zahl der Bäckerbetriebe in Deutschland seit Jahren rückläufig. Seit 2005 machten mehr als 2500 Firmen dicht, Ende 2011 waren noch 14.170 Betriebe gemeldet.

Um sich neue Erlöse zu sichern, öffneten mehr Betriebe auch an Sonntagen und richteten Bistroecken ein, sagt Becker. Damit stoßen sie aber auf weitere Konkurrenz. Denn in der Gastronomie seien die Zuschläge deutlich geringer. Daher fordern die Arbeitgeber laut NGG ein Senken des Aufgeldes. Sonntags sollen Bäcker statt 65 Prozent nur noch 50 Prozent erhalten, nachts soll der Zuschlag zwischen 22 und 3 Uhr morgens von 60 Prozent auf 50 Prozent sinken. Für einen Gesellen würde das pro Monat im Schnitt 89,52 Euro weniger bedeuten, hat NGG-Branchensekretärin Theinert ausgerechnet: "Wer in Bäckereien und Backshops extrem früh oder spät Brot, Baguette, Brötchen und Kuchen verkauft, der hat einen angemessenen Zuschlag verdient. Das ist nämlich ein hartes Brot." Da auch die Feiertagszuschläge gekürzt werden sollen und Oster- und Pfingstsonntag statt als Feiertage nur noch als normale Sonntage gelten sollen, kämen durchschnittliche jährliche Kürzungen von 157,44 Euro hinzu. Der Zuschlag würde so von derzeit 125 Prozent auf die angestrebten 50 Prozent sinken. Für ältere Arbeitnehmer sollen zudem ab dem 60. Lebensjahr zwei und mit dem 62. Lebensjahr noch ein dritter Urlaubstag wegfallen.

Theinert lehnt die "radikalen Kürzungen" ab und fordert stattdessen ein "akzeptables" Angebot der Arbeitgeber. "Wenn es am Donnerstag zu keiner Einigung kommt, werden mit Sicherheit Aktionen folgen, damit die Arbeitgeber ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen", sagt Theinert und denkt zum Beispiel an das Verteilen von Flugblättern. Die Arbeitgeber hatten ursprünglich 3,5 Prozent mehr Geld für zwei Jahre angeboten. Bei einer jährlichen Inflationsrate von zwei Prozent sei dies aber zu wenig, sagte Theinert.

"Wir wollen gute Tarife für unsere Mitarbeiter", sagt Arbeitgeberverhandlungsführer Becker, "aber die Abschlüsse dürfen nicht dazu führen, dass Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren gehen." Schließlich seien von den 292.400 Beschäftigten bundesweit gut ein Zehntel Lehrlinge. Beide Tarifparteien hätten im Norden aber stets vernünftige Abschlüsse erzielt, sagt Becker, besteht aber auf eine Kürzung der Zuschläge oder des Urlaubsanspruchs: "Wir brauchen eine Gegenleistung aus dem Manteltarifvertrag."