Was wird aus Karstadt? Die Fronten zwischen Investor Berggruen und der Vermietergruppe Highstreet sind verhärtet. Neues Treffen in London.

Hamburg. Die Verhandlungen zwischen Karstadt-Investor Nicolas Berggruen und dem Vermieterkonsortium Highstreet stehen auf Messers Schneide. Nach mehreren vergeblichen Verhandlungsversuchen kamen der Milliardär und die Vermieter gestern in London erneut zu eilig angesetzten Gesprächen zusammen. Auch Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg nahm an dem Treffen teil, wie sein Sprecher dem Abendblatt bestätigte.

Berggruen hatte den Kaufvertrag für Karstadt vor zwei Wochen nur unter einem Vorbehalt unterschrieben: Falls bis Mitte Juli keine Einigung mit Highstreet über die von Berggruen geforderten Mietsenkungen erzielt werden kann, wird der Vertrag nicht rechtskräftig. Die Folge: Dem Unternehmen mit bundesweit 25 000 Beschäftigten und 120 Warenhäusern könnte die Zerschlagung drohen.

Obwohl die Einigung offiziell erst Mitte Juli vorliegen muss, drängt die Zeit. Ohne Billigung der zahlreichen Gläubiger des kompliziert strukturierten Immobilienfonds Highstreet kann die Vereinbarung nicht geschlossen werden. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen muss eine entsprechende Sitzung in der Regel mit einer Frist von 21 Tagen einberufen werden.

Um die Höhe der millionenschweren Mieten für die 86 zu Highstreet gehörenden Warenhäuser wird mit harten Bandagen gekämpft. Investor Berg-gruen setzt auf eine deutliche Reduzierung der Mieten und will dafür im Gegenzug die Beschäftigten ungeschoren lassen. Von Highstreet bereits angebotene Mietreduzierungen von rund 400 Millionen Euro lehnte er als unzureichend ab.

Einen der größten Knackpunkte in den Verhandlungen stellt Berggruens Plan dar, die Mietverträge für die Warenhäuser in drei Gruppen aufzusplitten. Der Investor will die Karstadt-Sport-Häuser und die Premiumhäuser Alsterhaus (Hamburg) und KaDeWe (Berlin) in zwei getrennte Gesellschaften ausgliedern. Einerseits will sich der Milliardär dadurch den Einstieg zusätzlicher strategischer Investoren offenhalten, die sich zwar eine Minderheitsbeteiligung an Luxuskaufhäusern, nicht aber an den übrigen Filialen vorstellen können. Andererseits dient die Aufsplittung offenbar auch dazu, verschiedene Mietniveaus für die einzelnen Sparten festzulegen - ein Plan, dem sich die Vermieter vehement widersetzen. Sie mutmaßen, dass geringere Mieten für Sport- und Premiumhäuser Berggruen nur dazu dienen sollen, einen späteren Verkauf der Häuser vorzubereiten. Diesen Vorwurf weist Berggruen entschieden zurück.

Hauptvermieter Highstreet hatte die Warenhäuser für zusammen mehr als vier Milliarden Euro von der damaligen Karstadt-Mutter Arcandor unter Führung von Thomas Middelhoff übernommen. Durch den Verkauf verschaffte sich das Unternehmen damals Luft im Überlebenskampf, muss seitdem aber hohe Mieten für die Warenhäuser zahlen. Vermieter Highstreet steht unter dem Druck, für die Immobilien möglichst hohe Mieteinnahmen zu erzielen.

Fast genau ein Jahr nach der Insolvenz hatten sich Anfang Juni gleich mehrere Investoren ein Bieterrennen um die Übernahme des Warenhausunternehmens geliefert. Neben Berggruen waren auch der Investor Triton und der Immobilienfonds Highstreet mit eigenen Angeboten am Start. Der elfköpfige Gläubigerausschuss hatte sich schließlich mit einer Mehrheit von neun Stimmen für Berggruen entschieden und dabei erstmals in dem Verfahren kein einstimmiges Votum abgegeben.

Allen Diskussionen um einen möglichen Rücktritt von dem Vertrag erteilte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg in dieser Woche eine klare Absage: "An den Vertrag mit Berggruen bin ich gebunden, ob dies einzelnen Beteiligten gefällt oder nicht", stellte er in einem Schreiben an den Gläubigerausschuss fest. Karstadt-Betriebsratschef Hellmut Patzelt hatte zuvor eine neue Sitzung des Ausschusses gefordert - möglicherweise, um die Entscheidung für Berggruen wieder infrage zu stellen.

Der Betriebsratschef spielt in der Insolvenz eine undurchsichtige Rolle. Einem Eckpunktepapier zufolge hatte er mit Highstreet im Mai über Bedingungen einer Übernahme von Karstadt verhandelt und dabei Zugeständnisse - etwa zu längeren Arbeitszeiten - gemacht. Auch von einem Verkauf einzelner Kaufhäuser ist darin die Rede. Die Belegschaft sollte dafür 15 Prozent am Unternehmen erhalten. In dem Papier heißt es außerdem, der ehemalige Karstadt-Chef Stefan Herzberg solle in sein Amt zurückkehren. Von ihm hatte sich Görg nach der Eröffnung der Insolvenz getrennt.

Die Gewerkschaft Ver.di ging auf Distanz: "Wir waren an den Gesprächen nicht beteiligt und hätten den Bedingungen in dem Eckpunktepapier auch nicht zugestimmt", sagte Sprecherin Cornelia Haß dem Abendblatt. Durch die Entscheidung für Investor Berggruen sei das Papier heute aber ohnehin Makulatur.