Edelmetalle liegen im Trend. Die Preise für Palladium, Silber oder Platin steigen. Denn die Nachfrage bei Anlegern und Industrie ist hoch.

Hamburg. Alle reden vom Gold. Mit dem Rettungspaket für den Euro hat sich die Nachfrage nach dem Edelmetall nochmals verstärkt. Höchstpreise für Münzen und Barren waren die Folge. "Dahinter steht der Zweifel der Anleger, ob die Staatsverschuldung der Euro-Länder noch in den Griff zu bekommen ist", sagt Robert Hartmann, Geschäftsführer des Edelmetallhandelshauses Pro Aurum. Es verkauft nicht nur Goldmünzen und -barren, sondern auch andere Edelmetalle wie Palladium oder Platin. Doch hier zeigt ein Blick in den Shop: Das Angebot ist noch ausgedünnter als bei Gold. Bis auf einen 500 Gramm schweren Palladiumbarren zum Preis von 7430 Euro ist nichts von dem weißen Edelmetall verfügbar. Innerhalb eines Jahres stieg der Palladium-Preis auf Dollar-Basis um 80 Prozent, während sich Gold nur um 30 Prozent verteuerte.


Nach einem wochenlangen ununterbrochenen Kursanstieg sind die Edelmetalle jetzt in eine Korrekturphase eingetreten. "Das ist nach einer solchen Entwicklung nicht ungewöhnlich", sagt Thorsten Proettel, Edelmetallexperte der Landesbank Baden-Württemberg. "Hinter den starken Kursrückgängen der letzten Tage steht die Befürchtung, die Schuldenkrise in der Euro-Zone könnte sich negativ auf die Weltkonjunktur auswirken", sagt Eugen Weinberg von der Commerzbank. Doch die meisten Experten sehen das nur als eine vorübergehende Entwicklung. "Die Konjunkturdaten sprechen unverändert für ein moderates Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten", sagt Proettel. Anleger, die in diese Rohstoffe investieren, weil sie eine Geldentwertung fürchten, treiben zusätzlich die Nachfrage.

Während Gold vorwiegend als Schmuck und von verängstigten Sparern nachgefragt wird, haben die anderen Edelmetalle für die Industrie eine große Bedeutung. Das teuerste Edelmetall ist Platin mit rund 1500 Dollar je Feinunze (31,10 Gramm). Über 40 Prozent des Angebots wird von der Automobilindustrie zur Herstellung von Katalysatoren aufgesaugt, weil der Rohstoff sehr hitzebeständig ist. Experten rechnen damit, dass der weltweite Pkw-Absatz in diesem Jahr vor allem wegen der Nachfrage aus Asien um 5,7 Prozent auf 56 Millionen Fahrzeuge steigt. Die meisten Fahrzeuge haben einen Katalysator. Rund ein Drittel der Jahresproduktion des Metalls wird für die Schmuckproduktion verwendet. 79 Prozent der weltweiten Platin-Produktion kommt aus Südafrika.

Bei Palladium ist es rund ein Drittel. "Dort drohen wegen der Fußballweltmeisterschaft Produktionseinschränkungen", sagt Proettel. Denn Strom ist in Südafrika knapp, und da sich das Land nicht blamieren möchte, wird die zur Verfügung stehende Energie in die Austragungsorte der Veranstaltung umgeleitet. "Die Minen sind dann gezwungen, ihre Produktion zurückzufahren oder sogar komplett einzustellen", sagt Weinberg.

Auch das zwei Drittel günstigere Palladium wird von der Autoindustrie für Katalysatoren nachgefragt. Eine Feinunze kostet gegenwärtig 416 Euro. "Der Unterschied ist, das Palladium stärker für Fahrzeuge mit Benzinmotoren nachgefragt wird", sagt Proettel. Platin wird dagegen in Katalysatoren der Dieselfahrzeuge eingesetzt.

Doch inzwischen wurden die beiden Edelmetalle Palladium und Platin auch als Wertaufbewahrungsmittel von Anlegern entdeckt. Fonds, an denen sich die Anleger beteiligen können, investieren direkt in die Metalle. "Ein in den USA aufgelegter Platin-Fonds steht inzwischen für sechs Prozent der globalen Jahresnachfrage", sagt Weinberg. Auch für Palladium wurden solche Produkte aufgelegt. "Die Investmentnachfrage wird für den relativ kleinen Palladium-Markt ein immer bedeutenderer Faktor", sagt Proettel.

Kommt es nicht zu einem wirtschaftlichen Einbruch, können Platin und Palladium weiter steigen. Für Platin sieht Proettel bis zum Jahresende ein Kursziel von 1700 Dollar je Feinunze. Auch sein Kollege Weinberg kommt zu dieser Einschätzung. Palladium könnte auf 500 bis 550 Dollar je Feinunze steigen.


Silber ist für viele industrielle Anwendungen unverzichtbar geworden. In einem Auto sind ungefähr zwei Unzen Silber verarbeitet. Das Metall mit der höchsten Leitfähigkeit für Wärme und Energie findet sich in elektrischen Kontakten, Katalysatoren, Solarpaneelen oder Batterien. "In jedem Handy stecken durchschnittlich 250 Milligramm Silber, 24 Milligramm Gold und neun Gramm Palladium", sagt Ex-Investmentbanker Thorsten Schulte, der den Börsenbrief "Silberjunge" herausgibt. Mit 440 Millionen Unzen könne die industrielle Nachfrage 2010 wieder das Niveau von 2008 erreichen.


Die Gefahr, dass Silber ins Abseits gerät, weil der klassische Einsatz für die Fotografie früherer Tage immer mehr an Bedeutung verliert, sieht Schulte nicht. "Der Bedarf an Silber für die Zukunftstechnologien wird das mehr als ausgleichen", sagt er. Dazu gehören Silber-Zink-Akkumulatoren in mobilen Kommunikationstechnologien oder Silber in Brennstoffzellen. Die Gesamtnachfrage dieser Zukunftstechnologien soll nach einer Studie des Fraunhofer Instituts im Jahr 2030 einen Anteil von 78 Prozent an der Silber-Jahresproduktion ausmachen. 2006 waren es erst 26 Prozent.

Doch die größte Nachfrage erwartet Schulte in den nächsten Jahren von Anlegern, die sich vor einer Geldentwertung schützen wollen. "Silber ist das Gold des kleines Mannes", sagt er. Immerhin kostet der Wiener Philharmoniker als Goldmünze gegenwärtig 57-mal so viel wie der Philharmoniker in Silber. Der Experte rechnet damit, dass sich dieses im historischen Vergleich hohe Verhältnis künftig zugunsten von Silber verschiebt und Silber somit deutlich stärker im Preis zulegen wird als Gold. Noch für dieses Jahr erwartet Schulte Kurse von 25 bis 30 Dollar je Unze. Derzeit bezahlt man rund 18 Dollar. "Bis Ende 2012 sind Preise von 100 Dollar möglich", sagt Schulte. "Silber hat für die Industrie eine große Bedeutung und kann aber auch wieder die klassischen Geldfunktionen übernehmen. Damit ist es Gold überlegen."