Konkurrenz im Kerngeschäft: Der Internetkonzern Google plant für 2010 ein Betriebssystem für Computer. “Google Chrome OS“ soll einfach, schnell und sicher sein.

Hamburg. Gerade neun Monate ist es her, da versetzte Google die Welt in Aufregung. Mit der Software "Chrome" sagten die Kalifornier dem Giganten Microsoft den Kampf bei Browsern an - also bei Programmen, die den Weg ins Internet ebnen. Diesen Markt beherrscht Microsoft mit seinem "Internet Explorer". Doch 30 Millionen Nutzer konnte "Google Chrome" nun schon von seinen Vorzügen überzeugen.

Was Experten bereits damals ahnten, ist nun Gewissheit: Dem Browser soll noch im Laufe des kommenden Jahres ein komplettes Betriebssystem folgen. Dabei soll es sich um ein sogenanntes Open Source-Produkt handeln, für das Entwickler in aller Welt frei programmieren können und das zumindest für Privatnutzer wohl weitgehend kostenlos sein wird. Damit dringt der Konzern, dessen Suchmaschine längst bestimmt, wer im Internet wahrgenommen wird und wer nicht, in Microsofts ureigenstes Terrain vor. Zunächst einmal hat Google mit "Chrome OS" (das Kürzel steht für das englische "Operating System", also Betriebssystem) allerdings ausschließlich die immer beliebteren Netbooks im Visier - mobile Mini-PC, dank derer man sich auch unterwegs nicht aus dem Internet ausloggen muss.

"Schnelligkeit, Einfachheit und Sicherheit sind die zentralen Aspekte von `Google Chrome OS", versprechen Produktmanager Sundar Pichai und Chefentwickler Linus Upson in ihrem Weblog, in dem sie die Botschaft in der Nacht zu gestern erstmals verkündet hatten. Ziel sei "ein schnelles Betriebssystem, das auf das Nötigste reduziert ist und die Nutzer innerhalb weniger Sekunden ins Web bringt." Die Benutzeroberfläche bleibe im Hintergrund, während sich das Gros der Aktivitäten im Internet abspiele. Das passt exakt zur Strategie des Konzerns, nach dessen Vision Nutzer ihre Daten künftig online bearbeiten, speichern und verwalten sollen - natürlich nach Möglichkeit auf den Servern von Google. "Die Nutzer möchten überall auf ihre Daten zugreifen können und sich keine Sorgen darüber machen müssen, was passiert, wenn sie den Computer verlieren oder sie vergessen haben, ihre Dateien zu sichern", so Pichai und Upson weiter. Noch wichtiger sei es, dass niemand mehr Stunden mit der Konfiguration seines Computers zubringen müsse, wenn er sich neue Hardware anschaffe. Auch ständige Softwareupdates sollten bald der Vergangenheit angehören.

In der zweiten Jahreshälfte 2010 sollen erste Geräte erhältlich sein, auf denen "Chrome OS" vorinstalliert ist. Zu diesem Zeitpunkt wird das am 26. Oktober erscheinende "Windows 7", das auch in einer eigens auf Netbooks abgestimmten Variante erscheinen wird, allerdings schon einige Monate auf dem Markt sein. Welche Hardware-Hersteller zu den Überläufern gehören, ist noch nicht bekannt. Das ist auch kaum verwunderlich, setzen sich die Betroffenen doch der nicht zu unterschätzenden Gefahr aus, den Software-Giganten, auf dessen Produkte sie letztlich angewiesen sind, nachhaltig zu verärgern.

Darüber, wann und in welcher Form "Chrome OS" hierzulande verfügbar sein wird, schweigt man sich bei Google ebenfalls noch aus. "Konkrete Aussagen zum deutschen Markt können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen, da uns hierzu keinerlei Informationen vorliegen", erklärt der Sprecher von Google Deutschland, Stefan Keuchel. In Deutschland muss Google bei der Einführung seines neuen Produkts besonders behutsam vorgehen, da Fragen des Datenschutzes hier ein hoher Stellenwert beigemessen wird. So wurden die Kalifornier wegen ihres Online-Dienstes "Street View", für den Fotos von Tausenden Straßen aufgenommen wurden, massiv kritisiert.