Der Autozulieferer Continental hat dem vom Aus bedrohten Lkw-Reifenwerk am Stammsitz Hannover eine Schonfrist gegeben: Die Entscheidung über den Standort fällt erst 2010.

Hannover. Die Entscheidung über eine Schließung der Fabrik wurde auf Mitte nächsten Jahres vertagt, wie Conti und Betriebsrat sowie Gewerkschaft gestern in Hannover mitteilten. Von Ende 2009 an ruht die Produktion. Sie könnte 2011 wieder aufgenommen werden, wenn sich der Markt bis dahin erholt hat. Dies gilt jedoch als äußerst fraglich.

Die Zahl der derzeit 780 Beschäftigten wird drastisch reduziert. 200 Mitarbeiter verlieren in diesem Jahr ihre Stelle, weitere 225 im Laufe des kommenden Jahres. Dafür werden Sozialpläne ausgehandelt. 50 Mitarbeiter bekommen Ersatzarbeitsplätze am Standort. 300 Mitarbeiter können hoffen, ihren Job zu behalten, sollten von 2011 an wieder Reifen gefertigt werden. Andernfalls scheiden sie ebenfalls aus. Zudem wird die Kurzarbeit ausgeweitet.

Ursprünglich hatte Conti geplant, die Lkw-Reifenproduktion in Hannover-Stöcken bereits Ende dieses Jahres wegen des dramatischen Markteinbruchs dicht zu machen. Die Pläne hatten Proteste ausgelöst.

"Wir haben Zeit gekauft"

Auch die Arbeitnehmervertreter könnten die Marktlage nicht ignorieren, sagte der stellvertretende Conti-Aufsichtsratschef Werner Bischoff. Mit dem Kompromiss nach harten Verhandlungen sei aber "Zeit gekauft" worden. Conti-Vorstand Hans-Joachim Nikolin sagte, die Einigung ermögliche es dem Konzern, seine Produktion zu optimieren.

Das Ergebnis unter der Vermittlung der niedersächsischen Landesregierung sieht vor, dass Conti bis Jahresende 2010 eine sogenannte Produktionszelle mit einer Kapazität von 500.000 Reifen vorhält. Dafür werden die 300 Beschäftigten benötigt, die von Ende 2009 an in Kurzarbeit gehen - und dabei nicht mehr arbeiten. Bisher hat das Lkw-Reifenwerk Kapazitäten für 1,4 Millionen Reifen, wird aber im laufenden Jahr wegen des Markteinbruchs nur noch 300.000 erreichen. Conti hatte die Herstellung von Nutzfahrzeugreifen auch in anderen Werken gedrosselt.

Die Zukunft des Continental-Konzerns ist derzeit ungewiss. Sowohl Conti als auch Großaktionär Schaeffler sind hoch verschuldet. Die Branchen- und Konjunkturkrise hat die beiden Autozulieferer voll erwischt.

Conti-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann hatte auf der Hauptversammlung des Unternehmens Ende April ein Zukunftskonzept angekündigt. Es soll innerhalb von maximal 100 Tagen vorliegen.