Hafenbahn transportiert erstmals mehr als zwei Millionen Boxen im Jahr. Engpass bilden die Strecken ins Hinterland

Hamburg. Mit nur noch zwei Waggons nähert sich gestern Vormittag die blaue Rangierlok der Eisenbahngesellschaft Elbe-Weser GmbH (evb) dem Ende des Rangiergleises. Nach dem Stopp des Zuges hebt Sylvia Nack einen 20-Fuß-Container mit dem Greifer ihres Portalkrans sanft vom Waggon und stellt ihn kurzzeitig vor den Gleisen des Eurokombi-Terminals im Hafen ab. Die Kiste, extra mit einem Transparent versehen, symbolisiert einen neuen Rekord der Hafenbahn. Sie ist die zweimillionste Transportbox, die in diesem Jahr in Hamburg auf den Gleisen der städtischen Hafenbahn transportiert wird. "Heute ist ein schöner Tag für die Hamburg Port Authority (HPA)", bilanziert Jens Meier, der Chef der HPA. Die Hafenbahn zählt zu den Unternehmen der Hamburger Hafenverwaltung.

Meiers Fazit geht vor allem darauf zurück, dass die Bahn nach 2010 nun zum zweiten Mal das Transportergebnis aus dem Jahr 2008 übertroffen hat, als Schifffahrt und Umschlag noch ungebrochen boomten. Wurden damals 1,89 Millionen Standardcontainer (TEU) und 39,8 Millionen Tonnen abgefertigt, stieg die Zahl der Boxen 2010 auf 1,93 Millionen. Jetzt sollen es noch einmal 6,5 Prozent mehr werden. Auch beim Gesamtergebnis erwartet Harald Kreft, der Chef der Hafenbahn, nach 40,1 Millionen Tonnen für 2010 nun 41,3 Millionen Tonnen für dieses Jahr. Diese Zahlen machen Hamburg zum führenden Eisenbahnhafen in Europa.

Zudem ist die Hafenbahn damit der Entwicklung im gesamten Hafen weit voraus. Denn zu den knapp zehn Millionen TEU, die 2007 und 2008 erreicht wurden, wird es 2011 nicht reichen. So dürften nach Informationen des Abendblatts insgesamt um die neun Millionen TEU verladen werden. Auch die erwartete Gesamtmenge von etwas mehr als 130 Millionen Tonnen liegt noch um rund zehn Millionen Tonnen unter dem bisherigem Höchststand.

Mit dem wieder anziehenden Seetransport wird aber auch der Eisenbahnverkehr weiter zulegen. Davon sind Meier und Kreft überzeugt. Immerhin wird für Hamburg bis zum Jahr 2025 ein Containerumschlag von mehr als 20 Millionen TEU erwartet."Wir wollen mit der Hafenbahn künftig 4,5 Millionen TEU im Jahr transportieren", sagt HPA-Chef Meier zu den Zielen. Für dieses Wachstum sollen jetzt auch im Hafenentwicklungsplan die Weichen gestellt werden.

Weil sich aber die Infrastruktur im Hafen nicht unbegrenzt ausbauen lässt, sucht die HPA bereits nach Möglichkeiten, die vorhandenen Gleise besser zu nutzen. Dazu gehört der Ausbau der IT-Systeme, um die Kommunikation im Hafen weiter zu verbessern sowie der Versuch, die bis zu 700 Meter langen Containerzüge stärker auszulasten. "Derzeit sind im Durchschnitt 60 Container auf einem Zug, der aber bis zu 90 aufnehmen könnte" sagt Meier. "Damit wird Kapazität verschenkt. Das kann auch nicht im Sinne der Eisenbahngesellschaften sein."

Neue Anreize für Eisenbahntransporte bietet seit dem Jahresbeginn das neue Gebührensystem für die Hafenbahn. Dabei können Eisenbahngesellschaften Geld sparen, wenn sie die knappen Verladegleise innerhalb vorgegebener Fristen wieder räumen. "Wer effizient rangiert, zahlt heute nahezu dasselbe wie noch vor drei Jahren", hat Kreft ausgerechnet. Dazu investiert die HPA im kommenden Jahr mehr als 70 Millionen Euro, um etwa die Zufahrt zum Terminal Altenwerder mit einem zweiten Gleis zu versehen. Nachdem zuletzt jährlich rund 40 Millionen Euro für Gleise und Anlagen bereitgestellt wurden, wird damit auch hier ein neuer Rekordwert erreicht.

Den Engpass für den Eisenbahntransport bilden damit derzeit nicht so sehr Häfen wie Hamburg oder Bremerhaven, sondern vielmehr die weiterführenden Strecken von den Terminals zu den Zielen im Land. "Für diesen Ausbau ist der Bund gefragt", sagt Emanuel Schiffer, der Vorsitzende der Gruppengeschäftsführung des Umschlagunternehmens Eurogate. Als besonders wichtig für Hamburg gilt hier vor allem die sogenannte Y-Trasse, über die die Hansestadt und Bremerhaven auf einer weiteren Linie an Hannover angebunden werden sollen. "Eine solche Trasse würde den Personen- und Güterverkehr deutlich entzerren", so evb-Geschäftsführer Ulrich Koch. Das Projekt ist jedoch noch immer in der Planungsphase.

Neue Anstrengungen um auch daran etwas zu ändern, kündigt Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) an. "Ich werde mich beim Bund dafür einsetzen", verspricht der Senator, "dass die Hinterlandverbindungen für den Hafen gestärkt und ausgebaut werden."