Nach 376 Jahren meldet Sietas Insolvenz an. Fast 1000 Jobs in Gefahr. Städtische Millionenbürgschaft wird fällig

Hamburg. Eines der traditionsreichsten Hamburger Unternehmen ist überschuldet. Deutschlands älteste Werft Sietas in Neuenfelde hat beim Amtsgericht Hamburg Insolvenzantrag gestellt. Das Gericht setzte den Hamburger Rechtsanwalt Berthold Brinkmann als vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Er muss die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorbereiten, das voraussichtlich am 1. Februar beginnen wird. Sietas-Chef Rüdiger Fuchs will das Unternehmen weiterhin führen.

Zur Stammbelegschaft der Werft zählen derzeit rund 700 Mitarbeiter. "Es wird zum Abbau einer nicht unerheblichen Zahl von Arbeitsplätzen kommen", sagte Fuchs am Freitag in der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Auch beim Tochterunternehmen Neuenfelder Maschinenfabrik stünden Teile der zurzeit 250 Arbeitsplätze infrage.

Der frühere Airbus-Manager Fuchs hatte die Führung von Sietas 2009 vom Alleineigner Hinrich Sietas übernommen. Fuchs, der erste familienfremde Manager an der Spitze des Unternehmens, richtete die Werft als Anbieter für Spezialschiffe neu aus. Zuvor hatte Sietas vor allem Containerschiffe gebaut. Mit Beginn der Wirtschaftskrise 2008 platzten zahlreiche Aufträge, die 1635 gegründete Werft stand vor dem Aus.

Die Stadt Hamburg sprang Sietas 2009 mit einer Bürgschaft über 34 Millionen Euro zur Seite, der Bund übernahm einen Bürgschaftsrahmen von 26 Millionen Euro. Teile dessen würden jetzt fällig, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), ohne eine genaue Zahl zu nennen: "Wir wollen mithelfen, dass bei Sietas so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten bleiben."

Der vorläufige Insolvenzverwalter Brinkmann muss jetzt mit Geldgebern über einen sogenannten Massekredit zur Sicherung des laufenden Geschäfts verhandeln. Wichtig ist das vor allem, damit die Werft Baumaterial und Zulieferer bezahlen kann. Hauptgeldgeber von Sietas ist die HSH Nordbank. Die Chancen, neues Kapital zu organisieren, stehen schlecht: "Das vom Bund, der Stadt und der Bank mitgetragene und mehrfach nachgebesserte Sanierungskonzept hat zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Ertragssituation des Unternehmens geführt", sagte HSH-Sprecher Rune Hoffmann dem Abendblatt. "Die Versuche, in den vergangenen Monaten Investoren für Sietas zu gewinnen, die bereit gewesen wären, die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, blieben leider ergebnislos. Vor diesem Hintergrund ist der nun eingeleitete Prozess unausweichlich." Besserung am Schiffbaumarkt sei in absehbarer Zeit "nicht zu erkennen".

Die Mitarbeiter erhalten für November bis Januar Insolvenzgeld der Bundesanstalt für Arbeit. Es entspricht der Höhe der Nettogehälter.