Förderpreis für drei Existenzgründerinnen. Angebote für Hörgeschädigte und Alzheimer-Erkrankte sowie zur Energieeinsparung.

Hamburg. Die Ideen waren einfach zu gut. Erstmals in der zehnjährigen Geschichte des Darboven-Idee-Förderpreises für junge Unternehmerinnen hatte die Jury am Ende ein echtes Problem, sich unter den fünf Finalistinnen nur für eine Preisträgerin zu entscheiden. "Alle Gründerinnen sind eindrucksvoll, ihre Präsentationen der Ideen waren brillant", sagte der Vorsitzende der Jury und ehemaliger Hamburger Bürgermeister, Henning Voscherau, gestern bei der Verleihung der Preise im Großen Festsaal des Rathauses. Gesucht wurde unter 132 Vorschlägen aus ganz Deutschland die Existenzgründerin mit der innovativsten und zugleich tragfähigsten Geschäftsidee.

Um die Entscheidungsnot etwas zu mildern, griff der Hamburger Preisstifter und Kaffeeunternehmer Albert Darboven gerne noch mal in seine Tasche und legte zu dem Hauptpreis von 75 000 Euro zwei weitere - deutlich kleinere - Preisgelder von 5000 und 3000 Euro auf den Tisch. Für Darboven ist die Förderung "weiblicher Talente" ein echtes Anliegen: "Die Kreativität von Frauen ist ein wichtiger Motor für die Volkswirtschaft, auf den Deutschland nicht verzichten kann. Frauen sind für Männer eine glückliche Ergänzung und ein Gewinn." Mit dem Preis, den Darboven seit drei Jahren auch in Polen vergibt, sollen "weibliche Unternehmerpersönlichkeiten ermutigt und unterstützt werden", sagte Darboven. Die Preisträgerinnen dieses Jahres - wie auch die Siegerinnen der Vorjahre - findet er schlichtweg "toll".

Siegerin des Idee-Förderpreises ist Michaela Nachtrab aus München, auf Platz zwei folgt Sophie Rosentreter aus Hamburg und auf Platz drei Britta Hilt aus Saarbrücken. Die Geschäftsideen aller drei Frauen zeugen von großem gesellschaftlichen Engagement.

VerbaVoice stellt Gehörlosen Dolmetscher online zur Seite

Michaela Nachtrab, 37, erleichtert Hörgeschädigten mit ihrer Geschäftsidee das Leben. Die studierte Gehörlosenpädagogin und Ökonomin bietet über Internet ein System an, mit dem Gesprochenes von Dolmetschern als Text - wie bei Untertiteln - auf Laptops übertragen werden kann. In der Praxis bedeutet dies: Geht ein gehörloser Student in eine Vorlesung, kann er über das System den Vortrag als Text auf einem Computer synchron mitlesen. Die Nutzer müssen sich bei VerbaVoice anmelden, wann sie den Dienst nutzen wollen. Zu diesem Zeitpunkt steht dann ein Dolmetscher online zur Verfügung, der von zu Hause aus die Gespräche, die per Mikrofon aufgenommen und übertragen werden, live in seinen eigenen Computer spricht, dessen Spracherkennung das Gehörte in Worte überträgt.

"Früher mussten Hörgeschädigte extra einen Übersetzer mit zu Terminen nehmen, was oft sehr aufwendig war", sagt Nachtrab. Mit ihrem System werden Schriftdolmetscher online zugeschaltet, was die Betroffenen in ihrem Alltagsleben flexibler mache. Das Computerprogramm hat ihr Ehemann, Informatiker und Mitarbeiter Robin Nachtrab-Ribback, 43, geschrieben.

Sie beschäftigt in ihrer VerbaVoice GmbH mit Sitz in München bereits zwölf Mitarbeiter, weitere 30 freiberufliche Dolmetscher, darunter viele Körperbehinderte, sind für sie tätig. Schon in Kürze will Nachtrab auch Livezuschaltungen für Gebärdensprachen über Video anbieten. Für den Ausbau der technischen Möglichkeiten will sie einen Teil des Siegerpreisgeldes von 75 000 Euro verwenden.

Nachtrab, die vor sieben Wochen Mutter geworden ist, sieht sich selbst als Unternehmerin aus Leidenschaft. "Ich muss etwas aufbauen. Wenn etwas stagniert, gehe ich ein." Profit sei ihr nicht so wichtig, sondern dass sie gesellschaftliche Probleme lösen kann. Nachtrab leitete zuvor eine Rehabilitation für berufliche Bildung von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. An eine Erziehungspause denkt sie nicht. Für ihre Isabella Luna hat sie sich ein Netz aus Studenten aufgebaut, die ihren kleinen Nachwuchs zu Hause betreuen oder auch manchmal in ihr Büro bringen.

Ilses weite Welt macht Filme für Demenzkranke

Sophie Rosentreter dreht Filme speziell für Demenzkranke. Dies sind Filme, die sich an Alltagssituationen orientieren, schöne Geschichten in der Natur mit Tieren und Kindern erzählen, um Erinnerungen und Gefühle in den Erkrankten zurückzuholen. "Ich will ihnen Lebensqualität zurückbringen." Die Bildsequenzen werden langsam geschnitten, damit die Erkrankten den Handlungen folgen können. Ergänzend gibt es Begleitbücher für Angehörige und Pfleger. Die Hamburgerin betritt damit Neuland und erschließt einen ganz neuen Markt. Der Name ihres Unternehmens trägt den Namen "Ilses weite Welt" - den sie nach dem Vornamen und in Erinnerung an ihre geliebte "Omi Ilse" gewählt hat, die an Alzheimer erkrankte. Rosentreter pflegte ihre Oma neun Jahre mit ihrer Familie und sammelte intensive Erfahrungen mit der Krankheit.

Die 35-Jährige arbeitete zuvor jahrelang als Model, Musikmoderatorin bei MTV und drehte Reportagen, bevor sie sich ganz ihrer neuen Idee widmete. "Als ich meine Oma im Heim besuchte, wollte ich ihr immer etwas hinterlassen, wenn ich nach Hause gehe, damit sie sich berührt fühlt." Viele Alzheimerkranke säßen vor dem Fernseher, könnten aber der Handlung nicht mehr folgen. Rosentreter hat es geschafft, Alzheimerkranke mit ihren Filmen zum Reden, Tanzen oder auch Malen zu bringen. "Das ist wunderschön."

Die Software von IS Predict steigert die Energieeffizienz

Britta Hilt hat sich die Steigerung der Energieeffizienz zur Aufgabe gemacht. Mit ihrem Unternehmen IS Predict GmbH in Saarbrücken entwickelte sie die Idee für ein Softwareverfahren, mit dem energieverschwendende Schwankungen in der Produktion, aber beispielsweise auch in Heizsystemen von Hotels entdeckt, analysiert und schließlich behoben werden können - und erhielt den dritten Preis. "Kostensenkungen von gut zehn Prozent seien dadurch möglich", sagt die 43-Jährige. Die studierte Sprachwissenschaftlerin arbeitete zuvor jahrelang im Produktmanagement des Softwareunternehmens IDS Scheer. "Mir ist es wichtig, mit meiner Idee einen Beitrag gegen die Umweltbelastung, globale Erwärmung - ja für die Welt zu leisten."