Der Commerzbank-Chef sieht nicht Griechenland, sondern Italien als größtes Problem

Hamburg. Die Euro-Zone droht nach Ansicht von Commerzbank-Chef Martin Blessing auseinanderzufallen, wenn die beteiligten Staaten nicht zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik finden. "Wir brauchen mehr und nicht weniger Europa", sagte Blessing am Mittwochabend vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten.

"Eine Währung und 17 Fiskalpolitiken, das funktioniert nicht." Ohne einen Verzicht auf nationale Souveränität werde das nicht gehen. Aber überschuldete Staaten seien auch nicht mehr voll handlungsfähig, sondern von ihren Gläubigern abhängig. Auch werde es keinen gemeinsamen Währungsraum ohne gewisse Transferzahlungen geben können - ähnlich dem deutschen Länderfinanzausgleich.

Gegenwärtig fehle das Vertrauen der Investoren, es gebe einen Käuferstreik für Staatsanleihen. "Wenn wir die Vertrauenskrise nicht lösen, kann sich der Käuferstreik verfestigen, und dann werden wir die schrittweise Auflösung der Währungsunion sehen", sagte Blessing. Dies bedeute eine "teilweise Rückabwicklung der europäischen Integration, die in den vergangenen 50 Jahren erreicht wurde".

Blessing plädierte dafür, das politische Fundament des Euro nachträglich zu schaffen, die Haushalte der beteiligten Länder in Ordnung zu bringen und Liquiditätsprobleme einzelner Staaten zu überbrücken. "Dann lässt sich die Währung retten." Die Zeit sei aber knapp - und die Alternative sei der Zerfall der Euro-Zone: "Es gibt da keinen Kompromiss und keinen Mittelweg."

Das große Problem bei der Euro-Rettung sei allerdings nicht Griechenland oder Portugal, sondern Italien. "Italien können wir als Euro-Gemeinschaft nicht retten", sagte der Commerzbank-Chef. Allein Italien müsse bei einem Schuldenstand von 1900 Milliarden Euro täglich Staatsanleihen von 1,2 Milliarden Euro platzieren, nur um alte Schulden abzulösen - also ohne das Kreditvolumen zu erhöhen.

Doch Italien sei im Prinzip ein reiches Land, so Blessing. Mit einem "vernünftigen System der Besteuerung" könne man dort das Schuldenproblem in den Griff bekommen. Voraussetzung seien aber "massive politische Veränderungen". Das Euro-Problem werde erst dann weitgehend überwunden sein, "wenn private Investoren wieder zu akzeptablen Zinsen italienische Staatsanleihen kaufen".

Blessing schloss aus, dass die Commerzbank wegen der auf dem Brüsseler Krisengipfel erhöhten Eigenkapitalanforderungen den staatlichen Bankenrettungsfonds SoFFin noch einmal anzapfen werde: "Ich gehe da nicht noch mal hin." Die Commerzbank hatte 2008 und 2009 insgesamt 18 Milliarden Euro Kapital vom Staat erhalten, um die Finanzkrise zu überstehen.