Möbel, Elektrogeräte und Immobilien sind gefragt. Vertrauenskrise der Banken und niedrige Zinsen schrecken vom Sparen ab

Hamburg. Hochwertige Qualität, Langlebigkeit, eine Investition für die Zukunft: Mit diesen Ansprüchen kommen viele Kunden zu Elisabeth Mittelsdorf in den Rolf Benz Shop ins Stilwerk Hamburg. Dabei kommen sie nicht, um Schnäppchen zu machen, "eher um sich mal etwas richtig Gutes zu gönnen", sagt die Expertin für Möbel. Seit der Eröffnung des Geschäfts im August verbucht die Firma durchweg gute Umsätze, von der weltweiten Finanzkrise sei nichts zu spüren. Eher würden ihre Kunden gerade aufgrund der Verunsicherung durch die Finanzkrise in hochwertige Einrichtungen investieren. "Eine Kundin erzählte mir letztens, sie würde sich gerade jetzt neu einrichten, weil sie ja nicht wüsste, wie lange ihr Geld auf der Bank noch sicher ist", sagt die Fachhändlerin. "Und sie war nicht die Einzige, die in Verkaufsgesprächen diese Argumentation verfolgt hat."

Kaufen gegen die Krise: Mit dieser Einstellung scheinen viele Deutsche mit der Unsicherheit auf den weltweiten Finanzmärkten umzugehen. Der Einzelhandel profitiert davon. Aus den Ergebnissen der Konsumklimastudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für Oktober 2011 geht hervor, dass die Deutschen momentan nur wenig geneigt sind, ihr Geld auf die hohe Kante zu legen. "Stattdessen tendieren sie dazu, ihr Geld auszugeben. Sei es für ein neues Auto, eine Immobilie oder andere langfristige werthaltige Anschaffungen", sagt Rolf Bürkl von der GfK. "Zudem stimmen die Rahmenbedingungen: Die Leute haben weniger Angst um ihren Job, zum Teil steigen dazu die Löhne." Für viele sei es momentan naheliegender, das Geld auszugeben, als es zu niedrigen Zinsen anzulegen, ist Bürkl überzeugt. Die Diskussion um die Stabilität der Banken habe das Vertrauen der Konsumenten in die Finanzmärkte erschüttert.

Diese Tendenz beobachtet auch Thomas Richter, Verkäufer im Elektrofachhandel Buddenhagen am Winterhuder Marktplatz. "Waschmaschinen, Trockner und Kühlschränke werden im Moment in großem Maße bei uns gekauft", sagt Richter. "Für gute Qualität geben die Kunden schon mal 1000 Euro für ein Gerät aus und nehmen keine günstigen Modelle für die Hälfte." Wichtig sei vielen Kunden, langfristig gut versorgt zu sein und eine hochwertige Qualität zu kaufen. Großen Wert würden sie zudem auf eine hohe Energieeffizienz legen. "Denn die Kunden denken an die Zukunft und wissen, dass die Energiekosten künftig massiv steigen werden."

"Besonders für Fachhändler kann diese Entwicklung positiv sein", sagt Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer der Fachverbände des Hamburger Einzelhandels. "Gerade jetzt schaffen sich die Kunden Gebrauchsgegenstände an, die sie eigentlich nicht notwendigerweise brauchen - sondern eher schon länger haben wollen. Sei es der Aufsitzrasenmäher, das Elektrofahrrad oder die neuen Gardinen: Das Geld, das derzeit noch auf dem vermeintlich unsicheren Bankkonto liegt, würden die Hamburger ausgeben. Auch auf den Immobilienmarkt wirkt sich die Finanzkrise aus. "Viele Menschen sehen in einer Investition in ein Haus oder eine Wohnung einen Rettungsanker, weil ihnen das Geld auf der Bank nicht mehr sicher erscheint", sagt Philip Bonhoeffer, geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers in Hamburg. "Zusätzlich profitieren unsere Kunden von den niedrigen Zinsen für Finanzierungen. Auch das kann eine Kaufentscheidung beschleunigen."

Der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands Hamburg geht jedoch nicht davon aus, dass die starke Kaufbereitschaft der Bürger langfristig auf dem derzeit hohen Niveau bleiben wird. Zwar hält er für 2012 eine Umsatzsteigerung in Hamburg von zwei bis 2,5 Prozent für möglich. "Doch die steigenden Energiepreise, die Kosten für Benzin, für die Mieten in der Hansestadt und den öffentlichen Nahverkehr", sagt Linnekogel, "werden sich künftig auswirken - und die Kaufkraft der Hamburger dann wieder schmälern."