Gewerkschaft sagt bei PK in Hamburg Produktivitätssteigerungen zu. 300 Zeitarbeiter sollen im kommenden Jahr feste Anstellung erhalten.

Hamburg. Bis zur letzten Minute mussten die Geschäftsführer von Airbus Deutschland und die Arbeitnehmervertreter um eine Einigung ringen: Die für gestern um 15 Uhr im Werk auf Finkenwerder angesetzte Pressekonferenz, auf der die Details des neuen Zukunftstarifvertrags vorgestellt werden sollten, verzögerte sich um deutlich mehr als eine Stunde.

Doch nicht nur nach Einschätzung von Daniel Friedrich, Verhandlungsführer der IG Metall Küste, hat sich der Kraftakt gelohnt: Mit dem neuen Vertrag, der unter anderem eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2020 vorsieht, habe man einen "neuen Standard in der Tariflandschaft" gesetzt, der auch bundesweit Beachtung finden werde. Airbus-Deutschland-Chef Günter Butschek sieht in der Einigung ein "positives Signal für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit" der deutschen Standorte des Unternehmens.

Gerade die von Airbus im Gegenzug für die Beschäftigungssicherung geforderten Einsparungen hatten zuletzt für Streit zwischen den Verhandlungsparteien gesorgt. Nach dem jetzt gefundenen Kompromiss soll die Produktivität jedes Jahr um mindestens drei Prozent, möglichst aber um fünf Prozent oder mehr steigen. Nach Darstellung des Betriebsrats und der IG Metall wären die diskutierten Vorgaben des Konzerns auf eine Zunahme um jährlich acht Prozent hinausgelaufen - ein Wert, der für die "Beschäftigten unzumutbar" sei.

Anstatt solche Einsparungen aber starr von oben vorzugeben, soll die Belegschaft nun wesentlich stärker eingebunden werden. Das ist auch aus Sicht von Butschek sinnvoll: "Die Mitarbeiter wissen aus ihrer täglichen Praxis heraus am besten, wo in der Arbeitsorganisation Optimierungspotenziale liegen." Mit dem gestern unterzeichneten "Eckpunktepapier", auf dessen Basis bis Jahresende der eigentliche Zukunftstarifvertrag formuliert werden soll, habe man die Grundlage für eine "neue Kultur der Zusammenarbeit bei Airbus" gelegt, sagte Friedrich. So sollen die Beschäftigten in die Planung der Auslagerung von Arbeiten viel stärker als bisher eingebunden werden.

Butschek ließ keinen Zweifel daran, dass Airbus in Deutschland weiter wachsen will. Im kommenden Jahr werden - wie zuvor angekündigt - 300 Zeitarbeiter, vor allem in Hamburg, das Angebot einer unbefristeten Einstellung erhalten und auch darüber hinaus ist laut Personalchef Joachim Sauer mit weiteren Einstellungen zu rechnen. Es werde dabei um eine "erfreuliche Zahl" gehen, sagte Sauer. In diesem Jahr wird das Unternehmen in Deutschland rund 1000 neue Arbeitsplätze schaffen, davon 800 in Hamburg. Hierbei sei man "auf der Zielgeraden", hieß es.

Abstriche machen mussten Gewerkschaft und Betriebsrat allerdings bei ihren Bemühungen, die Zeitarbeit zu begrenzen: Verlangt hatten sie, dass 85 Prozent aller Tätigkeiten von fest Angestellten ausgeführt werden müssten. Festgelegt wurde nun eine Quote von mindestens 80 Prozent Stamm-Mitarbeitern und höchstens 20 Prozent flexiblen Arbeitskräften (Leiharbeiter und befristet Beschäftigte). Von 2015 an setzt sich der Anteil der flexiblen Kräfte aus 15 Prozent Zeitarbeitern und fünf Prozent befristeten Mitarbeitern zusammen. Diese Quoten gelten allerdings nur für die Serienfertigung. "Neue Flugzeugprojekte verlangen ein erhebliches Maß an Flexibilität, sie sind von dieser Regelung ausgenommen", erklärte Butschek. Auch den vom Betriebsrat geforderten Automatismus, wonach Leiharbeiter nach zwei Jahren in die Stammbelegschaft übernommen werden müssen, wird es nicht geben. Ebenso konnten die Arbeitnehmervertreter eine Anhebung der Ausbildungsquote von fünf auf acht Prozent nicht durchsetzen. Alle jungen Menschen, die ihre Lehre bei Airbus Deutschland erfolgreich durchlaufen, erhalten aber einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Auch wenn der Zukunftstarifvertrag nach dem Willen beider Seiten bis Ende 2020 gelten soll, enthält er für den Fall einer unerwartet schlechten Geschäftsentwicklung eine sogenannte Katastrophenklausel: Airbus kann ihn im Jahr 2016 einseitig kündigen oder Korrekturen verlangen.

Doch an eine solche Möglichkeit will heute niemand denken. "Nach Jahren der Unsicherheit über die Arbeitsplätze wird jetzt ein neues Kapitel bei Airbus aufgeschlagen", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Johann Dahnken. Dass es im Ringen um den neuen Ergänzungstarifvertrag zuletzt hart auf hart kam, habe daran gelegen, dass man "von beiden Seiten sehr ambitioniert an das Thema herangegangen" sei, sagte Butschek. Nachdem die Verhandlungen zwischenzeitlich abgebrochen worden waren, hatten sich Tausende Airbus-Beschäftigte an einem Warnstreik beteiligt. "Der Konflikt war aus unserer Sicht nötig, auch wenn keiner ihn wollte", so Friedrich.