Die Krise der Geldinstitute in Europa spitzt sich zu. Müssen die Geldinstitute in Europa erneut aus Steuermitteln gestützt werden?

Hamburg. Müssen die Geldinstitute in Europa erneut aus Steuermitteln gestützt werden? Vor dem Hintergrund der sich zusehends verschärfenden Bankenkrise hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Bereitschaft zu weiteren Rettungsaktionen bekräftigt. Bei Bedarf werde die Bundesrepublik das Eigenkapital deutscher Banken mit staatlicher Hilfe aufstocken.

Es müsse aber eine klare Abfolge geben, sagte Merkel am Freitag in Berlin mit Blick auf die Situation in Europa. Erst müssten die Banken versuchen, Kapital zu bekommen, dann müssten die EU-Mitgliedstaaten eintreten. Nur wenn es ein Land aus eigener Kraft nicht schaffe, könne der Rettungsfonds EFSF genutzt werden. Nach Schätzungen von Experten benötigen die Geldhäuser in Europa mindestens 100 Milliarden Euro. Die Europäische Bankenaufsicht prüft derzeit die Lage der Institute. Zuletzt war die Sorge gewachsen, dass die Banken in den Schuldenstrudel der Euro-Länder hineingerissen werden, weil sie viele Staatsanleihen besitzen.

Die SPD forderte vor neuen Finanzspritzen einen "allgemeinen Stresstest" für die Institute. "Der Staat darf sich nicht einzelnen Banken ausliefern, die munter spekulieren und darauf vertrauen, der Staat werde sie auf Kosten der Steuerzahler stützen", sagte SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider in Berlin. Ein staatliches Eingreifen gehe "nur mit einer Gegenleistung in Form von Beteiligungen an den Banken".

Erst am Freitag hatten die Rating-Agenturen für weitere Verunsicherung an den Finanzmärkten gesorgt. Die Agentur Fitch setzte am Abend die Kreditwürdigkeit von Italien um eine Note auf A+ und die von Spanien um zwei Noten auf AA- weiter herab. Zuvor schon hatte Moody's die Bonität von zwölf britischen und neun portugiesischen Banken herabgestuft.

Moody's prüft Herabstufung von Belgiens Bonität

"Die Insolvenzgerüchte zu Staaten werden verstärkt geschürt statt zerstreut", sagte Michael Bräuninger vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut. "Das verschärft die Lage der Geldhäuser." Deutsche Banken gelten dagegen als relativ gut aufgestellt. "Es gibt bei den deutschen Banken momentan keinen akuten Kapitalbedarf", sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, im Deutschlandfunk. Bräuninger befürchtet jedoch, dass sich die Lage im Sog einer Staatsinsolvenz schnell ändern könnte. "An einer besseren Kapitalausstattung der Banken führt kein Weg vorbei."

Das weitere Vorgehen in der Bankenkrise ist auch Hauptthema der Unterredung, zu der sich Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntag in Berlin treffen. Im Vorfeld der Zusammenkunft aber ist offenbar ein Streit zwischen beiden Staaten ausgebrochen. Während die Bundesregierung zunächst die Banken und dann die Nationalstaaten in der Pflicht sieht, die Institute mit ausreichend Eigenkapital zu versehen, drängt Frankreich angeblich auf laxe Regeln und will seinen Banken mit Geld aus dem Rettungsschirm helfen. Das französische Finanzministerium verneinte am Abend allerdings Differenzen.

Die Euro-Länder hatten bereits über eine gemeinsame Nutzung des Rettungsfonds zur Stützung der Banken diskutiert. Die Idee sei, dass alle Mitgliedstaaten Hilfen aus dem Rettungsfonds beantragen können, unabhängig davon, ob ein Land das Geld für die Banken braucht oder nicht, sagte ein EU-Diplomat. Dies wäre auch für Frankreich vorteilhaft, da es den Verlust seiner Top-Bewertung der staatlichen Bonität befürchtet, wenn es seine Banken aus dem Haushalt unterstützen muss.

"Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Banken in der gegenwärtigen Situation Kapital am Markt besorgen können", sagte Hans-Peter Burghof, Bankwissenschaftler an der Uni Hohenheim, dem Abendblatt. Somit zeichnet sich ab, dass die Institute mit Steuergeld gerettet werden müssen.