Muttergesellschaft von Blohm + Voss nennt Offerte des Bremer Yachtenbauers Rosinenpickerei und will lieber an Finanzinvestor verkaufen.

Hamburg. Durchgefallen. Das ist das überraschende Urteil des Managements von Blohm + Voss auf den Vorstoß des Bremer Unternehmers Friedrich Lürßen zum Kauf der Hamburger Traditionswerft . "Was uns auf mehr als 20 Seiten vorliegt, ist allein eine Rosinenpickerei", sagte Hans Christoph Atzpodien, der Chef der ThyssenKrupp Werftenholding TKMS, am Freitag im Gespräch mit dem Abendblatt. Für Lürßen liegt der Zusammenschluss der beiden Traditionswerften zu einem neuen deutschen Werftenverbund dagegen auf der Hand. Man wolle zusammen erfolgreich Yachten und Marineschiffe bauen. Für Atzpodien ist Lürßens Offerte dagegen "nicht schlüssig".

Klar ist: ThyssenKrupp will das Angebot zum Kauf der Hamburger Traditionswerft durch die Bremer nicht weiter verhandeln. "Auf der Basis der vorliegenden Daten werden wir nicht reden", sagte Atzpodien. Ein Treffen mit Lürßen, um Details der Offerte des erfolgreichen Bremer Schiffbauers zu besprechen, hält er nicht für notwendig oder sinnvoll. Der Manager setzt stattdessen weiter auf den Verkauf an den britischen Finanzinvestor Star Capital Partners. Allerdings sei die Übernahme an einen neuen Auftrag für eine Großyacht geknüpft. Dieser Auftrag könnte nach Angaben Atzpodiens bereits in den nächsten Wochen unter Dach und Fach gebracht werden. Details nennt der Manager allerdings keine. "Mit dem Auftrag könnte dann eine Richtungsentscheidung des Fonds für einen Kauf verbunden werden", so Atzpodien. Die Chancen für einen Abschluss bezifferte er nicht. Star Capital Partners machte am Freitag trotz Nachfrage keine Angaben zum Konzept für Blohm + Voss. Atzpodien will nicht einmal den Namen des britischen Investors bestätigen.

Der TKMS-Chef geht jedoch davon aus, dass die Briten nicht nur die komplette Belegschaft, sondern auch das Management der Werft übernehmen. Das Hauptinteresse der Briten liege auf der Fertigung von Megayachten. Hinzu komme der vereinbarte Bau von vier Fregatten für die Deutsche Marine. Zudem rechnet Atzpodien noch für dieses Jahr mit einem Nachfolgeauftrag über zwei Fregatten für ein nordafrikanisches Land. Das Volumen solle rund 800 Millionen Euro betragen.

Ob die Briten eine Arbeitsplatzgarantie geben wollen, ließ der TKMS-Chef offen. "Wir haben unseren Mitarbeitern eine langfristige Perspektive versprochen", sagte er lediglich. Von Star Capital Partners gibt es dazu keinen Kommentar. Dagegen wären bei einer Übernahme durch Lürssen nach Atzpodiens Meinung bei Blohm + Voss Jobs in Gefahr. Zahlen nennt er aber nicht, und auch Details zum angeblich von Lürssen geplanten Jobabbau bleibt der TKMS-Chef schuldig. Der Kaufinteressent aus Bremen äußerte sich im Abendblatt anders: "Wir wollen nicht bei Blohm + Voss einsteigen, "um dort Jobs abzubauen", hatte Lürßen noch am Donnerstag gesagt.

Einen Stellenabbau fürchten auch die Betriebsräte der Blohm+Voss-Betriebe in Hamburg. "Wir sind uns sicher, dass sich ThyssenKrupp nicht als Schlachtgehilfe zur Marktbereinigung missbrauchen lässt", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Am kommenden Montag wollen die Arbeitnehmervertreter in Essen auch mit Geschäftsführern und Vorständen in einer Sonderkonferenz über das weitere Vorgehen beraten. In einem Flugblatt, das sie am Freitag verteilen ließen, bezieht sich der Betriebsrat auf Informationen "aus dem Konzern", also von TKMS. Mit Lürßen selbst haben die Arbeitnehmervertreter dagegen offensichtlich noch nicht gesprochen.

Insgesamt sei der ThyssenKrupp-Konzern nicht in einer "Ausverkaufssituation", versicherte Atzpodien. Sollte der Verkauf nicht klappen, stünden allerdings im Yachtbereich bis zu 240 der 675 Stellen zur Disposition. Ob alle dann freigestellten Mitarbeiter innerhalb des Konzern weiter beschäftigt werden könnten, müsste geprüft werden. Mit dem Engagement im Marineschiffbau würde wohl auch die Reparatur weitergeführt. Der Maschinenbau gilt ohnehin als hochproduktiv. Insgesamt schreibt Blohm + Voss laut Atzpodien schwarze Zahlen, der Schiffbau erwirtschafte allerdings Verluste. Der Umsatz liege bei 400 Millionen Euro.

Mit der Lürssen Werft hält Atzpodien - wenn überhaupt - nur eine kleinere Kooperation bei Marineschiffen für möglich. Denn am europäischen Markt für Marineschiffe machen nicht selten große staatliche Anbieter Blohm + Voss und Lürssen zusammen das Leben schwer. Eine Kooperation wäre möglich, um die deutsche Position im Marine-Überwasserschiffbau zu festigen, sagte Atzpodien. Das würde jedoch nur das Unternehmen Blohm + Voss Naval betreffen, in dem derzeit insgesamt 500 Mitarbeiter beschäftigt sind. "Das wäre aber ein vollkommen anderer Ansatz als der, den Herr Lürßen vorgeschlagen hat."

Nachdem sich am Donnerstag Politiker von SPD und CDU in der Hamburger Bürgerschaft positiv zu Lürssens Offerte für Blohm + Voss geäußert hatten, fiel die Stellungnahme von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Freitag auf Nachfrage des Abendblatts eher allgemein aus. "Blohm + Voss ist ein starkes und gutes Unternehmen. Deshalb ist es kein Wunder, dass es mehrere Interessenten gibt", ließ der Bürgermeister schriftlich mitteilen.