Politiker planen für Dienstag ein Sondertreffen. DAX gewinnt drei Prozent. Italienern drohen harte Einschnitte

Frankfurt. Nach einer wiederholten Berg-und-Tal-Fahrt hat der Deutsche Aktienindex (DAX) seine elf Tage andauernde Verlustserie beendet. Alle 30 Werte im DAX schlossen im Plus. Der Leitindex ging 3,28 Prozent höher bei 5797,66 Punkten aus dem Handel, nachdem er seit dem Schlussstand am 26. Juli in der Spitze mehr als 25 Prozent an Wert verloren hatte.

Zunächst war der DAX gestern schon auf 5825 Punkte gestiegen, später aber wegen neuerlicher Sorgen um eine Ausweitung der Schuldenkrise bis auf 5487,82 Punkte abgerutscht. Dabei hatte er seinen tiefsten Stand seit eineinhalb Jahren erreicht. Angetrieben von unerwartet guten US-Konjunkturdaten setzte auch die Wall Street in New York zur Erholung an. Der Dow-Jones-Index lag im frühen Handel zwischenzeitlich mit 2,7 Prozent im Plus oberhalb der Marke von 11 000 Punkten.

Nach Tagen der schlimmsten Börsenstürme seit Jahren ergreift nun Bundeskanzlerin Angela Merkel die Initiative. Die CDU-Politikerin wird am kommenden Dienstag zu einem Sondertreffen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy nach Paris reisen. Nach Angaben aus Frankreich wird es bei dem Treffen um die wirtschaftspolitische Steuerung der Euro-Zone gehen.

Bei dem Treffen der beiden wichtigsten politischen Führungspersonen in Europa sollen "gemeinsame Vorschläge" zur wirtschaftspolitischen Steuerung der Euro-Zone besprochen werden. Ergebnisse sollen noch vor Ende des Sommers vorgestellt werden, wie die Regierung in Paris erklärte. Die weltweiten Börsen haben seit Beginn der extremen Kursschwankungen zu Beginn des Monats im Zusammenhang mit Sorgen um Italien und Spanien etwa vier Billionen Dollar an Wert eingebüßt. Dies entspricht nahezu der Größe der Volkswirtschaften Italiens, Spaniens, Portugals, Irlands und Griechenlands. Gemessen am MSCI All-Country World Index sind in der vergangenen Woche an den Märkten 2,5 Billionen Dollar vernichtet worden, in der laufenden Woche fast 1,6 Billionen Dollar. Allein der US-Index S&P verlor diese Woche 710 Milliarden Dollar, nach 850 Milliarden Dollar in der vorangegangenen Woche. Europäische Aktien, die im MSCI Europe zusammengefasst werden, büßten 500 Milliarden Dollar an Wert ein.

Angesichts der Marktturbulenzen forderte der italienische Finanzminister Guilio Tremonti bereits einschneidende Maßnahmen zur Erreichung eines ausgeglichenen Haushalts. Italien müsse sein Staatsdefizit von derzeit etwa 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den kommenden zwei Jahren auf annähernd ein Prozent senken, sagte Tremonti. Er nannte als Lösungen eine Liberalisierung kommunaler Dienstleistungen, eine Anhebung des Rentenalters für Frauen im Privatsektor, Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst und eine Verschiebung nicht religiöser Feiertage auf Wochenenden. Italien steht wegen steigender Zinsen für die Staatsverschuldung unter Druck.

Unterdessen warnte Thomas Straubhaar, Direktor des Ham-burgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), vor Panikreaktionen unter dem Eindruck der Aktienkursverluste: "Börsenkurse können innerhalb eines Tages mehrere Prozentpunkte schwanken. Die reale Wirtschaft ist viel stabiler. Es darf, kann und soll nicht sein, dass sich Politik an den Börsenkursen orientiert", sagte Straubhaar der Nachrichtenagentur APD.

Trotz teils massiver Wertverluste an den Märkten hält der Wirtschaftsforscher an der HWWI-Wachstumsprognose für Deutschland von mehr als drei Prozent im laufenden und mehr als zwei Prozent im kommenden Jahr fest: "Wir werden nachjustieren, aber nicht massiv korrigieren."