Nur noch 10 Prozent vertrauen dieser Geldanlage. DAX stürzt unter 6000-Punkte-Marke

Hamburg. Der Sturzflug an der Börse beschleunigt sich. Mit dem neunten Tagesverlust in Folge ist der Deutsche Aktienindex (DAX) gestern erstmals seit September 2010 sogar unter die Marke von 6000 Punkten gefallen. Das Börsenbarometer sackte bis Handelsschluss um mehr als fünf Prozent auf 5923 Zähler ab.

Der Ausverkauf der vergangenen Tage reduzierte den Marktwert der 30 DAX-Konzerne um weit mehr als 130 Milliarden Euro. Dies ist der stärkste Kursrutsch seit den Turbulenzen, die die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ausgelöst hatte.

Betroffen davon sind allerdings vor allem ausländische Anleger - sie besitzen inzwischen rund 56 Prozent der im DAX enthaltenen Anteilsscheine. Noch vor zehn Jahren waren die Papiere zu zwei Dritteln in der Hand deutscher Investoren. Besonders die Privatanleger flüchten bereits seit einigen Jahren aus dem Aktienmarkt. Ende 2010 waren nur noch 8,2 Millionen Bundesbürger direkt oder indirekt über Fonds in Aktien investiert. Das entspricht rund zehn Prozent der Bevölkerung. Im Jahr 2001, kurz nach der Phase der Börseneuphorie, hatten noch fast 13 Millionen Deutsche Aktien oder Fondsanteile in ihrem Portfolio. Etwas anders ist die Situation offenbar in Hamburg: Nach Angaben der Haspa besitzen immer noch 18 Prozent ihrer Kunden Aktien in direkter Form.

"Nach wie vor hat die Aktie das Image, eine sehr gefährliche Anlageform zu sein", sagte Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut dem Abendblatt. Er sieht in dem aktuellen Ausverkauf an der Börse ein "völlig irrationales Herdenverhalten". Die Staatsschuldenkrise sei kein Grund, Aktien abzustoßen - eher im Gegenteil. "Leider wird die Aktie aber nicht als Sachwert erkannt", sagte Leven.

Auslöser der gestrigen Kursverluste war die Entscheidung der Rating-Agentur Standard & Poor's vom Freitagabend, den USA die beste Bonitätsnote abzuerkennen. Zahlreiche Anleger hatten daraufhin einen "schwarzen Montag" gefürchtet. Auch an der Wall Street in New York kam es zu einem kräftigen Abschwung. Der Dow-Jones-Index rutschte um 5,5 Prozent auf 10 809,85 Punkte ab, der größte Verlust an einem Tag seit Dezember 2008. Keine Weltbörse konnte sich gestern dem Abwärtstrend entgegenstemmen.

Ein Ende der Talfahrt ist nach Einschätzung von Börsenkennern nicht in Sicht. "Wann der Markt seinen Boden findet, kann man derzeit nicht seriös prognostizieren", sagte Bernd Schimmer, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Haspa. Der Politik auf beiden Seiten des Atlantiks sei es nicht gelungen, für Vertrauen bei den Investoren zu sorgen.

"Eine kurzfristige Aufwärtsbewegung ist eher unwahrscheinlich", meint auch Christian Schulz, Analyst beim Hamburger Privatbankhaus Berenberg. Er geht allerdings davon aus, dass die Finanzkrise trotz der jüngsten Verschärfung unter Kontrolle gehalten werden kann und es auch nicht zu einer Rezession kommt, weder in den USA noch in Deutschland. Unter dieser Voraussetzung könne der DAX bis Jahresende bereits wieder über die Marke von 7000 Punkten klettern.