150 neue Jobs durch Bau von Serviceanlagen für drei Offshore-Windparks. Insel plant Bootstouren für Touristen zu den geplanten Parks.

Helgoland. Deutschlands einzige Hochseeinsel hat in jüngster Vergangenheit einige Rückschläge verkraften müssen. Der Touristenstrom nahm auf gut 300.000 Besucher pro Jahr ab, während es in guten Jahren noch mehr als eine halbe Million waren. Auch die Bevölkerung schrumpft. Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Einwohner von rund 2500 auf 1400 gesunken. Und der Plan von Inselbürgermeister Jörg Singer, Helgoland zu vergrößern, fand keine Zustimmung in der Bevölkerung.

Jetzt will das Eiland von dem Wachstum in einer der dynamischsten Branchen Deutschlands profitieren. Die Stromkonzerne RWE, E.on und der Windparkbetreiber WindMW wollen ihre Betriebsanlagen für ihre drei geplanten Offshore-Windanlagen nahe des Südhafens der Insel errichten. Dazu sollen auf einer Fläche von rund 10 000 Quadratmetern drei Servicegebäude mit Werk und Lagerhallen entstehen. Auch der Hafen soll ausgebaut werden, damit die Zulieferschiffe der Windbranche dort anlegen können. Rund 150 Arbeitsplätze werden geschaffen. "Hinzu kommen noch weitere, zeitlich begrenzte Beschäftigte bei Zulieferern, Bau- und Schifffahrtsfirmen", sagte Martin Skiba, Leiter Offshore-Windkraft bei RWE Innogy. Der Stromriese will mit dem Bau seines rund eine Milliarde Euro teuren Windparks Nordsee Ost bereits Ende des Jahres beginnen. Kurz darauf werden die Anlagen Amrumbank West von E.on sowie das Projekt Meerwind von WindMW gebaut und ebenfalls von Helgoland aus betreut. Insgesamt investiert die Branche somit mehr als drei Milliarden Euro und produziert am Ende Strom für rund eine Million Haushalte. Erstmals ist auch ein Finanzinvestor an dem Bau eines deutschen Windparks beteiligt. Das US-Unternehmen Blackstone hält die Renditen aus dem Offshore-Geschäft für attraktiv und hat sich mit 80 Prozent an WindMW beteiligt.

"Der Ausbau des Helgoländer Hafens ist für uns ein wichtiger Baustein in unserem Offshore-Konzept", sagte Sven Utermöhlen, Geschäftsführer von E.on Climate. Die Wahl auf die Insel fiel nicht, um durch die geringere Entfernung zu den Parks Kosten zu sparen. "Sondern, um Zeit zu sparen", so der Manager. "Der Wartungsaufwand von Windkraftanlagen auf hoher See ist höher als an Land, da die Belastungen durch Wellen und Salzwasser größer sind", sagte Jens Assheuer, Geschäftsführer bei WindMW. Kurze Wege seien wichtig.

Die Hoffnung Helgolands ist, dass künftig weitere Energiekonzerne die Insel entdecken. "Wir haben im Hafen genug Kapazitäten für weitere Offshore-Betreiber", sagte Singer, der nach Inbetriebnahme der Parks auch den Touristen Schiffstouren dorthin anbieten will. Zu sehen wird es einiges geben. Schließlich handelt es sich um gigantische Anlagen mit Rotoren von bis zu 126 Meter Durchmesser, die sich in bis zu hundert Meter Höhe drehen. Bei Singer spielt natürlich auch die Hoffnung mit, dass nicht alle neuen Techniker und Ingenieure nur zeitweise auf die Insel zum Arbeitseinsatz pendeln, sondern sich der ein oder andere auch dort mit seiner Familie niederlässt und somit der Schwund der Bürger gestoppt werden kann.

"Gerade in Zeiten der Energiewende muss die Schaffung von Offshore-Technik zu einem nationalen Projekt werden", forderte Hamburgs ehemaliger SPD-Umweltsenator Jörg Kuhbier, der heute Vorstand der Stiftung Offshore ist. Er will mehr über die neue Faszination von Wind aus Anlagen auf hoher See informieren und organisierte dieses Wochenende auf dem Museumsschiff "Greundiek" auf Helgoland eine Informationsausstellung für die Bevölkerung und die Touristen.

Trotz aller Euphorie über die Technik, die umweltfreundlichen Strom erzeugt, gibt es noch einiges zu verbessern. So bemängeln Kuhbier und die Branchenvertreter, dass der Netzanschluss für die Anlagen im Meer noch nicht richtig funktioniere. Die Bundesnetzagentur müsse die Projekte der Netzbetreiber zügiger genehmigen. Denn sonst könne es vorkommen, dass ein fertiggestellter Windpark monatelang keinen Strom liefern kann - wie beim Projekt "Baltic 1" in der Ostsee vor der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst geschehen -, weil noch kein Netzanschluss eingerichtet war, der die Energie vom Windrad auf hoher See ans Land bringt. "Die Netzagentur muss über ihren Schatten springen", sagte Kuhbier.